Ist Jesus der Prophet des Islam? Interview mit Ohlig

Verschiedene Richtungen im Islam. Theologische Konzepte. Forschung (für Gäste lesbar)
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Beate
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Re: Ist Jesus der Prophet des Islam? Interview mit Ohlig

Beitrag von Beate » Mo 29. Sep 2008, 18:37

Hierzu ein Artikel:

http://www.qantara.de/webcom/show_artic ... 737/i.html

Fazit des Autors:

Die durchaus berechtigte Kritik einer bisherigen Quellen(ver)lesung v.a. zeitgenössischer christlicher Schriftsteller im Sinne der islamischen Tradition erweist sich als Farce angesichts der von den Autoren mindestens ebenso wenig neutralen Verwendung der Quellen und deren (Ver)Lesung im Sinne der eigenen Theorien
Sure 18
[103] Sprich: "Sollen Wir euch die nennen, die bezüglich ihrer Werke die größten Verlierer sind?
[104] "Das sind die, deren Eifer im irdischen Leben in die Irre ging, während sie meinen, sie täten gar etwas Gutes."
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killyfisch
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Re: Ist Jesus der Prophet des Islam? Interview mit Ohlig

Beitrag von killyfisch » Mo 29. Sep 2008, 19:21

Leon hat geschrieben:Und um die Verwirrung komplett zu machen, was ist mit den Judenchristen, den im Koran so genannten Sabäern?
Bei den Sabäern ist nicht gesichert, wer damit gemeint ist. Es gibt unter anderem auch die Vermutung, es könne sich dabei um Manichäer handeln. Außerdem sollen sich verschiedene Gruppen selbst als Sabäer bezeichnet haben, um von den Muslimen unter die geschützten Minderheiten aufgenommen zu werden.
"Von deinen Kindern lernst du mehr als sie von dir:
Sie lernen eine Welt von dir, die nicht mehr ist.
Du lernst von ihnen eine, die nun gilt."
(Friedrich Rückert)
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Re: Ist Jesus der Prophet des Islam? Interview mit Ohlig

Beitrag von Ghazali » Mo 29. Sep 2008, 19:56

Musafira hat geschrieben:...aber die Vorstellung, es habe sich anfaenglich um eine christliche Sekte gehandelt ist ganz und gar nicht so absurd. Im Grunde passt es naemlich ganz gut zu der islamischen Vorstellung, dass es die Kontinuitaet von Abrahams Religion ist. Das Christentum ist aus einer juedischen Sekte entstanden, warum nicht der Islam aus einer christlichen Sekte. Fuer mich betont es viel mehr, dass alles doch auf eine gemeinsame Wurzel zurueckgeht.
Zumal ja überliefert ist, Khadijas Cousin sei Christ gewesen und habe nach der ersten Offenbarung in Muhammd den erwarteten Propheten gesehen.
Auch die Legende, ein christlicher Mönch habe bereits in dem Kind/ Jugendlichen Muhammad auf einer Handelsreise den künftigen Propheten gesehen, passt in das Schema.
Ghazali

Re: Ist Jesus der Prophet des Islam? Interview mit Ohlig

Beitrag von Ghazali » Mo 29. Sep 2008, 20:53

Beate hat geschrieben:Salam Leon,

das ist der Knackpunkt. Warum nur waren diese frühen "Christen" so erpicht darauf, als Muslime bezeichnet zu werden? :confused:
Weil jede Sekte früher oder später versucht, sich betont von den anderen abzugrenzen / abzuheben.
Untypisch ist da eher, dass "anderen Juden und Christen" nicht der prinzipielle Anspruch auf das Himmelreich abgesprochen wurde.
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Re: Ist Jesus der Prophet des Islam? Interview mit Ohlig

Beitrag von Beate » Mo 29. Sep 2008, 22:28

Aber ist denn nicht eine der zentralen Aussagen des Korans die, dass die religiöse Schublade keine Rolle spielt? Dass der Glaube jenseits des Eintrags in der Geburtsurkunde zu suchen ist?
Ich kann euch nicht mehr folgen. Wieso will man nun aus Muhammad und seinen Anhängern Christen machen? Was soll das bringen? :confused:
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Re: Ist Jesus der Prophet des Islam? Interview mit Ohlig

