Interreligiöser Dialog und Interreligiöse Monologe

Bereicherung oder Krisenherd? (für Gäste lesbar)
chadidschaP

Re: Interreligiöser Dialog und Interreligiöse Monologe

Beitrag von chadidschaP »

Vitoria hat geschrieben:So wie ich es verstehe, haben sich die Naturgesetze zusammen mit der Ausdifferenzierung der Materie nach Entstehung der Raumzeit entwickelt, wobei wir wieder bei der Entstehung des Universums / der Universen wären. Im Auge ist zu behalten, dass es sich, wie ich sagte, um Beschreibungen von entdeckten Regelmäßigkeiten handelt.
Wie schon anderswo erwähnt - so sehr ich früher solchen wissenschaftlichen Erkenntnissen dankbar war, dass ich dadurch nicht weiter nachdenken musste, so absurd finde ich es heute, sich damit abspeisen zu lassen.

Übrigens - so ziemlich das einzige, was mich in meiner glaubensfreien Zeit ein wenig zum Grübeln brachte, war die Tatsache, dass es so viele Physiker und andere Wissenschaftler gibt, die an Gott glauben.

Irgendjemand in diesem Forum hatte oder hat eine eine treffende Signatur:

Der erste Trunk aus dem Becher der Naturwissenschaft macht atheistisch, aber auf dem Grund des Bechers wartet Gott".
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iman07
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Re: Interreligiöser Dialog und Interreligiöse Monologe

Beitrag von iman07 »

chadidschaP hat geschrieben:
Der erste Trunk aus dem Becher der Naturwissenschaft macht atheistisch, aber auf dem Grund des Bechers wartet Gott".
Ja, das ist in meiner Signatur :mrgreen:
"Woran du aber dein Herz hängst, das ist dein Gott"
Martin Luther

"Der erste Schluck aus dem Becher der Naturwissenschaften macht atheistisch, aber auf dem Boden des Bechers wartet Gott."
Werner Heisenberg
Vitoria

Re: Interreligiöser Dialog und Interreligiöse Monologe

Beitrag von Vitoria »

chadidschaP hat geschrieben:Übrigens - so ziemlich das einzige, was mich in meiner glaubensfreien Zeit ein wenig zum Grübeln brachte, war die Tatsache, dass es so viele Physiker und andere Wissenschaftler gibt, die an Gott glauben.
Offen gesagt, wüsste ich gern, um wen es sich dabei handelt und um wieviele im Vergleich zu den Atheisten und Agnostikern. Eine US-amerikanische Kreationistenseite - also höchst unverdächtig, was Beschönigung in Richtung Atheismus angeht - schreibt da (1998) z.B. über die National Academy of Science etwas ganz anderes:
The National Academy of Science (USA) has recently produced a guidebook for public school teachers, Teaching about Evolution and the Nature of Science. This book tries to assure readers that neither the NAS nor evolution are anti-Christian.

But a recent survey published in the leading science journal Nature conclusively showed that the National Academy of Science is anti-God to the core. A survey of all 517 NAS members in biological and physical sciences resulted in just over half responding. 72.2% were overtly atheistic, 20.8% agnostic, and only 7.0% believed in a personal God. Belief in God and immortality was lowest among biologists. It is likely that those who didn’t respond were unbelievers as well, so the study probably underestimates the level of anti-God belief in the NAS. The unbelief is far higher than the percentage among scientists in general, or in the whole population.
http://www.answersingenesis.org/article ... my-godless
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iman07
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Re: Interreligiöser Dialog und Interreligiöse Monologe

Beitrag von iman07 »

Offen gesagt, wüsste ich gern, um wen es sich dabei handelt und um wieviele im Vergleich zu den Atheisten und Agnostikern. Eine US-amerikanische Kreationistenseite - also höchst unverdächtig, was Beschönigung in Richtung Atheismus angeht - schreibt da (1998) z.B. über die National Academy of Science etwas ganz anderes.
Es gibt hier im Forum zum Beispiel einige religoese Wissenschaftler (inklusive mir). Ich hatte auch an der Uni ein paar sehr glaeubige Professoren. Aber ich denke auch dass der Grossteil eher agnostisch/atheistisch ist (ganz sicher der Grossteil meiner KollegInnen, wobei da die meisten agnostisch und nicht strikt atheistisch sind).

