Kopftuch-Dossier

Was Überraschendes herausgefunden? Ist der Islam doch anders, als Du denkst? (für Gäste lesbar.)
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rotermangold
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Re: Kopftuch-Dossier

Beitrag von rotermangold »

As-salamu alaikum

habe den Artikel Kopftuchdossier auf der Internetseite von "Emma" geefungen und gelesen, dazu noch ein paar ähnlich geartete über KT-Frauen die Interessanterweise unter dem Stichwort."Islamismus" zu finden sind.

masalame
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mamamia
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Re: Kopftuch-Dossier

Beitrag von mamamia »

rotermangold hat geschrieben:As-salamu alaikum

habe den Artikel Kopftuchdossier auf der Internetseite von "Emma" geefungen und gelesen, dazu noch ein paar ähnlich geartete über KT-Frauen die Interessanterweise unter dem Stichwort."Islamismus" zu finden sind.

masalame
Hattest sie hinter einem anderen Stichwort vermutet? :aetsch: :smifun:
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rotermangold
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Re: Kopftuch-Dossier

Beitrag von rotermangold »

och nö, nich wirklich :D
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malaika

Re: Kopftuch-Dossier

Beitrag von malaika »

Hm ...
Einigen Statements in dem Artikel stimme ich durchaus zu, andere finde ich polemisch oder gar irreführend, wie z.B. die Behauptung, dass das Schwimmen in einem Burkini fast schon lebensgefährlich sei. :?




Kein Kopftuch in der Schule!

Jede Frau, die privat ein Kopftuch tragen will, hat die Freiheit, das zu tun. Und so soll es auch bleiben. Aber: Müssen schon kleine Mädchen Kopftücher oder gar Ganzkörperschleier tragen? Und soll das mitten in Europa sogar in der Schule erlaubt sein?

Es tut der Debatte gut, auf dem Boden der Tatsachen geführt zu werden. Und dank der ersten repräsentativen Studie, die vom Bundesinnenministerium in Auftrag gegeben wurde und für die zirka "6.000 Personen aus 49 muslimisch geprägten Herkunftsländern" befragt wurden, wissen wir seit Sommer 2009 Folgendes:

In Deutschland leben etwa vier Millionen Menschen aus dem muslimischen Kulturkreis, rund die Hälfte von ihnen haben die deutsche Staatsangehörigkeit. Zwei Drittel dieser Menschen mit muslimischen Wurzeln sind türkischer Herkunft, der Rest kommt aus Südosteuropa, dem Nahen Osten oder Nordafrika. Nur ein Drittel dieser vier Millionen Menschen bezeichnet sich selbst als "stark gläubig", der Rest als "eher gläubig" (50 Prozent) bzw. "eher nicht" oder "gar nicht" gläubig (14 Prozent). Es ist also falsch, Menschen muslimischer Herkunft zwangsläufig als "Muslime" zu definieren oder ihnen gar zu unterstellen, sie seien orthodox gläubig.

Auffallend ist: Knapp jeder zweite muslimische Mann geht "manchmal" oder "häufig" in die Moschee – aber nur jede vierte Frau. Da überrascht nicht, dass sieben von zehn Frauen muslimischer Herkunft noch nie ein Kopftuch getragen haben. Und sehr interessant ist, dass selbst von den Musliminnen, die sich als "stark gläubig" bezeichnen, nur jede zweite "manchmal" oder "immer" ein Kopftuch trägt. Was im Gegensatz steht zu der Behauptung islamischer Funktionäre, für die Muslimin sei Religiosität zwangsläufig mit dem Tragen eines Kopftuches verbunden. Übrigens: Die zweite Generation der Migrantinnen verbirgt etwas seltener ihr Haar als die erste.

So also sieht die Lebensrealität der Mädchen und Frauen muslimischer Herkunft aus, gläubig oder nicht gläubig. Gleichzeitig aber herrscht in der Öffentlichkeit der Eindruck: Wer muslimischer Herkunft ist, sei automatisch auch religiös; und wer religiös sei, müsse sich zwingend an gewisse "Gebote" des Koran halten, wie Fastenzeit oder Kopftuch. Dieser Eindruck ist falsch. Denn er basiert nicht auf der Realität der in Deutschland lebenden MigrantInnen und ihrer Kinder und Enkelkinder, sondern auf der Ideologie rühriger Islamverbände.

Diese Islamverbände – von der staatlichen türkischen Ditib bis zu der vom Verfassungsgericht schon lange beobachteten Milli Görüs – stehen jedoch nicht für die Mehrheit der MuslimInnen, sondern für eine Minderheit. Nur die Hälfte der in Deutschland lebenden MuslimInnen hat laut Studie überhaupt schon mal von ein oder auch zwei dieser Verbände gehört, nur knapp jeder fünfte ist in einem organisiert.

Bedenkt man, dass diese Verbände bisher den "Dialog" mit Politik, Kirchen und Medien quasi allein bestimmt haben, wird klar, wie unzureichend, ja irreführend dieser vermeintliche Dialog sein muss. Bisher kaum wahrgenommen und schon gar nicht berücksichtigt wurden die Interessen der 80 Prozent, die in keinem dieser Verbände und häufig auch gar nicht oder nur moderat gläubig sind – und von denen selbst die Hälfte der "sehr gläubigen" Frauen kein Kopftuch trägt.

Das wirft ein ganz neues Licht auf die Integrationsdebatte. Mehr noch: Es ist alarmierend, dass eine solche Minderheit in Bezug auf das "Muslimische Leben in Deutschland" (so der Titel der ministeriellen Studie) bisher den Ton angeben und behaupten konnte, für alle zu sprechen.

Diese Islamverbände, die von moderat bis fundamentalistisch gestimmt sind – und aus Mitgliederbeiträgen, von der Türkei oder gar von Saudi-Arabien finanziert werden – erheben immer wieder den Vorwurf der "mangelnden Toleranz" der deutschen Mehrheitsgesellschaft und der Ignoranz "muslimischer Glaubensfragen" inklusive seiner "religiösen Gebote". Dass diese angeblichen "Gebote" in der Lebensrealität von Menschen mit muslimischem Hintergrund eine so unterschiedliche Rolle spielen können, wie bei Menschen mit christlichem Hintergrund, wird dabei nicht gesagt.

Auch die Menschen aus dem christlichen Kulturkreis sind ja keineswegs alle gläubig und auch ihre Ansichten reichen von liberal bis fundamentalistisch. Auch sie würden es sich verbitten, von Menschen anderer Kulturkreise in erster Linie als "Christen" definiert zu werden. Allerdings fällt auf, dass die Politik in Deutschland auch hier bei Fragen, die den Kirchen wichtig sind, weniger mit den betroffenen Menschen spricht und eher mit den Kirchenvertretern.

