Die Beziehung zwischen geborenen und konvertierten Muslimen

Wie leben Muslime in Deutschland, Österreich, der Schweiz usw.? (für Gäste lesbar)
Benutzeravatar
nouar
Urgestein
Urgestein
Beiträge: 4243
Registriert: Sa 19. Jun 2010, 16:35
Wohnort: Spanien
Kontaktdaten:

Re: Die Beziehung zwischen geborenen und konvertierten Muslimen

Beitrag von nouar »

Ich finde diese ganz oder gar nicht Einstellung zwar nicht toll, aber irgendwie verständlich. Bei gebürtigen Moslems ist es ja oft so, dass sie den Glauben, wenn sie jung sind, nicht so streng sehen. Ich hatte früher eine türkische Kollegin in der Arbeit, die ihren Glauben auch nicht praktizierte, und so ist das bei vielen. Wenn ein Moslem Alkohol trinkt, im Ramadan isst, nicht betet usw. ist das mit großer Wahrscheinlichkeit kein Konvertit. Mit dem Alter wenden sich viele dann der Religion zu. Übrigens ist das nicht nur bei Moslems so: schaut mal in jede x-beliebige Kirche. Leute mittleren Alters sind ganz klar in der Minderheit.
Anders ist es, wenn man eine Religion bewusst annimmt. Dann will man alles möglichst richtig machen (weshalb es mir auch Kopfzerbrechen bereitet, dass ich vieles nicht so machen kann, wie ich gerne würde).
Wenn jemand als Erwachsener zum Christentum konvertiert, ist das auch nicht anders. Er wird ziemlich sicher jeden Sonntag zur Kirche gehen, beichten, usw., was die Mehrheit der gebürtigen Christen nicht tut. Wer keinen Bock auf Kirche hat, lässt sich im Normalfall doch nicht als Erwachsener taufen, oder?
Wa Alaykum Assalam أمل
Irene

Re: Die Beziehung zwischen geborenen und konvertierten Muslimen

Beitrag von Irene »

As salamu aleikum, liebe nouar!

Meine Meinung als konvertierte Muslima ist allerdings schon, dass man nach bestem Wissen die 5 Säulen des Islams einhalten sollte, das alles oder nichts System mag auch nicht das Wahre sein, aber.......ich nehme nur das was ich brauchen kann von der Religion kann es für MICH vom Verständnis her nicht sein. Es gibt nunmal fard und es gibt so viele Möglichkeiten und Erleichterungen, aber ich finde schon man sollte den Glauben praktizieren und leben, wenn ich mich denn schon dafür entschieden habe. und fard Dinge sind nicht zu disskutieren, weil die Basis des Glaubens und es gibt keine Unterschiede in den Rechtsschulen.
Benutzeravatar
nouar
Urgestein
Urgestein
Beiträge: 4243
Registriert: Sa 19. Jun 2010, 16:35
Wohnort: Spanien
Kontaktdaten:

Re: Die Beziehung zwischen geborenen und konvertierten Muslimen

Beitrag von nouar »

Hallo Irene :)
Ich bin im Grunde genommen mit dir einverstanden, aber "wollen" ist leider nicht immer gleich "können". Ich sehe, du wohnst in Kairo. Da wird dich wohl kaum jemand vom beten abhalten, eher das Gegenteil. Da hörst du sogar den Gebetsruf und musst nicht mal auf die Uhr schauen. Und es wird dich keiner schief anschauen oder dir kündigen, wenn du betest.
Wenn man nur von nicht islamischen oder sogar islamfeindlich eingestellten Menschen umgeben und auf seinen Job angewiesen ist, sieht die Sache leider etwas anders aus.
Wa Alaykum Assalam أمل
malaika

Re: Die Beziehung zwischen geborenen und konvertierten Muslimen

Beitrag von malaika »