Solche Studien sind dann natuerlich auch immer relativ. Die NAS ist nicht unbedingt das Aushaengeschild fuer "die Wissenschaftler", und auch innerhalb der verschiedenen Disziplinen wird es recht unterschiedlich sein. Ich kenne zum Beispiel recht viele religioese Mediziner, und weniger religioese Biologen. Und dann kommt es auch darauf an wo man sich befindet. Als ich noch in Unis in Europa arbeitete war der Grossteil meiner FreundInnen agnostisch/atheistisch, hier in Kanada (zumindest in der Provinz in der ich lebe) habe/hatte ich wiederum sehr viele religioese KollegInnen (teilweise gingen die sogar auf Mission).[/quote]
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Re: Interreligiöser Dialog und Interreligiöse Monologe

Beitrag von noebaum »

Hallo liebe Vitoria
Dawkins ist ein Naturwissenschaftler und setzt den Urknall voraus. Der Urknall ist logisch das sich das Universum ständig ausdehnt. Meine Frage war aber nicht so sehr nach dem Urknall sondern die Unwahrscheinlichkeit der Entstehung von Materie. Materie bis zu den Sternen und unserem Leben ist so komplex dass es äußerst unwahrscheinlich ist dass so etwas durch Zufall entstanden ist. Dawkins bemüht ein Phantasieprodukt, nämlich das Multiversum. Das Multiverum mag exotisch erscheinen was die schiere Zahl der Universen betrifft. Aber jedes dieser Unversen ist in einen Grundgesetzen einfach (wäre das wirklich so?) das heißt, wir postulieren nichts, was höchst unwahrscheinlich wäre. Über jede Art von Intelligenz indes müssste man genau das Gegenteil sagen (Seite 207)

Ich meine das Multiversum ist eine reine Spekulation um den Gedanken an Gott aus dem Weg zu gehen; lieber an ein Märchen als an Gott glauben.

Thomas von Aquin hat Gottesbeweise gesucht und gefunden. Dawkins hat diese zu widerlegen versucht was ihm aber nicht gelungen ist.
Jede Bewegung (oder Gegenstand) hat als Ursache eine Bewegung. Man kann die Ursache immer weiter in die Vergangenheit verfolgen. Irgendwann muss es eine Ursache geben die bewegt, aber selbst nicht bewegt wird . Dawkins meint, dass es keinen Grund gibt dass ein Gott gegen Regression immun ist. Und dann schweift Dawkins vom Thema ab und meint dass die Allmacht und Allwissenheit Gottes ein Widerspruch sind.
Freundliche Grüße Noebaum
Vitoria

Re: Interreligiöser Dialog und Interreligiöse Monologe

Beitrag von Vitoria »

Hallo noebaum,

Du hast in Deinem letzten Beitrag drei verschiedene Themen angesprochen, die ich peu à peu und der besseren Übersichtlichkeit wegen in drei einzelnen Beiträgen versuchen werde zu beantworten. Ich fange mit dem letzten an:
noebaum hat geschrieben: Thomas von Aquin hat Gottesbeweise gesucht und gefunden. Dawkins hat diese zu widerlegen versucht was ihm aber nicht gelungen ist.
Sieht so aus; allerdings hat Thomas auch nicht nach Gottes"beweisen" gesucht und sie noch weniger gefunden.

Thomas von Aquin spricht nicht von „Beweisen“, sondern von Erkenntnis, und er wird gewusst haben, warum. Es geht nämlich bei seinen fünf „Beweisen“ um auf philosophischem Weg gewonnene Erkenntnisse, nicht um zwingende (naturwissenschaftliche) Beweise.
noebaum hat geschrieben: Jede Bewegung (oder Gegenstand) hat als Ursache eine Bewegung. Man kann die Ursache immer weiter in die Vergangenheit verfolgen. Irgendwann muss es eine Ursache geben die bewegt, aber selbst nicht bewegt wird.
Dieser Gedankengang samt Resultat war schon zur Zeit Thomas’ nichts Neues, er stammt von Aristoteles und endet beim „unbewegten Beweger“. Womit ich zu einer wesentlichen Feststellung komme: Thomas’ „Beweis“ ist, wie gesagt – und sein Rückgriff auf Aristoteles bezeugt es – eine rein philosophische Übung mit altbekanntem Ergebnis (wobei Aristoteles übrigens nicht an eine zeitliche Abfolge dachte, wenn ich mich recht entsinne). Zu diesem ersten wie den vier weiteren der „Gottesbeweise“ des Thomas von Aquin schreibt Jörg Disse (Kleine Geschichte der abendländischen Metaphysik, 2001, S. 161):
„Insgesamt gesehen stehen Thomas’ Gottesbeweise vor allem deshalb in einem Spannungsverhältnis zu unserem heutigen Denken, weil sie nur dann schlüssig sind, wenn man gewisse Prinzipien als unmittelbar einleuchtend, gewisse Axiome als unmittelbar wahr annimmt, etwa dass die Reihe der Ursachen nicht ins Unendliche gehen kann, oder dass jede Zielgerichtetheit notwendig eine vernünftige Absicht voraussetzt. Die heutige Naturwissenschaft aber arbeitet im Prinzip völlig ohne derartige Grundprinzipien. Sie entschließt sich einfach für dasjenige theoretische Modell, das die meisten Fakten zu erklären vermag. (…) Die Tatsache, dass die gegenwärtige Naturwissenschaft nicht mehr mit unmittelbar einsichtigen Axiomen als der notwendigen Grundlage aller Erkenntnis arbeitet und trotzdem sehr erfolgreich ist, bereitet vielleicht die größte Schwierigkeit in Bezug auf eine positive Rezeption von Thomas’ Gottesbeweisen heute.“