Zum Beispiel beim Abtreibungsverbot, das die Kirchen in Deutschland gegen den Mehrheitswillen der Bevölkerung und gegen die Lebensrealität der Frauen immer wieder durchsetzten. So hatte die Politik die 2009 verabschiedete Verschärfung der Abtreibungen ab der 13. Woche zuvörderst mit den Bischöfen verhandelt und nicht mit Frauenberatungsstellen, ProFamilia oder ÄrztInnen.

Oft haben diese christlichen Vertreter durchaus ähnliche Interessen wie die islamischen Verbände: nämlich die Durchsetzung der Vorrangigkeit von Glaubensfragen vor Menschenrechtsfragen, nicht nur in Gottesstaaten, sondern auch in Demokratien. So wie bei den Vertretern Jesu die Abtreibung steht bei den Vertretern Mohammeds das Kopftuch im Fokus.

Das war nicht immer so. Erst seit dem Sieg des iranischen Gottesstaates im Jahr 1979 ist das Kopftuch das Symbol und die Flagge der Islamisten, des politisierten Islam, und hat in den 80er Jahren seinen Kreuzzug bis in das Herz von Europa angetreten. Seither streiten die Islamisten – also die Schriftgläubigen, die sich wortwörtlich auf den Text des im Jahr 632 geschriebenen Korans berufen – in Deutschland für das "Recht" auf das Kopftuch auf allen Ebenen, bis hinein in die Schulen, ja sogar in die Kindergärten. Und nicht selten kommen die Eltern direkt aus dem harten Kern dieser Islamverbände.

Zum Tragen des Kopftuches, das die Mädchen als die "Anderen" sozial ausgrenzt und körperlich einengt, gehört eine ganze Palette von Sonderbehandlungen, die diese Eltern für ihre Kinder in der Schule verlangen. Die Proteste und Prozesse von Eltern werden in der Regel von den Islamverbänden unterstützt, die auch die juristischen Argumente und Strategien für die Eltern ausarbeiten. Immer geht es dabei um die Trennung der Geschlechter oder, so diese in deutschen Schulen verweigert wird, um die Befreiung von der Teilnahme der Mädchen am Schwimmunterricht und Sportunterricht, an den Schulausflügen und am Sexualkundeunterricht.

Das alles sind Fächer, die wir heute für die geistige und körperliche Bildung sowie für die Entwicklung von Gemeinschaftssinn in unseren Schulen für unerlässlich halten. Ganz zu schweigen von dem zentralen Prinzip der Koedukation, das ein Grundstein der Gleichberechtigung ist. Im gemeinsamen Unterricht können Jungen und Mädchen das traditionell Trennende überwinden und erleben, wieviel sie gemeinsam haben; sie sollen sich nicht fremd bleiben, sondern vertraut werden. Die Koedukation ist also unverzichtbar für jede geschlechtergerechte Erziehung.

In der Vergangenheit haben Richter sich immer wieder von einer oft gut gemeinten, jedoch meist naiven Toleranz leiten lassen und durch ihre Urteile zur Sonderbehandlung und so zur Diskriminierung von muslimischen Mädchen beigetragen, indem sie den Eltern-Anträgen auf "Befreiung" vom Unterricht zugestimmt haben. Dies scheint sich gerade zu ändern.

In Nordrhein-Westfalen, wo in Deutschland jeder dritte Mensch muslimischer Herkunft lebt, ergingen jüngst zwei Urteile, die die Hoffnung aufkommen lassen, dass der Offensive der Islamverbände endlich Einhalt geboten wird. So entschied das Oberverwaltungsgericht Münster zweimal im Interesse des Kindes, zuletzt am 30. Juni 2009, wo es das Begehren einer Familie zurückwies, eine Elfjährige vom Schwimmunterricht zu befreien.

Die Schülerin geht seit 2008 auf das Goethe-Gymnasium in Düsseldorf. Bei der Aufnahme unterzeichnete die Mutter eine Erklärung, dass das Mädchen auch am Schwimmunterricht teilnehmen werde – allerdings erst, nachdem Schuldirektorin Glenz der Mutter versichert hatte, das Mädchen dürfe auch im "Burkini" schwimmen (das ist ein Stoffgewand ähnlich den Badeanzügen, die in unserem Kulturkreis im 19. Jahrhundert von Frauen getragen wurden). Trotz dieses Einverständnisses forderten die Eltern der Elfjährigen wenig später die Befreiung ihrer Tochter vom Schwimmunterricht. Das Gericht befand, dies sei ein Verstoß gegen "Treue und Glauben", denn schließlich hatten die Eltern der Minderjährigen zuvor der Koedukation schriftlich zugestimmt.

Dasselbe Gericht – zuständig für NRW, wo die Islamverbände besonders aktiv sind – hatte bereits am 20. Mai 2009 in einem anderen Urteil festgestellt: "Muslimische Mädchen im Grundschulalter haben grundsätzlich keinen Anspruch auf Befreiung vom koedukativen Schwimmunterricht." In dem Fall ging es um eine Neunjährige (!), die die Grundschule in Gelsenkirchen besucht. Deren Eltern sind der Auffassung, dass Mädchen ab dem siebten Lebensjahr zu verhüllen seien, um sie "vor sexuellen Versuchungen zu bewahren". Auch der "Burkini" schien diesen Eltern keine Lösung, da er sich im Wasser voll sauge und ihre Tochter beim Schwimmen behindere, ja eine regelrechte Gefahr für ihr Leben sei. Was richtig ist. Und es ist eigentlich schwer nachvollziehbar, warum deutsche Schulen überhaupt gestatten, dass die armen Mädchen unter diesen Stoffhaufen ins Wasser stolpern.

Immerhin steht das nordrhein-westfälische Schulministerium inzwischen hinter Schulleiterinnen wie Renate Glenz. Es kommentierte die Münsteraner Entscheidung mit den Worten: "Es wäre ein Zeichen falsch verstandener Toleranz, wenn die Teilnahme muslimischer Schülerinnen und Schüler an Schulveranstaltungen in das Belieben islamischer Verbände gestellt würde."