Beitrag von Leon » Mo 29. Sep 2008, 22:37

killyfisch hat geschrieben:
Leon hat geschrieben:[...] was ist mit den Judenchristen, den im Koran so genannten Sabäern?
Bei den Sabäern ist nicht gesichert, wer damit gemeint ist. Es gibt unter anderem auch die Vermutung, es könne sich dabei um Manichäer handeln. Außerdem sollen sich verschiedene Gruppen selbst als Sabäer bezeichnet haben, um von den Muslimen unter die geschützten Minderheiten aufgenommen zu werden.
Hallo,

ja, interessanterweise gehörte der Vater des Mani (gest. 276) den Elkesaiten an, und das waren Judenchristen, oder genauer judaisierte Christen.

MfG
Leon
Die Herren Professoren irren. Politik ist keine Wissenschaft, sondern eine Kunst!
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Re: Ist Jesus der Prophet des Islam? Interview mit Ohlig

Beitrag von Leon » Mo 29. Sep 2008, 22:48

Hallo,

wenn der Islam in seinem Ursprung eine Sonderform des Christentums gewesen wäre, so Prof. Ohlig, dann wären die ersten Muslime Christen gewesen.
Das aber ist nicht zu erkennen, es wurde kein Abendmahl gefeiert, oder eine Taufe volllzogen, noch gibt es irgendeinen Hinweis darauf, dass sich Mohammed einer christlichen Gemeinde oder nur einem christlichen Lehrer/Priester unterstellt hätte.

Ich kann nicht nachvollziehen, dasss ein akademischer Lehrer (und das ist noch wohlwollend formuliert) sich so unpräzise ausdrückt.

MfG
Leon
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Re: Ist Jesus der Prophet des Islam? Interview mit Ohlig

Beitrag von mohamed » Di 30. Sep 2008, 00:02

Salem,
in meinem Koran-Tafsir werden Säbaner(?) als Sterne-Anbeter beschrieben.

Grüße
Foued
vera

Re: Ist Jesus der Prophet des Islam? Interview mit Ohlig

Beitrag von vera » Di 30. Sep 2008, 07:18

mohamed_foued hat geschrieben:Salem,
in meinem Koran-Tafsir werden Säbaner(?) als Sterne-Anbeter beschrieben.

Grüße
Foued



Wikipedia:
Religion der Sabäer [Bearbeiten]

Ursprünglich verehrten die Sabäer astrale Götter wie Mond, Sonne und die Venus. Nachdem Südarabien 575 n. Chr. unter persischen Einfluss geraten war, konvertierte 628 der letzte persische Statthalter zum Islam.
Der Koran erkennt die Sabäer صابئون (Sabi'un) als Buchreligion an (Sure 2:62):
Wahrlich, die Gläubigen und die Juden und die Christen und die Sabäer - wer immer (unter diesen) wahrhaft an Allah glaubt und an den Jüngsten Tag und gute Werke tut -, sie sollen ihren Lohn empfangen von ihrem Herrn, und keine Furcht soll über sie kommen, noch sollen sie trauern.
Unklar ist jedoch, auf welche Religionsgemeinschaft sich dies bezieht. So auch die Sabier von Harran, die 830 diese Bezeichnung übernahmen, um als Buchreligion anerkannt zu werden. Hingegen werden die Mandäer lediglich von ihren Nachbarn als Sabäer bezeichnet, verwenden diese Bezeichnung jedoch nicht selbst. Hier bezieht sich der Name auf das wiederholte Untertauchen in fließendem Wasser, das dem arabischen صاب (ausgießen) entspricht.
Brockhaus
Königin von Saba,

legendäre Herrscherin des altsüdarabischen Reiches Saba (Sabäer); in der Bibel in 1. Könige 10, 1 ff. und als »Königin des Südens« in Matthäus 12, 42 genannt; nach jüdischen Legenden Stammmutter der »Schwarzen Juden« (Falascha). Der Koran erwähnt die Königin von Saba (in der muslimischen Literatur Bilqis genannt) in Sure 27, 22 ff., wo sie und ihr Volk als Sonnenanbeter dargestellt werden, die durch Salomo zum Glauben an den einen und einzigen Gott (Allah) finden.

LG

Vera


P.S.: Ich steig auch gerade nicht durch, muß erstmal meine Gedanken ordnen. Aber klasse Diskussion!
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Re: Ist Jesus der Prophet des Islam? Interview mit Ohlig

Beitrag von killyfisch » Di 30. Sep 2008, 07:23

Salam,
Leon hat geschrieben:ja, interessanterweise gehörte der Vater des Mani (gest. 276) den Elkesaiten an, und das waren Judenchristen, oder genauer judaisierte Christen.
Jetzt, wo du es sagst, erinnere ich mich wieder :) Und das war sogar ein Teil eines meiner Prüfungsthemen :oops:

mohamed_foued hat geschrieben:in meinem Koran-Tafsir werden Säbaner(?) als Sterne-Anbeter beschrieben.
Ich kopiere einfach mal hier rein, was ich von de Blois aus der Encyclopaedia of the Qur'an IV, Boston/Leiden 2004, S. 511-512, abgetippt habe:
"Sabians" [Khoury übersetzt "Sabier"], nicht zu verwechseln mit den Sabäern, den Einwohnern von Saba.

werden erwähnt in K 2:62, 5:69 und 22:17

Die ersten zwei Verse scheinen zu besagen, dass die Sabier, wie die Muslime, die Juden und die Nasârâ, potentielle Kandidaten für die Erlösung („salvation“) sind und ebenfalls den Status der Anhänger der Schrift genießen.

Die klassische muslimische Exegese bietet eine große Anzahl sich widersprechender Vorschläge an:
- Es handelt sich um eine Gruppe zwischen den Magiern und den Juden (Tabarî, Tafsîr, K 2:62)
- Sabier werden als eine heidnische Gemeinschaft in Harrân identifiziert, die generell als Sternenanbeter beschrieben werden. Diese bezeichneten sich tatsächlich als Sâbi'ûn, jedoch ist unter muslimischen Autoritäten die Ansicht verbreitet, dass sie sich nur so nannten, um den Status der Anhänger der Schrift zu erhalten
- Andere Autoren meinen, dass mit Sâbi'ûn eine Sekte gemeint sei, deren Anhänger in den Sümpfen Iraks lebten
- Später wurde dieser Name einer anderen Gruppierung gegeben, die im Südirak lebte, den nicht-christlichen Mandäern

Es scheint, dass die muslimische Tradition sehr früh die Erinnerung daran, wer mit diesem Begriff gemeint war, verloren hatte und dass die Sabier als Etikett für verschiedene kleine religiöse Gruppen herhalten mussten, die Schutz vor einer potentiellen muslimischen Verfolgung suchten

De Blois ist der Ansicht, es könnte sich bei ihnen um Manichäer gehandelt haben:
„On the assumption that the qur’ânic term refers to some community that is likely to have existed in Mecca or Medina and is not covered by other qur’ânic names (associators, Jews, Nasârâ, Magians; [...]), the present author has suggested tentatively that the Sabians might have been Manicheans, i. e. those whom Muslims writers on pre-Islamic Arabia called the zanâdoqa among the Quraysh.” (512)
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Re: Ist Jesus der Prophet des Islam? Interview mit Ohlig

Beitrag von killyfisch » Di 30. Sep 2008, 07:56

Hier noch ein Artikel von Nagel zum Thema mit einem Rundumschlag gegen Luxenberg, Ohlig und Co.: Befreit den Propheten aus seiner religiösen Umklammerung!

Nagel hat nun wieder einen ganz anderen Ansatz als die anderen, die wir bisher diskutiert haben :)
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Re: Ist Jesus der Prophet des Islam? Interview mit Ohlig

Beitrag von Musafira » Di 30. Sep 2008, 16:49

Erstmal danke fuer die interessanten verlinkten Texte @ Vera und Killyfisch.

Ich war ja schon ueberrascht zu lesen, dass Ohlig anscheinend gar nicht des arabischen maechtig ist, das disqualfiziert ihn imho reichlich. :?

Dennoch finde ich Teile seiner Theorie nach wie vor ueberlegenswuerdig
Beate hat geschrieben:Salam,

welchen Unterschied würde es eigentlich machen?
Ich meine, wenn man sagen würde, dass Muhammad das Christentum gepredigt hat?

Salam
Fuer mich keinen grossen Unterschied. Aber es wuerde mich in meinem Glauben bestaerken, dass wir alle auf dieselbe Wurzel zurueckgehen und glaube auch nicht, dass der Islam etwas voellig eigenstaendiges ist. M.E. ist der heutige Islam zu sehr am Muhammadglauben orientiert. Es wuerde sicherlich auch einzelne Passagen im Qur'an in anderem Licht erscheinen lassen.
Manche Leute meinen, die Weisheit mit dem Löffel gefressen zu haben, dabei war es nur eine Buchstabensuppe.
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Re: Ist Jesus der Prophet des Islam? Interview mit Ohlig

Beitrag von Ghazali » Di 30. Sep 2008, 21:38

Leon hat geschrieben:... noch gibt es irgendeinen Hinweis darauf, dass sich Mohammed einer christlichen Gemeinde oder nur einem christlichen Lehrer/Priester unterstellt hätte.

Ich kann nicht nachvollziehen, dasss ein akademischer Lehrer (und das ist noch wohlwollend formuliert) sich so unpräzise ausdrückt.
Meinst du mit dem "akademischen Lehrer" Ohlig? Ich habe das eigentlich so verstanden, dass gemäß Ohligs Theorie - und das ist eben der Part seiner These, den ich entschieden nicht teile - davon ausgeht, dass es die Person Muhammad historisch nie real gegeben habe. Er meint halt, immer wenn im Qur'an oder Inschriften, etc...von "Muhammad" (dem gepriesenen) die Rede sei, sei eigentlich Jesus gemeint. Die Person Muhammads als Gründer des Islam, sei ein Konstrukt späterer Jahrhunderte. In dieser Zeit habe sich der Islam zu einer eigenständigen Religion gewandelt, weshalb die Entstehungsgeschichte, wie wir sie heute kennen, konstruiert worden sei.
Die Theorie hat - von interessanten Ansätzen abgesehen - im Detail (wie der Existenz Muhammads...) extreme Haken - aber wieso meinst du, er habe sich unpräzise ausgedrückt? :confused:
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Re: Ist Jesus der Prophet des Islam? Interview mit Ohlig

Beitrag von Mechthild » Mi 1. Okt 2008, 22:08

Inwiefern sollte es für die christliche Theologie denn Konsequenzen haben, dass sich die ersten Muslime sich u. U. als Christen bezeichnet haben könnten?
Und wenn ja, welche?
vera

Re: Ist Jesus der Prophet des Islam? Interview mit Ohlig

Beitrag von vera » Mi 1. Okt 2008, 23:06

Mechthild hat geschrieben:Inwiefern sollte es für die christliche Theologie denn Konsequenzen haben, dass sich die ersten Muslime sich u. U. als Christen bezeichnet haben könnten?
Und wenn ja, welche?
Salam Mechthild,

ich denke da jetzt schon immerhin einen Tag drüber nach, also ist es jetzt eine sehr vorläufige Antwort :smifun: : aber ich könnte mir von christlicher Seite aus dann schon eine wesentlich weiter gefasste Ökumene vorstellen. Eigentlich könnte doch das gesamte Verhältnis zum Islam neu überdacht werden, als Teil des nichttrinitarischen Christentums.

Aber ich gebe zu: ich glaube da nicht dran. Es ist hinter meiner Vorstellungskraft, dass Mohamed (jetzt mal jenseits aller Projektionen) nicht "existiert" haben sollte.

LG

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