Womit wir bei Dawkins sind:
noebaum hat geschrieben: Dawkins meint, dass es keinen Grund gibt dass ein Gott gegen Regression immun ist.
Dawkins ist Biologe, also Naturwissenschaftler, und hat mit Philosophie anscheinend nicht allzu viel am Hut. Er hat sich also vom modernen naturwissenschaftlichen Standpunkt aus gegen ein antikes bzw. mittelalterliches philosophisches Argument gewandt.
noebaum hat geschrieben: Und dann schweift Dawkins vom Thema ab und meint dass die Allmacht und Allwissenheit Gottes ein Widerspruch sind.
Ja, das kommt etwas überraschend. Aber er schweift damit nicht vom Thema ab, sondern lässt lediglich einen verbindenden Gedanken aus, der ungefähr so lautet: 'Mit dem Nachweis der Existenz einer außerirdischen höheren Macht, wenn es denn einer ist, ist noch gar nichts über die Eigenschaften dieser Macht (worüber Thomas sich schließlich auch auslässt) ausgesagt, und es besteht kein Anlass, sie mit jenen des Christengottes auszustatten.'

Ich hoffe, dass ich bald Zeit für die Themen „Multiversum“ und „Materie“ finde.
noebaum
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Re: Interreligiöser Dialog und Interreligiöse Monologe

Beitrag von noebaum »

Hallo liebe Vitoria
Der Friede sei mit dir

Du hast in Deinem letzten Beitrag drei verschiedene Themen angesprochen, die ich peu à peu und der besseren Übersichtlichkeit wegen in drei einzelnen Beiträgen versuchen werde zu beantworten. Ich fange mit dem letzten an:
noebaum hat geschrieben: Thomas von Aquin hat Gottesbeweise gesucht und gefunden. Dawkins hat diese zu widerlegen versucht was ihm aber nicht gelungen ist. [/quote

Sieht so aus; allerdings hat Thomas auch nicht nach Gottes"beweisen" gesucht und sie noch weniger gefunden.

Thomas von Aquin spricht nicht von „Beweisen“, sondern von Erkenntnis, und er wird gewusst haben, warum. Es geht nämlich bei seinen fünf „Beweisen“ um auf philosophischem Weg gewonnene Erkenntnisse, nicht um zwingende (naturwissenschaftliche) Beweise.