Umso erstaunlicher die "Handreichungen" aus dem Jahr 2008 des NRW-Integrationsministeriums, die die islamischen Gebote als "religiöse Pflicht" für alle Muslime darstellen und Eltern, die ihren Töchtern den Schwimmunterricht untersagen wollen, für besonders "liebevoll" halten. Und ganz ähnlich ist leider der Tenor des im Juni 2009 veröffentlichten "Zwischen-Resümees" der von Innenminister Schäuble einberufenen "Deutschen Islam Konferenz". Zwar saßen darin Muslime und Christen, Gläubige und Nicht-Gläubige, doch stehen die zehn Seiten (von insgesamt 32) "Handreichungen für Schule und Elternhaus" zu "religiös begründeten schulpraktischen Fragen" unverrückbar und schriftgläubig auf dem Boden des Koran.

In diesen vom Innenministerium veröffentlichten "Handreichungen" wird einfach behauptet, die Religionsfreiheit habe Vorrang vor dem staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag, der koedukative Sportunterricht wird als problematisch "aus religiösen Gründen" bezeichnet, und es wird empfohlen, im Konfliktfall "Schülerinnen von der Teilnahme an einzelnen Übungen zu befreien"; zum Beispiel wenn das Kopftuch beim naturwissenschaftlichen Unterricht Feuer fangen könnte (sic!).

Das Zehn-Seiten-Paper wurde u.a. von einem der führenden Experten islamischen Rechts in Deutschland, Prof. Mathias Rohe, verfasst. Rohe, der 1978/79 in Saudi-Arabien "als Koch" gearbeitet hat und seit Mitte der 70er Jahre regelmäßig islamische Länder in aller Welt bereist, hat von 1981–1989 Recht in Tübingen und Damaskus studiert. Er gilt heute in Deutschland vielen als der juristische Experte für die Anwendung bzw. Vereinbarkeit des islamischen Rechts – also der Scharia – mit dem deutschen Recht und gibt sich an etlichen Punkten auch durchaus kritisch.

Derselbe Rohe erklärte noch vor einigen Jahren in der Frankfurter Rundschau kritiklos: "In Deutschland wenden wir jeden Tag die Scharia an. Wenn Jordanier heiraten, dann verheiraten wir sie nach jordanischem Recht. Die Menschen haben in diesen privaten Verhältnissen Entscheidungsfreiheit." Einen Vortrag Rohes von März 2003 resümierte die "Bundeszentrale für politische Bildung" mit den Worten: Dass auch die Scharia "Recht sei und im Wesentlichen dieselben Funktionen erfülle wie die Rechtsordnungen westlicher Gesellschaften. (…) Aus westlicher Sicht bereite das Rechtsverständnis der Scharia keine größeren Probleme."

2006 kritisieren Soziologen scharf eine Moslem-Studie, die Rohe im Auftrag des österreichischen Innenministeriums erstellt hatte, wegen "gröbster methodologischer und technischer Mängel" – im gleichen Jahr beruft das deutsche Innenministerium ihn in die Islam Konferenz. Zwei Jahre später, 2008, gründet Rohe in Erlangen ein "Zentrum für Islam und Recht in Europa".

In dem von Rohe mitredigierten Papier der Islam Konferenz werden in Ratgebermanier auch noch die letzten Spitzfindigkeiten innerhalb der rechtstaatlichen Grenzen für muslimische Eltern ausgetüftelt, die ihren Töchtern eine gleichberechtigte Teilnahme in der Schule verwehren und auch Minderjährigen das Kopftuch diktieren wollen. Hier wird deutlich, wie selbstverständlich der Einfluss der Scharia auf das deutsche Rechtssystem heute schon ist – und dass der Prozess der "Schariasierung" des deutschen Rechtsstaates noch lange nicht am Ende ist. Zum Schaden aller Menschen, insbesondere Frauen muslimischer Herkunft – und zur Beschädigung der demokratischen Schule, in der alle die gleichen Chancen haben sollten.

Darum: Wehret endlich den Anfängen! Das Kopftuch-Verbot für Lehrerinnen an deutschen Schulen hat ein Signal gesetzt. Es musste über Jahre gegen die von Islamverbänden unterstützte oder gar initiierte Welle von Prozessen verteidigt werden. Das scheint gelungen zu sein. Jetzt ist der zweite Schritt fällig: Ein Kopftuch-Verbot für Schülerinnen! Nur dieser konsequente Akt gäbe den kleinen Mädchen aus orthodoxen bis fundamentalistischen Familien endlich die Chance, sich wenigstens innerhalb der Schule frei und gleich bewegen zu können. Ob die Mädchen dann nach der Schule das Kopftuch wieder aufsetzen, das wäre dann ihre Sache – bzw. die der Eltern, solange sie unmündig bzw. abhängig sind.

Frankreich hat mit dem 2004 erlassenen Kopftuchverbot beste Erfahrungen gemacht (siehe Seite 90). Nachdem zahlreiche Islamverbände zunächst Sturm liefen, entführten sogar fundamentalistische Terroristen im Irak vor Einführung des Verbots im Sommer 2004 zwei Journalisten als Geiseln, um das französische Kopftuch-Verbot zu kippen – was alle, inklusive der Muslimverbände, empört hat. Seither hat es sich bewährt. Die kopftuchfreie Schule ist jenseits des Rheins längst Alltag. Die Schülerinnen und Schüler aller Kulturen finden es selbstverständlich, dass das stigmatisierende Stück Stoff nicht mehr zwischen ihnen steht. Und die LehrerInnen sind erleichtert. Sie können unterrichten, statt immer wieder dieselben pseudo-religiösen Debatten führen zu müssen, angezettelt von Kindern islamistischer Eltern. Sie haben endlich klare Verhältnisse.



http://www.emma.de/kein_kopftuch_in_der ... 009_5.html
malaika

Re: Kopftuch-Dossier

Beitrag von malaika »

Mobbing gegen kopftuchfreie Mädchen

So weit ist es inzwischen schon, klagt die Islamwissenschaftlerin Rita Breuer. Für sie ist die "Freiheit zum Kopftuch" längst zur Bedrohung für alle Mädchen geworden, die keines tragen.


Im Frühjahr 2008 begannen die türkischstämmigen, gut integrierten Eltern der 14-jährigen Aylin sich Sorgen zu machen. Das Mädchen hatte sich über Jahre völlig unbeschwert und altersgemäß entwickelt, besuchte eine Hauptschule in Rheinland-Pfalz und hatte zahlreiche türkische wie deutsche Freundinnen. Wie aus dem Nichts traten plötzlich Ängste auf, Appetitlosigkeit, ständige Kopfschmerzen, schließlich wollte Aylin nicht mehr zur Schule gehen. Die besorgten Eltern suchten ärztliche Hilfe und folgten dem Rat, mit dem Mädchen eine Kinder- und Jugendpsychotherapeutin aufzusuchen.

Nach mehreren intensiven Sitzungen mit Aylin bat die Therapeutin die Eltern zu einem Gespräch. Einen wirklichen Reim konnte auch sie sich auf das Störungsbild des sonst so aufgeschlossenen jungen Mädchens nicht machen. Wie nebenbei erwähnte Aylins Mutter dabei, dass die Zahl der Kopftuchträgerinnen an Aylins Schule stetig steige und ihre Tochter sich schon einmal über dumme Bemerkungen beklagt habe, die sie täglich zu hören bekam. Stil:

"Willst Du aussehen wie eine Deutsche?" Oder: "Das Kopftuch ist unsere Ehre – hast Du keine?" Und: "Deinen Eltern ist es wohl egal, wie über Dich geredet wird." Die darauf angesprochene Aylin kämpfte mit den Tränen und sagte schließlich: "Es wird immer schlimmer. Und seit ich neulich im Ramadan mein Schulbrot ausgepackt habe, ist es ganz aus. Die Kopftuch-Mädels mobben mich total." Das also war der Grund für die Schulmüdigkeit der 14-Jährigen.

Aylin ist kein Einzelfall. In Schulen und Ballungszentren mit hohem Anteil konservativ-muslimischer Familien wird aus der "Freiheit" zum Kopftuch schnell der Zwang, es tragen zu müssen; eine Entwicklung, die man in der islamischen Welt allenthalben beobachten kann.

Warum? Was steckt hinter dem Kopftuch bzw. wofür steht das Kopftuch? Die Vielfalt seiner Trägerinnen und VerfechterInnen verbietet eigentlich eine eindimensionale Erklärung, und doch laufen letztlich alle Erläuterungen der Gelehrten auf ein- und dasselbe heraus: Es geht um die Verhüllung der weiblichen Reize und den Erhalt der islamischen Ordnung, die für das Verhältnis von Mann und Frau genau drei Modelle vorsieht: Strenge Distanz, enge Verwandtschaft oder Ehe. Ein natürliches Miteinander der Geschlechter gibt es nicht. Die sexuelle Anziehung zwischen den Geschlechtern gilt – außer bei sehr enger Verwandtschaft – als geradezu unbeherrschbar stark, so dass es der Anstand gebiete, die Geschlechter so weit wie möglich zu trennen und den weiblichen Körper so zu verhüllen, dass seine Reize keinen Schaden anrichten können und sexuelles Fehlverhalten gar nicht erst entstehen kann.

Während im Koran lediglich in sehr allgemeiner Form von der sittsamen Bekleidung der Frau die Rede ist, soll der Religionsstifter Mohammed (um 570 bis 632) eine leicht bekleidete Frau konkret angewiesen haben, in der Öffentlichkeit nur Gesicht und Hände zu zeigen. Das war vor 14 Jahrhunderten.

Bis heute lautet die Mehrheitsmeinung der Gelehrten, dass die Frau ab der Pubertät den ganzen Körper mit Ausnahme des Gesichtes, der Hände und gegebenenfalls der Füße zu verhüllen habe und dies als Pflicht zu betrachten sei, deren Beachtung nicht in ihrem persönlichen Ermessen liegt. Dieser Haltung wird sowohl von Seiten des politischen Islam als auch bei der Erziehung der Mädchen in religiös-islamischen Familien Rechnung getragen. Dass man hierzulande trotz allem immer wieder das Begriffspaar aus Kopftuch & Freiheit in die Debatte wirft – von der "Freiheit zum Kopftuch" bis zur "Freiheit unter dem Kopftuch" – ist schlichtweg zynisch.

In konservativ islamischen Ländern mit entsprechenden Regimen ist die streng islamische Verhüllung der Frauen verbindlich vorgeschrieben, meist auch für die Angehörigen religiöser Minderheiten und für ausländische Besucherinnen. Jedes Zuwiderhandeln, das bereits beim Herauslugen einer kleinen Haarlocke gegeben ist, wird streng geahndet; die Missachtung der Gemeinschaft der Gläubigen gilt der ‚ehrlosen‘ Frau allemal. Mit der stetig anwachsenden Einflussnahme des politischen Islam greift die islamische Bekleidung seit Mitte der 80er Jahre auch in Europa um sich. Der Grad der Verschleierung der Musliminnen gilt als Gradmesser islamischer Rechtschaffenheit.

Auch das Straßenbild muslimischer Großstädte hat sich in den letzten Jahrzehnten dramatisch verändert. In den 1960er und 1970er Jahren war das Kopftuch von Kairo bis Kabul weitgehend verschwunden und westlicher Kleidung bis hin zum Minirock gewichen. Dabei waren die Menschen nicht etwa vom Glauben abgefallen, sondern sahen vielmehr das Kopftuch als Äußerlichkeit an, die im 20. Jahrhundert nicht mehr zeitgemäß und vor allem nicht wesentlich für ein gottgefälliges Leben sei.

Das aber hat sich gründlich geändert. Eine systematische Propaganda, die internationale islamische Einflussnahme und die Entschlossenheit, die Frauen in ihre Schranken zu weisen, haben das Kopftuch wieder zum Inbegriff islamischen Lebens gemacht. Finanzkräftige Sponsoren sind sich nicht zu schade dafür, etwa in Oberägypten Vätern Geld anzubieten, wenn die studierenden Töchter das Kopftuch tragen. Und 30 Dollar im Monat sind ein überzeugendes Argument für eine Familie, die sich wirtschaftlich kaum über Wasser halten kann.

Folgt man der islamistischen Quellenauslegung kann die unverschleierte Frau so gut, verantwortungsbewusst und sozial leben wie sie nur will – sie wird niemals Gottes Wohlgefallen erlangen, da sie durch die Zurschaustellung ihrer Reize zur Unzucht verführt und damit die islamische Ordnung gefährdet.

Im orthodoxen islamistischen Schrifttum, das übrigens zu einem guten Teil von Frauen verantwortet und verbreitet wird, finden sich eindrucksvolle Schilderungen der Höllenstrafen, die diejenigen Frauen erwarten, die durch lockere Bekleidung die Sinne der Männer betören und sie zum Verstoß gegen göttliches Gesetz verführen: Ihre langen Haare sind wahre Fallstricke des Teufels.

Anders, aber mit demselben Grundtenor, lesen sich gemäßigte moderne Äußerungen zum Thema. Darin wird das Kopftuch als Schutz der Frauen vor den begehrlichen Blicken der Männer dargestellt, als Garant ihrer Würde und Gleichberechtigung und als eindeutiges Signal nach außen, dass sie ‚nicht zur Verfügung steht‘. Doch werden Frauen und junge Mädchen auch aus dieser Perspektive reduziert auf das Körperliche und die Eigenschaft der potenziellen Verführerin; andere menschliche Eigenschaften der Frauen können, wenn überhaupt, erst zum Tragen kommen und wahrgenommen werden, wenn die Weiblichkeit verhüllt ist.

Übrigens: auch für den männlichen Teil der muslimischen Bevölkerung ist diese Moralvorstellung nicht gerade ein Kompliment: Sie werden reduziert auf primitiv Reagierende mit einem Reiz-Reaktionsschema, bei dem Verstand und Selbstbeherrschung im Angesicht eines halbwegs als weiblich erkennbaren Wesens aussetzen.

Ein solches Menschenbild darf selbstverständlich in unseren Schulen nicht vermittelt werden. Oder? Im Namen der "persönlichen Freiheit jedes Einzelnen", argumentierte ein Sprecher des NRW-Schulministeriums 2008, müsse jede muslimische Schülerin das Recht auf ihr Kopftuch haben. Dass es gerade mit dieser persönlichen Freiheit der muslimischen Mädchen in vielen Fällen nicht zum Besten steht, sollte eigentlich auch im Düsseldorfer Schulministerium angekommen sein.

In religiös-islamischen Familien werden Mädchen wie selbstverständlich und einseitig auf die Übernahme islamischer Normen und Lebensweise und natürlich auch zum Kopftuch erzogen, nicht aber zur Freiheit eigener Meinungsfindung und persönlicher Lebensgestaltung. Von klein auf lernen sie, Bedürfnisse, die nicht opportun sind, gar nicht erst wahrzunehmen, geschweige denn zu artikulieren und durchzusetzen.

Bis auf wenige Ausnahmefälle haben Mädchen aus konservativ-islamischen Familien überhaupt keine Wahl: Sie müssen das Kopftuch tragen und werden massiv unter Druck gesetzt wenn sie es nicht tun wollen – oder gar bekennen, dazu gezwungen zu sein. Viele geben diesen Druck an ihre muslimischen Mitschülerinnen ohne Kopftuch weiter, sekundiert von ihren Eltern, die es als ihre Pflicht ansehen, alle Muslime zur wahren Glaubensausübung anzuhalten. Dass die meisten muslimischen Mädchen unter diesen Umständen beteuern, das Kopftuch "freiwillig" zu tragen, ist nicht verwunderlich – auf dieser Grundlage politische Entscheidungen zu treffen jedoch fahrlässig.

Parallel zur Islamisierung des äußeren Erscheinungsbildes treten erhebliche weitere Beschränkungen der Bewegungsfreiheit muslimischer Mädchen ein, die vom Kopftuch nicht zu trennen sind. Alterstypische Interessen und Freizeitbeschäftigungen wie Popmusik, das unbeaufsichtigte Treffen Gleichaltriger, Partys, Kino etc. sind für sie tabu. Im schulischen Bereich werden Forderungen nach partieller Befreiung von der Schulpflicht sowie Nicht-Teilnahme an Klassenfahrten immer lauter. In manchen Schulen gibt es inzwischen bereits keine Klassenfahrten mehr – einst integraler Bestandteil deutscher Schulkultur. Bei bis zu 75 Prozent muslimischer SchülerInnen haben Schulleiter und Lehrerkollegien kapituliert; nicht selten werden sie von den vorgesetzten Behörden im Stich gelassen.

Als die mutige Leiterin einer Remscheider Realschule den Antrag auf Schwimmbefreiung für eine 12-Jährige ablehnte, zogen deren Eltern vor Gericht. Im Mai 2008 hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf dann die Klage mit dem Hinweis auf den unteilbaren Bildungsauftrag des Staates abgewiesen (AZ 18 K 301/08). Endlich hat ein Gericht verwirklicht, was selbstverständlich sein sollte: Muslimische Kinder haben dasselbe Recht auf freie Entfaltung und umfassendes Lernen wie nichtmuslimische. Will ihnen das jemand vorenthalten, so muss der Staat für sie eintreten.

Ein staatliches Kopftuchverbot für Schülerinnen wäre ein deutliches Signal, um dem Gleichheitsgrundsatz – eine der größten Errungenschaften der Zivilisation – für alle eine Chance zu geben. Allerdings steht den EinzelkämpferInnen für Freiheit und Gleichheit aller Schülerinnen und Schüler weiterhin eine pro-islamische Lobby gegenüber, die die Realitäten verschleiert. Schülerinnen, wie Aylin, und LehrerInnen, die einer immer stärker werdenden islamischen Interessenvertretung machtlos gegenüberstehen, wird jede Unterstützung verweigert. Stattdessen werden unter dem Deckmantel von Toleranz und Integration Gleichheits- und Freiheitsrechte auch noch ausgehebelt.

Ein trauriges Beispiel dafür ist die "Handreichung" von 2008 des nordrheinwestfälischen Integrationsministeriums, die den Umgang mit Islam und MuslimInnen in den Schulen lösungsorientiert unterstützen soll. Denn leider geht es darin wieder einmal nicht um die Vermittlung und Vertretung hierzulande gültiger unveräußerlicher Werte und Normen für alle SchülerInnen, sondern um die Sonderbehandlung und einseitige Privilegierung der MuslimInnen, deren religiös begründeten Sonderwünschen im Schulalltag so weit wie möglich Rechnung getragen werden soll. So verhindert man Integration und verfestigt Parallelgesellschaften – zum einseitigen Nachteil der muslimischen Mädchen.

Im Kapitel über die Kleidungsvorschriften wird der Eiertanz geradezu grotesk. "Von Unterdrückung keine Spur!", so lautet das grundlegende Credo der Broschüre zum Kopftuch. Dass es auch das erzwungene Kopftuch gibt, wird eingeräumt. Die LehrerInnen hätten in solch einer Situation allerdings besondere Sensibilität aufzuweisen für die Zerrissenheit zwischen zwei Welten und sollten das Gespräch mit den Eltern, gerne auch bei einem Hausbesuch (!) suchen, um die Folgen für die Jugendlichen zu mildern. Dabei werden gerade diese Eltern einem solchen Gespräch wohl kaum aufgeschlossen sein und dem Lehrer oder der Lehrerin eher die kalte Schulter zeigen.

In jedem Fall, so die NRW-Handreichung weiter, sei die religiöse Bekleidung von Musliminnen zu akzeptieren und nicht-muslimischen MitschülerInnen zu vermitteln – mit Ausnahme der Ganzkörperverhüllung (mit Handschuhen, Gesichtsschleiern oder gar Burkas).

Hier und da schlagen inzwischen Grundschulen und sogar Kindergärten Alarm, die in Ermangelung einer rechtlichen Handhabe der Verhüllung und Sexualisierung der kleinen Mädchen hilflos zusehen müssen. Unsere Broschüre aus NRW beruhigt diesbezüglich mit der Feststellung, es handele sich hier von Elternseite keinesfalls um den Versuch das Kind zu unterdrücken, im Gegenteil: Die Verschleierung der kleinen Mädchen sei Ausdruck besonderer Liebe und Fürsorge. Von einer solchen Integrationspolitik hat Aylin also kaum Hilfe zu erwarten.

Die 14-jährige Deutsch-Türkin hat jetzt die Schule gewechselt und ist in dem neuen liberaleren Umfeld sichtlich aufgeblüht. Was für das Mädchen im Moment subjektiv die beste Lösung war, ist objektiv allerdings ein Punktsieg für die 'mobbenden Kopftuch-Mädels' – und eine Schlappe für die freiheitliche Demokratie. Ein generelles Kopftuchverbot in Schulen wäre die bessere Antwort.


http://www.emma.de/mobbing_gegen_kopftu ... 009_5.html
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Re: Kopftuch-Dossier

Beitrag von Musafira »

Ja, also zum Thema zurueck :D
malaika hat geschrieben:
Tirzah hat geschrieben: Keine Feministinnen hier? :lol:
Oh doch. :P

Ich kaufe die EMMA nicht mehr (hatte vor Ewigkeiten mal ein Abo), aber ich werde bei meinem nächsten Bücherei-Besuch mal schauen, ob ich die Ausgabe mit dem Kopftuch-Dossier finde.


Generell bin ich eigentlich gegen ein Kopftuchverbot an Schulen. Ich denke, damit packt man die Probleme, die man angehen möchte, nicht wirklich an der Wurzel, sondern trägt sie auf dem Rücken von Mädchen und Frauen aus, denen man in vielen Fällen damit Unrecht tut. Und obwohl ich persönlich das Kopftuch sehr kritisch sehe, wünsche ich mir doch, dass es einfach zur Normalität wird, nicht ständig von Gruppen jeder Couleur instrumentalisiert und missbraucht wird.
Die Emma habe ich nicht gelesen, da im Ausland lebend und daher keinen Zugang. Zweitens gefaellt mir an Emma nicht, dass da ein klassischer westlicher Feminismus vertreten wird, wo "women of color" grundsaetzlich als Opfer ihrer eigenen Kultur gesehen werden und nicht als Akteurinnen selbst. Sie haben auch kein Recht, zu bestimmen, wo sie hingehen wollen - das bestimmt die westliche Feministin.

Aber zur Frage. Ich finde grundsaetzlich, dass Kopftuecher nichts an der Grundschule zu suchen haben. Ein Kopftuchverbot an Grundschulen faende ich daher durchaus akzeptabel, und man koennte auch bei den entsprechenden Eltern argumentieren, dass selbst nach ihrer konservativen Auslegung das Kopftuch erst ab der Pubertaet "Pflicht" sei.

Schwieriger finde ich es an weiterfuehrenden Schulen. Zum einen sind Kinder mit 14 religionsmuendig, und es mag durchaus Maedchen geben, die freiwillig das Kopftuch trage moechten - dass sie da vielelicht von ihrem Umfeld beeinfluss werden oder sozialer Druck auf sie aufgeuebt werden kann, mag durchaus sein. Vermutlich sind diese aber in der Minderheit und Zwang der Eltern - oder auch nur subtiler Druck - spielt sicherlich eine groessere Rolle. Trotzdem glaube ich, dass man mit einem Kopftuchverbot dieses Problem nicht loest, sondern eher noch mehr Probleme schafft. Viele Muslime glauben ohnehin, dass "der Staat" oder "die westliche Gesellschaft" gegen sie sei. Durch Kopftuchverbote wird dieses Gefuehl, an den Rand gedraengt zu werden staerker und gleichzeitig die Bereitschaft, sich zu integrieren noch geringer. In Frankreich sind auch viele Maedchen wg. des Kopftuchverbotes z.B. nach Algerien zurueckgeschickt worden. Damit nimmt man den Maedchen ja dann das Recht auf eine gute Schulbildung und man tut den Maedchen auch keinen Gefallen.
Ob es einem gefaellt oder nicht, aber ich denke, der Staat muss sich nicht um alle seltsamen Erziehungsvorstellungen kuemmern - nur wenn es ganz schlimm wird und in haeuslicher Gewalt ausartet.
Andererseits sollten Schulen z.B. ganz rigoros auf Schwimm- und Sportunterricht bestehen und keine Befreiungen "aus religioesen" Gruenden bei Kopftuchtraegerinnen akzeptieren. Es gibt ja mittlerweile genug Schwimm- und Sport-outfits, so dass auch Sport mit Kopftuch moeglich ist. Wen manche dann noch argumentieren, der Burkini sei nicht "islamisch" genug, wuerde ICH als Sportlehrerin ganz einfach die Betreffenden in Abaya und Khimar ins Wasser springen lassen (darauf bauend, dass ihnen das bald vergehen wird), aber da gibt's wohl Aerger mit der Schwimmbadverwaltung. 8)
Manche Leute meinen, die Weisheit mit dem Löffel gefressen zu haben, dabei war es nur eine Buchstabensuppe.
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Rajaa
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Re: Kopftuch-Dossier

Beitrag von Rajaa »

Salam,

ich mag weder die Emma noch Alice Schwarzer, dazu bin ich einfach zu feministisch. Vielleicht habe ich auch Vorurteile, weil ich Alice schon vor über 30 Jahren persönlich kennengelernt habe - und ihre Feudalherrinnen-Methoden dazu. Und wenn ich dann sachliche falsche Text-Teile lese wie:
Das alles sind Fächer, die wir heute für die geistige und körperliche Bildung sowie für die Entwicklung von Gemeinschaftssinn in unseren Schulen für unerlässlich halten. Ganz zu schweigen von dem zentralen Prinzip der Koedukation, das ein Grundstein der Gleichberechtigung ist. Im gemeinsamen Unterricht können Jungen und Mädchen das traditionell Trennende überwinden und erleben, wieviel sie gemeinsam haben; sie sollen sich nicht fremd bleiben, sondern vertraut werden. Die Koedukation ist also unverzichtbar für jede geschlechtergerechte Erziehung.
dann schwillt mir der Kamm. Gerade feministische Forscherinnen wissen, dass die Koedukation eines der größten Hindernisse für einen gleichberechtigte Förderung von Mädchen ist. Mädchen aus reinen Mädchenschulen sind zum Beispiel 10mal häufiger in typischen technischen Männerberufen anzutreffen, Mädchen die zusammen Sport machen betreiben intensiver Sport und so weiter.