Irene hat geschrieben:ich finde schon man sollte den Glauben praktizieren und leben, wenn ich mich denn schon dafür entschieden habe. und fard Dinge sind nicht zu disskutieren, weil die Basis des Glaubens und es gibt keine Unterschiede in den Rechtsschulen.
Ich finde schon, dass auch Dinge, die als fard gelten, diskutierbar sind. Aber ich bin eh ein Freidenker und Revoluzzer. :tuedeltue:
Benutzeravatar
Asandra
Strebt nach mehr
Strebt nach mehr
Beiträge: 422
Registriert: Do 10. Dez 2009, 20:26

Re: Die Beziehung zwischen geborenen und konvertierten Muslimen

Beitrag von Asandra »

malaika hat geschrieben:
Irene hat geschrieben:ich finde schon man sollte den Glauben praktizieren und leben, wenn ich mich denn schon dafür entschieden habe. und fard Dinge sind nicht zu disskutieren, weil die Basis des Glaubens und es gibt keine Unterschiede in den Rechtsschulen.
Ich finde schon, dass auch Dinge, die als fard gelten, diskutierbar sind. Aber ich bin eh ein Freidenker und Revoluzzer. :tuedeltue:
Die Dinge mögen ja diskutierbar sein, fragt sich nur wo und mit wem, wenn nicht hier...
:gruebel:
Ich habe mich entschieden, und ich praktiziere und lebe den Glauben, so gut es möglich ist. Nicht hineingeboren, finde ich mich allmählich hinein. Über allem, was ich neu in mein "Lernprogramm" aufnehme, steht die Gewissheit, dass Allah es gut mit mir meint und er mir keine unnötige Last auflegen will mit den Pflichten. Und - wenn ich das richtig im Kopf habe - steht im Koran, daß, wenn ich sündige, das eine Sünde gegen mich selbst ist, ich mir also selbst schade (andersherum: folge ich der Pflicht, tut es mir selbst gut).

Diese Erfahrung kann ich aber nur machen, wenn ich von außen die Freiheit zum Ausprobieren, Üben, zur Entwicklung, zum Wachstum bekomme - ein Apfelbaum ist auch schon dann ein Apfelbaum, wenn er als Keimling nur zwei Blätter hat. Es dauert eben, bis was dranhängt zum Ernten. Als "Neue" bleibt mir nur das Zurückziehen oder Abwehren als reiner Selbstschutz, wenn die Ansprüche zu hoch/viel werden :schlaumeier: Das Wichtigste ist der Glaube - und den lasse ich mir nicht von (aufgestülpten) Formen ersticken, auch wenn sie noch so richtig sein mögen!

23,118:
Sprich: "Mein Herr, vergib, und erbarme dich! Du bist doch der beste Erbarmer!"
Benutzeravatar
Beate
Administratorin
Administratorin
Beiträge: 11265
Registriert: Fr 18. Jun 2004, 14:59

Re: Die Beziehung zwischen geborenen und konvertierten Muslimen

Beitrag von Beate »

Irene hat geschrieben:As salamu aleikum, liebe nouar!

Meine Meinung als konvertierte Muslima ist allerdings schon, dass man nach bestem Wissen die 5 Säulen des Islams einhalten sollte, das alles oder nichts System mag auch nicht das Wahre sein, aber.......ich nehme nur das was ich brauchen kann von der Religion kann es für MICH vom Verständnis her nicht sein. Es gibt nunmal fard und es gibt so viele Möglichkeiten und Erleichterungen, aber ich finde schon man sollte den Glauben praktizieren und leben, wenn ich mich denn schon dafür entschieden habe. und fard Dinge sind nicht zu disskutieren, weil die Basis des Glaubens und es gibt keine Unterschiede in den Rechtsschulen.
Markierung von mir.
Eben! Du sprichst von deinem Verständnis. Ich sehe das z.B. anders. Alles muss permanent hinterfragt und kritisch beäugt werden, denn die Welt verändert sich ja auch dauernd.
Sure 18
[103] Sprich: "Sollen Wir euch die nennen, die bezüglich ihrer Werke die größten Verlierer sind?
[104] "Das sind die, deren Eifer im irdischen Leben in die Irre ging, während sie meinen, sie täten gar etwas Gutes."
malaika