Meine Antwort:
Du zitierst Jörg Tisse. Dieser schreibt auch von Gottesbeweisen, nicht nur ich. Du magst recht haben: Beweise kann die Philosophie nicht liefern, nur Erkenntnisse. Mir scheint, Du willst den Eindruck erwecken Erkenntnisse seine weniger Wert wie Beweise.
noebaum hat geschrieben: Jede Bewegung (oder Gegenstand) hat als Ursache eine Bewegung. Man kann die Ursache immer weiter in die Vergangenheit verfolgen. Irgendwann muss es eine Ursache geben die bewegt, aber selbst nicht bewegt wird.
Dieser Gedankengang samt Resultat war schon zur Zeit Thomas’ nichts Neues, er stammt von Aristoteles und endet beim „unbewegten Beweger“. Womit ich zu einer wesentlichen Feststellung komme: Thomas’ „Beweis“ ist, wie gesagt – und sein Rückgriff auf Aristoteles bezeugt es – eine rein philosophische Übung mit altbekanntem Ergebnis (wobei Aristoteles übrigens nicht an eine zeitliche Abfolge dachte, wenn ich mich recht entsinne). Zu diesem ersten wie den vier weiteren der „Gottesbeweise“ des Thomas von Aquin schreibt Jörg Disse (Kleine Geschichte der abendländischen Metaphysik, 2001, S. 161):
„Insgesamt gesehen stehen Thomas’ Gottesbeweise vor allem deshalb in einem Spannungsverhältnis zu unserem heutigen Denken, weil sie nur dann schlüssig sind, wenn man gewisse Prinzipien als unmittelbar einleuchtend, gewisse Axiome als unmittelbar wahr annimmt, etwa dass die Reihe der Ursachen nicht ins Unendliche gehen kann, oder dass jede Zielgerichtetheit notwendig eine vernünftige Absicht voraussetzt. Die heutige Naturwissenschaft aber arbeitet im Prinzip völlig ohne derartige Grundprinzipien. Sie entschließt sich einfach für dasjenige theoretische Modell, das die meisten Fakten zu erklären vermag. (…) Die Tatsache, dass die gegenwärtige Naturwissenschaft nicht mehr mit unmittelbar einsichtigen Axiomen als der notwendigen Grundlage aller Erkenntnis arbeitet und trotzdem sehr erfolgreich ist, bereitet vielleicht die größte Schwierigkeit in Bezug auf eine positive Rezeption von Thomas’ Gottesbeweisen heute.“

Meine Antwort:
Wenn wir schon auf die Geschichte zurückgreifen: Auch Aristoteles hatte schon eine Ahnung von Gott; ebenso Platon. Richtig ist: Aristoteles hat die Argumente für die Gottesbeweise von Thomas von Aquin geliefert. Warum willst Du Thomas von Aquin abwerten? Menschen haben sich schon immer über Gott Gedanken gemacht. Schwierigkeiten bereiten die für alle verständlichen Gottesbeweise des Thomas von Aquin nicht, auch mit Blickrichtung auf die moderne Wissenschaft nicht. Es wäre sonderbar wenn die Naturwissenschaft die Philosophie als ihre Grundlage verwenden würde. Es ist auch nicht Aufgabe der Naturwissenschaft Gott nachzuweisen. Ein Gott der Nachweisbar ist, wäre nicht Gott. Man kann sich mit der Philosophie Gott nur annähern. Ob jemand diese Erkenntnisse für wahr hält ist die Entscheidung jedes einzelnen, auch wenn die Entscheidung gegen die natürliche Logik ist.

Womit wir bei Dawkins sind:


noebaum hat geschrieben: Und dann schweift Dawkins vom Thema ab und meint dass die Allmacht und Allwissenheit Gottes ein Widerspruch sind.
Ja, das kommt etwas überraschend. Aber er schweift damit nicht vom Thema ab, sondern lässt lediglich einen verbindenden Gedanken aus, der ungefähr so lautet: 'Mit dem Nachweis der Existenz einer außerirdischen höheren Macht, wenn es denn einer ist, ist noch gar nichts über die Eigenschaften dieser Macht (worüber Thomas sich schließlich auch auslässt) ausgesagt, und es besteht kein Anlass, sie mit jenen des Christengottes auszustatten.'

Meine Antwort:
Und doch schweift er ab. Die Frage war nicht nach der "Eigenschaft Gottes" sondern nach der "Existenz Gottes". Mit dem Christengott hat diese Frage nichts zu tun. Auch der Islam hat sich schon seit 1000 Jahren mit dieser Frage beschäftigt. Thomas von Aquin hat diese Frage in eine klare Formulierung gebracht. Erst wenn man die Frage nach der Existenz Gottes mit "Ja" beantwortet, kann man auf die Eigenschaft Gottes eingehen. Man zäumt das Pferd doch nicht von hinten auf.

Freundliche Grüße Noebaum
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Re: Interreligiöser Dialog und Interreligiöse Monologe

Beitrag von noebaum »

Ich habe irrtümlich geschrieben: Aristoteles hatte schon eine Ahnung, ich wollte schreiben: Sokrates hatte schon eine Ahnung
Freundliche Grüße Noebaum
chadidschaP

Re: Interreligiöser Dialog und Interreligiöse Monologe

Beitrag von chadidschaP »

Sorry, dass ich mich ausgeklinkt habe und mich jetzt wieder einmische. Manchmal komme ich in dieses Forum aus unerfindlichen Gründen nicht rein. Aber ich möchte doch Vitoria noch zwei schöne Links zum Thema Wissenschaftler und Atheismus geben:

http://www.dompfarre-wienerneustadt.at/ ... zitate.htm
http://www.hjcaspar.de/hpxp/gldateien/glauwizit1.htm

Lieben Gruss
Chadidscha
Vitoria

Re: Interreligiöser Dialog und Interreligiöse Monologe

Beitrag von Vitoria »

chadidschaP hat geschrieben:Sorry, dass ich mich ausgeklinkt habe und mich jetzt wieder einmische. Manchmal komme ich in dieses Forum aus unerfindlichen Gründen nicht rein. Aber ich möchte doch Vitoria noch zwei schöne Links zum Thema Wissenschaftler und Atheismus geben:

http://www.dompfarre-wienerneustadt.at/ ... zitate.htm
http://www.hjcaspar.de/hpxp/gldateien/glauwizit1.htm

Lieben Gruss
Chadidscha
Also - das ist fix erledigt.

Beide Links: Und was soll mir das jetzt sagen? Dass es Naturwissenschaftler gab und gibt, die Deisten waren bzw. sind, ist schließlich nichts Unbekanntes. Bei meiner Frage ging es um Prozentsätze.

1. Link: Man merkt die Absicht, und man ist verstimmt. Aber was kann man auch anderes von einer Dompfarrei erwarten. Der Liste der Gottgläubigen werden die Namen dreier historischer Personen angehängt, wovon die erste - Nietzsche - bekanntermaßen ein Atheist war, was den Schreiber nicht daran hindert, ihn doch noch zum Gottgläubigen zu erklären - so schlecht war ihm der Atheismus bekommen. Ihm folgen Stalin und Hitler, die beiden größten Massenmörder des 20. Jahrhunderts. Damit soll offenbar insinuiert werden, dass Atheismus zum Massenmord führt bzw. Atheisten potentielle Mörder sind und ohne jegliche Moral sowieso, denn ausdrücklich ist die Rede davon, dass mit es mit so etwas wie dem Gewissen vorbei sei. Pfui Teufel (wenn's denn einen gäbe), wie widerlich. Dabei ist das Stalin-Zitat auch noch falsch, denn Marx sprach nicht von Religion als Opium für das Volk, sondern als Opium des Volkes, was ein gewisser Unterschied ist. Was Hitler angeht, so waren es atheistische Organisationen, die verboten wurden, nicht etwa die Kirchen. Hitler war kein Atheist, er hatte einen diffusen Glauben an eine höhere Macht, die er als Vorsehung bezeichnete. Atheisten glauben selbstverständlich nicht an so etwas wie Vorsehung.
Vitoria

Re: Interreligiöser Dialog und Interreligiöse Monologe

Beitrag von Vitoria »

noebaum hat geschrieben:Du zitierst Jörg Tisse. Dieser schreibt auch von Gottesbeweisen, nicht nur ich. Du magst recht haben: Beweise kann die Philosophie nicht liefern, nur Erkenntnisse. Mir scheint, Du willst den Eindruck erwecken Erkenntnisse seine weniger Wert wie Beweise.
Ich bin sogar davon überzeugt, dass auf philosophischem Weg gewonnene Erkenntnisse weniger überzeugend, weil nicht hinreichend beweiskräftig, sind als auf naturwissenschaftliche Weise erlangte Beweise. (Obwohl ich keine naturwissenschaftliche, sondern eine geisteswissenschaftliche Ausbildung habe.)
noebaum hat geschrieben: Wenn wir schon auf die Geschichte zurückgreifen: Auch Aristoteles hatte schon eine Ahnung von Gott; ebenso Platon.
Was aufgrund des damaligen Kenntnisstandes kein Wunder ist.
Richtig ist: Aristoteles hat die Argumente für die Gottesbeweise von Thomas von Aquin geliefert. Warum willst Du Thomas von Aquin abwerten?
Eigentlich wollte ich in diesem Zusammenhang nur die Urheberschaft klarstellen. Allerdings kann ich auch in der Wiederholung eines anderthalbtausendjährigen Gedankengangs keine Originalität und auch keinen Fortschritt erkennen, was in meiner Antwort wahrscheinlich mitschwang.
Menschen haben sich schon immer über Gott Gedanken gemacht. Schwierigkeiten bereiten die für alle verständlichen Gottesbeweise des Thomas von Aquin nicht, auch mit Blickrichtung auf die moderne Wissenschaft nicht.
Das scheint mir anders zu sein.
Es wäre sonderbar wenn die Naturwissenschaft die Philosophie als ihre Grundlage verwenden würde.
Damit nähern wir uns wieder einander an. Aber wie gesagt: Für mich zählen die Ergebnisse der Naturwissenschaft.
Es ist auch nicht Aufgabe der Naturwissenschaft Gott nachzuweisen.
Kann sie ja auch nicht, da es keinerlei Anhaltspunkte für seine Existenz gibt: Es gibt gar keinen Punkt, bei dem sie ansetzen könnte.
Ein Gott der Nachweisbar ist, wäre nicht Gott. Man kann sich mit der Philosophie Gott nur annähern. Ob jemand diese Erkenntnisse für wahr hält ist die Entscheidung jedes einzelnen, auch wenn die Entscheidung gegen die natürliche Logik ist.
Das ist eine typisch christliche Haltung, der ich schon oft begegnet bin: der Appell, den Verstand bei der Gottesfrage auszuschalten, sogar der Vernunft (Logik) zuwider zu handeln.

