Beate hat geschrieben:PS:
Soll es nun so sein, dass der Gläubige nur noch das glauben darf, was sich beweisen lässt?
Dann müssen sofort alle Religionen aufgehoben werden.
Ich meine, Luxenberg und auch Ohlig haben einen völlig voreingenommen Ansatz! Sie wollten nachweisen, dass der Koran eigentlich eine christliche Schrift sei. WOW.
Also eine islamische Schrift kann er nicht sein, weil sich Muhammad nicht nachweisen lässt, aber dafür dann eine christliche! Ist Jesu Existenz eigentlich bewiesen?
Und um an dieses Ziel zu gelangen, vergewaltigen sie die arabische Sprache, negieren Sachverhalte und berufen sich nur auf Thesen!
Und das im Namen der Wissenschaft. Mir graut. Und solchen Leuten soll ich dann noch meine Solidarität bekunden?
Also wenn das Ziel sein soll, dass der Koran nach objektiven und wissenschaftlichen Kriterien untersucht werden soll, dann müssen unseriöse Arbeiten auch angeprangert werden dürfen und nicht mit dem Verweis auf die Todesfatwa gegen Rushdie
schöngeredet werden.
Salam
Salam, Beate,
nochmal: ich will hier keinesfalls Kalischs oder Luxembergs oder Ohligs wissenschaftliche Thesen verteidigen, das ist DEREN akademischer Disput. Und wenn man was dagegen hat, dann kann man sich an diesem Disput auch beteiligen.
Ich glaube auch an die Wissenschaftlichkeit der Geisteswissenschaften, und da lautet die Regel, dass sich falsche Thesen durch Thesen, die anschlußfähiger sind, sowieso erledigen. Wenn ich aus meiner Praxis als Wissenschaftslektorin mal aus dem Nähkästchen plaudern darf, dann überlebt nur ungefähr ein Zehntel von "Forschungsergebnissen" die Überprüfung durch die nächste Generation.
Also nochmal: Für die INHALTE von Kalischs Arbeit sehe ich keine Notwendigkeit zur Solidarität.
Aber hier ist eben passiert, was Du - unbewußt - auch so benannt hast: er wird ANGEPRANGERT (Du weißt sicher, was anprangern bedeutet, oder? Und Du willst die Erlaubnis dazu haben, einen Menschen anzuprangern, und ich will nicht, dass ein Mensch angeprangert wird, denn danach ist er erledigt).
Die wie auch immer berechtigte Kritik hat durch die unüberlegten Handlungen der Verbände und durch die aufgeheizte Stimmung durch persönliche Querelen zwischen Kalisch und seiner Assistentin eine Dimension erreicht, die halt gefährlich ist. Sie haben es durch ihre unüberlegten Handlungen, dieses "wir wollen aber anprangern dürfen" geschafft, dass ein Mensch für seine persönliche und wissenschaftliche Meinung zum Schutz seines Lebens Begleitschutz benötigt. Ist Dir das egal?
Und, wenn ich an die Morde an Theo van Gogh, an die Rushdie-Fatwa, an diesen ägyptischen Professor, der zwangsgeschieden wurde, etc. denke, (und nein, mit denen stimme ich auch nicht inhaltlich überein, jedenfalls nicht, dass ich wüßte), dann werde ich wirklich wütend, wenn Du mir hier vorwirfst, ich würde irgendwas "schönreden". DU redest m.E. etwas schön, wenn Du meinst, dass dieses Affentheater der Verbände irgendetwas mit "berechtigter Anprangerung von Minderheitenmeinungen durch die Mehrheit" zu tun hat.
Soweit ich das hier sehen kann, sind alle im Thread Schreibenden der Meinung, dass das so jedenfalls nicht hätte passieren dürfen. Und ich bin dann der Meinung, dass dann die Konsequenzen daraus eben Solidarität erfordern, selbst wenn man damit eine Meinung schützt, die sich nicht mit der eigenen deckt.
Anders gefragt: können alle, die sich aus dem Grund nicht mit Kalisch solidarisieren, weil sich andere mit ihm solidarisieren, die man nicht mag, ihre Hände in Unschuld waschen, wenn Kalisch tatsächlich etwas passieren sollte? (Also etwas, was über die Unmöglichmachung seiner Arbeit, wie es jetzt schon geschehen ist, hinausgeht?).
Kann man sich einfach hinsetzen und sagen, ach, die Welt ist groß, irgendwo wird der schon wieder Arbeit finden (mit seiner Minderheitenmeinung)?
Und es gibt hier noch einen anderen Denkfehler: Mein Mittelalterprof, der annimmt, dass das Mittelalter nicht existiert, hat auch Lehrer für mittelalterliche Geschichte ausgebildet. Und das gut (er galt an der TU trotz seiner seltsamen Ansichten als Koryphäe, und das zurecht).
Wie geht das? Wie kann man denn etwas lernen von jemanden, der so häretische Ansichten hat? