killyfisch hat geschrieben:ich sehe das wie Birtanem. Außerdem: was taugt mein Glaube, wenn er kritischer Betrachtung nicht standhält? Mir hat das Studium jedenfalls viel gegeben, unter anderem auch die Möglichkeit, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen und ohne "Gelehrte" auszukommen.
Das Studium heisst ja "Islamwissenschaft" und nicht "Islamglaubenschaft" oder "Islambruderschaft". Fuer viele Muslime ist die Idee, dass man die Grundlagen ihres Glaubens kritisch hinterfragen wuerde, so unfassbar, dass sie damit nicht zurechtkommen.
Hier in den USA passiert das auch vielen fundamentalistischen Christen, die vergleichende Religionswissenschaft studieren. Ihnen kommt es gar nicht in den Sinn, dass man Religionen “neutral” vergleichen kann, ohne klarzustellen was wirklich “wahr” ist.
Uebrigens haben wohlbehuetete konservative Amerikaner auch ein Problem, wenn sie hier Wirtschaftswissenschaften oder Naturwissenschaften studieren. An meiner Uni muessen sie z.B. auch Kurse belegen, die den amerikanischen Kapitalismus, Konservativismus und Rationalismus angreifen (Cultural Studies, Critical Theory, Postmodernity) oder das wissenschaftliche Denken an sich in Frage stellen (Wissenschaftsphilosophie von Kuhn und Feyerabend).
In den USA wird auch das Fach Islamwissenschaft an den meisten Unis nicht angeboten, sondern man macht erst ein Bachelor-Studium in Allgemeiner Religionswissenschaft (wo an den meisten Unis mehrere Religionen kritisch analysiert werden) . Danach macht man ein Masters Studium oder eine Doktorarbeit (ist hier 5-7 Jahre lang !!!) mit einem islamischen Schwerpunkt.
Ich hatte letztes Jahr ein Gespraech mit zwei muslimischen Doktoranden (Themenbereich Islamic / Middle East Studies) an meiner Uni. Sie haben sich beide ueber ihre Doktorvaeter beschwert, weil diese nicht “Muslime” seien, und diese Doktorvaeter ueber den Koran reden, als ob es einfach nur ein historisch bedeutender Text sei, und nicht eine Heilige Schrift. “They have no stake in it”, haben sie gemeint.
Ich habe sie dann gefragt, warum sie denn ueberhaupt hier promovieren, wenn das so ein Problem fuer sie ist. Sie koennten ja auch in einem islamischen Land promovieren. Aber sie meinten, sie brauchen die “legitimacy” (Legitimierung) mit einem PhD von einer angesehenen amerikanischen Uni. Nur so koennten sie eine akademische Karriere haben und Respekt in den Augen der westlichen Akademiker erlangen. Das wuerde eine richtige Dawah ermoeglichen, weil sie dadurch auch dem Islam Respekt verschaffen.
Hamza Yusuf und Zaid Shakir haben jetzt hier in den USA ein islamisches College gegruendet, wo man Islam studieren kann, und nicht unbedingt neutral sein muss und auch nicht den Korantext kritisch zerlegen muss. Sie warten nur auf die staatliche Anerkennung ihres Bachelor Studiengangs. Diese kommt wahrscheinlich bald, schliesslich gibt es in den USA auch christliche Colleges, die das Christentum nicht kritisch analysieren.
Hier ist ein Link zum Zaytuna College: In diesem Foto tragen natuerlich alle Maedels brav Hijab
http://www.zaytunacollege.org/about/