Re: Die Beziehung zwischen geborenen und konvertierten Muslimen

Beitrag von malaika »

Beate hat geschrieben:Alles muss permanent hinterfragt und kritisch beäugt werden
Finde ich auch. Die Erkenntnisse und Regeln der vier Rechtsschulen sind ja keine unabänderlichen und für alle Zeiten geltenden Wahrheiten ... zumindestens für mich nicht.
Irene

Re: Die Beziehung zwischen geborenen und konvertierten Muslimen

Beitrag von Irene »

nouar hat geschrieben:Hallo Irene :)
Ich bin im Grunde genommen mit dir einverstanden, aber "wollen" ist leider nicht immer gleich "können". Ich sehe, du wohnst in Kairo. Da wird dich wohl kaum jemand vom beten abhalten, eher das Gegenteil. Da hörst du sogar den Gebetsruf und musst nicht mal auf die Uhr schauen. Und es wird dich keiner schief anschauen oder dir kündigen, wenn du betest.
Wenn man nur von nicht islamischen oder sogar islamfeindlich eingestellten Menschen umgeben und auf seinen Job angewiesen ist, sieht die Sache leider etwas anders aus.
Liebe nouar!

Ich weiss was du meinst, ich lebe ja auch erst seit einem Jahr hier, in Österreich habe ich ja auch andere Erfahrungen gemacht. Ich musste erleben, dass obwohl ich den Konsens mit dem Arbeitgeber gesucht habe, es nicht mal toleriert wurde, dass ich irgendeinen Schritt in Richtung Islam gehen durfte, weder kleines Piratenkopftuch noch konnte ich beten. Nicht mal in den Pausen, weil Islam einfach nicht erwünscht war.
Ich für meinen Teil habe Islam dann für wichtiger empfunden und habe die Konsequenzen gezogen. Das ist mein Prinzip, ich hätte so nicht weitergekonnt......

Das ich nach Ä gegangen bin , hatte eben auch mit dieser Islamfeindlichkeit zu tun, und ich bestehe darauf meinen Glauben durch Hijab zu zeigen, weil ich es für Pflicht halte.
Das war meine persönliche Entscheidung, und ich weiss echt wie schwer es ist und wovon du sprichst. Du musst den Weg selber finden, wie du leben kannst und willst. Europa kommt dir da auf jeden Fall nicht entgegen.
Irene

Re: Die Beziehung zwischen geborenen und konvertierten Muslimen

Beitrag von Irene »

@Asandra: Finde ich gut was du sagst und wie du es siehst :top:
Irene

Re: Die Beziehung zwischen geborenen und konvertierten Muslimen

Beitrag von Irene »

@Beate: Klar verändert sich die Welt ständig, aber Islam gibt da genug Spielraum, und auch die Sunna des Propheten ssw. gibt uns ja da auch soooo viele Erleichterungen, der Prophet hat ja eben genau aus diesen Gründe so viele flexible Aussagen gemacht zu den gleichen Themen um uns zu zeigen, dass es nicht nur einen Weg gibt, sondern Islam kann an und muss an jede Situation angepasst werden können, ABER Islam darf nicht in jeder Generation neu erfunden werden, Basic ist der Quran und die 5 Säulen des Islam, das ist unabänderbar. Islam ist keiner Modeströmung unterworfen.
Benutzeravatar
Beate
Administratorin
Administratorin
Beiträge: 11265
Registriert: Fr 18. Jun 2004, 14:59

Re: Die Beziehung zwischen geborenen und konvertierten Muslimen

Beitrag von Beate »

das Punkt ist halt, dass jeder eine andere Vorstellung von den sogenannten Basics hat.
Sure 18
[103] Sprich: "Sollen Wir euch die nennen, die bezüglich ihrer Werke die größten Verlierer sind?
[104] "Das sind die, deren Eifer im irdischen Leben in die Irre ging, während sie meinen, sie täten gar etwas Gutes."
malaika

Re: Die Beziehung zwischen geborenen und konvertierten Muslimen

Beitrag von malaika »

Irene hat geschrieben:Basic ist der Quran und die 5 Säulen des Islam, das ist unabänderbar.
Mh, dem kann ich persönlich nicht zustimmen. Die fünf Säulen sind doch eher eine menschliche Theorie. Das fängt schon bei der Shahada an. Und ich könnte mir auch vorstellen, dass die Hajj in der Form, wie wir sie kennen, nicht für jeden und alle Zeiten Pflicht ist.
Benutzeravatar
Beate
Administratorin
Administratorin
Beiträge: 11265
Registriert: Fr 18. Jun 2004, 14:59

Re: Die Beziehung zwischen geborenen und konvertierten Muslimen

Beitrag von Beate »

Irene hat ganz ausdrücklich von Praktizieren und von fard gesprochen.
Also, da wird's für mich kritisch. Wenn ich das nicht mehr hinterfragen darf......
Sure 18
[103] Sprich: "Sollen Wir euch die nennen, die bezüglich ihrer Werke die größten Verlierer sind?
[104] "Das sind die, deren Eifer im irdischen Leben in die Irre ging, während sie meinen, sie täten gar etwas Gutes."
Irene

Re: Die Beziehung zwischen geborenen und konvertierten Muslimen

Beitrag von Irene »

Beate hat geschrieben:Irene hat ganz ausdrücklich von Praktizieren und von fard gesprochen.
Also, da wird's für mich kritisch. Wenn ich das nicht mehr hinterfragen darf......
bin da Beate...kannst ruhig "persönlich" mit mir sprechen :)

Du kannst ja alles hinterfragen was du willst , jeder kann alles machen was er will, praktizieren wie er will, ich kann doch keinem Vorschriften machen, wer bin ich denn?????

Aber ich darf so denken wie ich denke, und es liegt mir fern andere zu be-oder gar verurteilen, denn Allah swt. weiss es besser!!
Benutzeravatar
nouar
Urgestein
Urgestein
Beiträge: 4243
Registriert: Sa 19. Jun 2010, 16:35
Wohnort: Spanien
Kontaktdaten:

Re: Die Beziehung zwischen geborenen und konvertierten Muslimen

Beitrag von nouar »

Irene hat geschrieben:...Ich weiss was du meinst, ich lebe ja auch erst seit einem Jahr hier, in Österreich habe ich ja auch andere Erfahrungen gemacht. Ich musste erleben, dass obwohl ich den Konsens mit dem Arbeitgeber gesucht habe, es nicht mal toleriert wurde, dass ich irgendeinen Schritt in Richtung Islam gehen durfte, weder kleines Piratenkopftuch noch konnte ich beten. Nicht mal in den Pausen, weil Islam einfach nicht erwünscht war.
Ich für meinen Teil habe Islam dann für wichtiger empfunden und habe die Konsequenzen gezogen. Das ist mein Prinzip, ich hätte so nicht weitergekonnt......
Ja, so ist es leider. Aber nicht jeder, der will, kann in ein islamisches Land auswandern.
Wenn es nach "wollen" ginge, würde ich heute noch meine Koffer packen und wäre in Marokko. Von Tarifa aus mit der Fähre nur 30 min. Aber wie jeder weiß ist die Arbeitslosigkeit dort so verheerend, dass die Leute ihr Leben aufs Spiel setzen, um irgendwie ins islamfeindliche Europa zu kommen :(
Ich finde es toll, dass du es geschafft hast :top: Aber was mich anbelangt, kann ich da nur von träumen. Mir fällt es schon schwer genug, mich hier halbwegs über Wasser zu halten.
Wa Alaykum Assalam أمل
Antworten