Wenn also in einem solchen Punkt bewusst eine Unwahrheit benutzt wird, bekommt man schnell den Verdacht, dass die Texte nicht etwa neutral sind, sondern insgesamt eine bestimmte Richtung "erzwingen" wollen - natürlich zum Fortschritt, und was Fortschritt ist, entscheidet die Emma-Redaktion.

Besonders gerne mag ich Sätze wie der zitierte: "So weit ist es inzwischen schon, klagt die Islamwissenschaftlerin Rita Breuer." Denn das ist genau die Wortwahl wie auf den üblichen Islam-Hasser-Seiten. "Soweit ist es also schon gekommen." Kopftücher können dann "Vermummung" sein, und der durchaus knappe Burkini wird im Emma-Text zu einem "Stoffberg" und so weiter.

Auf diese Art wird das Problem auf eine Ebene verschoben, auf der es nichts zu suchen hat. Wir sind gut, fortschrittlich, hier sind die Frauen frei (sie machen zwar den Löwenanteil der gesamtgesellschaftlichen Arbeit und sie verdienen teilweise nur halb so viel wie Männer bei gleicher Arbeit) aber trotzdem :Wir sind die Guten, diese primitiven Untermenschen verhüllen dagegen schon die kleinen Mädchen als Sexualobjekt.

Den betroffenen Mädchen hilft das alles keinen Millimeter weiter. Dass das Tragen einer Kopfbedeckung für Schülerinnen (allerdings keine "Ganzkörperschleier") vom Grundrecht gedeckt ist, habe ich schon vor gefühlten 100 Jahren im Seminar für Bildungsrecht erarbeitet. Die Bekleidung darf den Unterricht nicht behindern, sie darf das Mädchen nicht in der Bewegungsfreiheit behindern, sie darf nicht so auffällig sein, dass sie dazu geeignet ist, den Schulfrieden zu stören. Der Rest fällt unter Religionsfreiheit und ist vom Grundgesetz her ein unveräußerliches Recht.

Die Emma-Autorin schreibt auch von unveräußerlichem Recht, das auch für Muslime gelten soll. Möglicherweise hat sie dabei etwas anderers vor Augen - hier aber müsste zu allererst das Grundgesetz erfüllt werden, und nicht eine bildungsrechtliche Idee.

Dass bei einer Akzeptanz von weiblichen Kopfbedeckungen Frauen viele Frauen eher in bessere Ausbildung und Berufe kommen können, liegt auf der Hand. Warum soll eine Frau mit Kopftuch immer die Putzfrau und nie die Wissenschaftlerin sein?

Wassalam,
Rajaa
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Re: Kopftuch-Dossier

Beitrag von Mechthild »

Warum soll eine Frau mit Kopftuch immer die Putzfrau und nie die Wissenschaftlerin sein?

Zunächst sind das erstmal uralte Dresscodes, die immer noch in den Köpfen herumspuken.
Das Kopftuch war halt immer das Kleidungsstück der unterpriviligierten, körperlich arbeitenden Frau, im Gegensatz zur Dame mit Hut. Bis in die siebziger Jahre hinein war es völlig unpolitisch und signalisierte höchstens "ostelbischer bzw. anatolischer Bauerntrampel". Nachdem allerdings Khomeini & Co. der weiblichen Kopfbedeckung eine Art islamischen Altar errichtet haben, klebt deren Ideologie an dem an sich harmlosen Kopftuch und wird kurzfristig auch nicht zu entfernen sein.
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Re: Kopftuch-Dossier

Beitrag von Mechthild »

mamamia hat geschrieben:Wir mißverstehen einander - ich finde, es macht keinen Unterschied, ob die kleinen Buben in Anzug oder Kutte (von mir aus Albe, ich hatte den Eindruck, eine Albe sei was Festlicheres als eine Kutte - und beim Ausdruck Kutte habe ich echt braunes Sackleinen mit einer Schnur als Gürtel vor Augen) "gezwängt" werden (und bei den Mädels ist es mir wurst, ob weißes Kleidchen oder Albe). Es ist in jedem Fall ein Kleiderzwang (den man meiner Meinung nach zu so seltenen Ereignissen auch ausüben darf *gg*).
Tja, wenn du witzig bist, komme ich manchmal nicht ganz mit. ;)
Ich klugscheißer dann noch mal ein bischen: :schlaumeier: :mrgreen:
Eine Albe ist, wie der Name schon sagt, immer weiß und für den dazugehörigen Strick gibt es auch eine feineres Wort "Zingulum".
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Re: Kopftuch-Dossier

Beitrag von Dilara »

Ich weiß langsam nicht mehr wen ich schlimmer finde: Die Gruppe die unbedingt anderen das KT aufdrücken möchte oder die Gruppe die es allen Frauen herunterreißen möchte... :roll: (sorry, trägt zur Diskussion nichts bei, wollte ich nur mal sagen)

@Mechthild: Eine Freundin von mir war mal mit Albe in der Moschee, ich fand das sah total schön aus. Als sie danach ganz cool einer anderen Freundin erklärte was das genau ist hat die auch nur gelacht und gemeint daß es eh nur einen Gott gibt (in dem Sinne daß Christen und Moslems nicht so unterschiedlich sind) - fand ich sehr schön! :clapp:
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that there are no rules for worship.
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Re: Kopftuch-Dossier

Beitrag von Tirzah »

Hallo, guten Morgen

Ui, hier kommen ja reihenweise tolle Beiträge :clapp: :lol:

Erst mal zu dem, was Musafira gesagt hat ("Zweitens gefaellt mir an Emma nicht, dass da ein klassischer westlicher Feminismus vertreten wird, wo "women of color" grundsaetzlich als Opfer ihrer eigenen Kultur gesehen werden und nicht als Akteurinnen selbst. Sie haben auch kein Recht, zu bestimmen, wo sie hingehen wollen - das bestimmt die westliche Feministin.):