Zu Dawkins:
Meine Antwort: Und doch schweift er ab. Die Frage war nicht nach der "Eigenschaft Gottes" sondern nach der "Existenz Gottes". Mit dem Christengott hat diese Frage nichts zu tun.
Stimmt. Zunächst einmal nicht. Allerdings sagt Dawkins ausdrücklich am Anfang seines Buches, dass er vor allem das Christentum im Auge hat.
Erst wenn man die Frage nach der Existenz Gottes mit "Ja" beantwortet, kann man auf die Eigenschaft Gottes eingehen. Man zäumt das Pferd doch nicht von hinten auf.
Das sehe ich anders. Ich brauche doch nicht an die Existenz an Gott zu glauben, um ein bestimmtes Gottesbild zu kritisieren?
chadidschaP

Re: Interreligiöser Dialog und Interreligiöse Monologe

Beitrag von chadidschaP »

Vitoria hat geschrieben: Das sehe ich anders. Ich brauche doch nicht an die Existenz an Gott zu glauben, um ein bestimmtes Gottesbild zu kritisieren?
hä? :confused: - wie kannst du etwas oder das Bild von etwas kritisieren, das nicht existiert?
Vitoria

Re: Interreligiöser Dialog und Interreligiöse Monologe

Beitrag von Vitoria »

chadidschaP hat geschrieben:
Vitoria hat geschrieben: Das sehe ich anders. Ich brauche doch nicht an die Existenz an Gott zu glauben, um ein bestimmtes Gottesbild zu kritisieren?
hä? :confused: - wie kannst du etwas oder das Bild von etwas kritisieren, das nicht existiert?
Das Bild existiert - um bei den drei monotheistischen Religionen zu bleiben - in Bibel, Koran, deren Exegese und den Köpfen der Gläubigen.
Vitoria

Re: Interreligiöser Dialog und Interreligiöse Monologe

Beitrag von Vitoria »

noebaum hat geschrieben:Dawkins ist ein Naturwissenschaftler und setzt den Urknall voraus. Der Urknall ist logisch das sich das Universum ständig ausdehnt. Meine Frage war aber nicht so sehr nach dem Urknall sondern die Unwahrscheinlichkeit der Entstehung von Materie. Materie bis zu den Sternen und unserem Leben ist so komplex dass es äußerst unwahrscheinlich ist dass so etwas durch Zufall entstanden ist.
Die Antwort darauf bietet die Quantenphysik.
http://www.steffen-grimm.de/zufallundse ... physik.htm
Dawkins bemüht ein Phantasieprodukt, nämlich das Multiversum. Das Multiverum mag exotisch erscheinen was die schiere Zahl der Universen betrifft. Aber jedes dieser Unversen ist in einen Grundgesetzen einfach (wäre das wirklich so?) das heißt, wir postulieren nichts, was höchst unwahrscheinlich wäre. Über jede Art von Intelligenz indes müssste man genau das Gegenteil sagen (Seite 207)
Ich meine das Multiversum ist eine reine Spekulation um den Gedanken an Gott aus dem Weg zu gehen; lieber an ein Märchen als an Gott glauben.
Wenn es ein Märchen ist, dann eines von Physikern und Astronomen: http://www.spiegel.de/wissenschaft/welt ... -3,00.html

Solche Leute spekulieren nicht, um dem Gedanken an Gott aus dem Weg zu gehen. Gottesbeweise oder -widerlegungen sind nicht das erkenntnisleitende Interesse des Naturwissenschaftlers - im Gegensatz zum Aquinaten, der beweisen wollte, was die christliche Lehre behauptet.
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