Dem stimme ich voll und ganz zu. Das ist seit den 60er Jahren ein leidiges Problem. Westliche Feministinnen meinen allein das feministische Zepter schwingen zu dürfen, getreu dem göringschen Motto "Wer Feministin ist, bestimmen wir" (Ich spiele auf die von Hermann Göring verkündeten deutschen Rassegesetze von 1935 an. Hermann Görings Argument: "Wer Jude ist, bestimme ich!")
Rajaa hat geschrieben:Salam,

ich mag weder die Emma noch Alice Schwarzer, dazu bin ich einfach zu feministisch. Vielleicht habe ich auch Vorurteile, weil ich Alice schon vor über 30 Jahren persönlich kennengelernt habe - und ihre Feudalherrinnen-Methoden dazu.
Oh ja. Ich weiß, was Du meinst. Gut nachzulesen ist das hier:

http://www.amazon.de/Alice-Schwarzer-Ei ... 889&sr=1-1

Ich persönlich kann diese Frau auch nicht ab. Ich sehe sie sehr kritisch. Ich erkenne schon ihre Verdienste für die deutsche Frauenbewegung, aber mir ist diese Dame einfach zu radikal, zu einseitig, sie argumentiert viel zu polemisch. Ich habe sie neulich bei einem Ratequiz bei Günther Jauch gesehen. Da wollte sie überdies unbedingt einen auf witzig und humorvoll machen, dabei kam just das nur peinlich rüber. Ich verstehe nicht, wieso man diese Frau mit Ehren und Orden überhäuft. Bascha Mika nennt sie in ihrem Buch ja einen "Feldwebel im Rock"; als sie Lisa Ortgies abserviert hat, nannte Frau Mika ihre Methoden "frauenverachtend, bösartig und gemein". Ich denke, das kann man so stehen lassen.

mfg
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Re: Kopftuch-Dossier

Beitrag von Sarah »

Gerade feministische Forscherinnen wissen, dass die Koedukation eines der größten Hindernisse für einen gleichberechtigte Förderung von Mädchen ist. Mädchen aus reinen Mädchenschulen sind zum Beispiel 10mal häufiger in typischen technischen Männerberufen anzutreffen, Mädchen die zusammen Sport machen betreiben intensiver Sport und so weiter.
Stimmt, und das wird Dir auch jede katholische Mädchen(Kloster) Schule sicher bestätigen. Ein Kopftuchverbot für Schülerinnen ist überflüssig, genauso überflüssig wie das Kopftuch für Mädchen, die noch nicht in der Pubertät sind.
Das Thema wird hochgespielt, mir sind bis heute kaum Mädchen im Grundschulalter mit Kopftuch begegnet, aber vielleicht lebe ich auch hinterm Mond.
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Re: Kopftuch-Dossier

Beitrag von Tirzah »

Mechthild hat geschrieben:
Warum soll eine Frau mit Kopftuch immer die Putzfrau und nie die Wissenschaftlerin sein?

Zunächst sind das erstmal uralte Dresscodes, die immer noch in den Köpfen herumspuken.
Das Kopftuch war halt immer das Kleidungsstück der unterpriviligierten, körperlich arbeitenden Frau, im Gegensatz zur Dame mit Hut. Bis in die siebziger Jahre hinein war es völlig unpolitisch und signalisierte höchstens "ostelbischer bzw. anatolischer Bauerntrampel". Nachdem allerdings Khomeini & Co. der weiblichen Kopfbedeckung eine Art islamischen Altar errichtet haben, klebt deren Ideologie an dem an sich harmlosen Kopftuch und wird kurzfristig auch nicht zu entfernen sein.
Schaut euch doch mal Filmausschnitte von Dokumentationen aus der Zeit bis 1960 (ungefähr) an. Überall tragen Frauen Kopftuch. Selbst in "besseren Kreisen" war es nicht unüblich, wenn Frau sich damit draußen vor Wind und Regen schützte. Oder erinnert euch an das Kopftuch der Cabrio(bei-)fahrerinnen. Sieht man in jedem 2. Hollywoodfilm. Auch meine Oma trug ab und zu bei der Gartenarbeit ein kleines Kopftuch.

Tirzah
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Re: Kopftuch-Dossier

Beitrag von Tirzah »

Rajaa hat geschrieben:Salam,

ich mag weder die Emma noch Alice Schwarzer, dazu bin ich einfach zu feministisch. Vielleicht habe ich auch Vorurteile, weil ich Alice schon vor über 30 Jahren persönlich kennengelernt habe - und ihre Feudalherrinnen-Methoden dazu.
Mist, hab ich ganz vergessen zu fragen: Wenn es nicht zu persönlich ist: Wie hast Du Frau Schwarzer denn kennen gelernt und was hast Du da in etwa erlebt mit ihr? (Krass, dass diese Frau damals schon so drauf war und sich kein bisschen geändert hat)

Also mich gruselt es immer ein wenig, wenn ich diese Frau z.B. in einer Talkshow sehe. Mittlerweile schaue ich mir die Sendung genau deswegen auch erst gar nicht mehr an. Wenn ich ihren Namen lese, kann ich mir das nicht zumuten. Diese Frau hat ja noch nicht mal Manieren. Dauernd unterbricht sie ihre Diskussionspartner, redet dazwischen, sie tritt immer so übertrieben resolut und herrisch auf. Das wirkt so unfreundlich, so verbissen. Mir krampft sich dabei immer der Magen zusammen, wenn ich diese unangenehme Frau im TV erlebe. Ich habe auch 3 ihrer Bücher gelesen. Da ist es kaum anders. Ich werde das Gefühl nicht los, diese Frau benötigt ihre Feindbilder wie die Luft zum atmen. Ohne sie würde ihre gesamte Identität einfach zusammenbrechen. Ich empfinde sie als zutiefst unsympathische Person.

mfg
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Re: Kopftuch-Dossier

Beitrag von malaika »

Ich stimme Musafira völlig zu!


Und das hat mich auch gestört:
Rajaa hat geschrieben: dann schwillt mir der Kamm. Gerade feministische Forscherinnen wissen, dass die Koedukation eines der größten Hindernisse für einen gleichberechtigte Förderung von Mädchen ist. Mädchen aus reinen Mädchenschulen sind zum Beispiel 10mal häufiger in typischen technischen Männerberufen anzutreffen, Mädchen die zusammen Sport machen betreiben intensiver Sport und so weiter.

Wenn also in einem solchen Punkt bewusst eine Unwahrheit benutzt wird, bekommt man schnell den Verdacht, dass die Texte nicht etwa neutral sind, sondern insgesamt eine bestimmte Richtung "erzwingen" wollen - natürlich zum Fortschritt, und was Fortschritt ist, entscheidet die Emma-Redaktion.
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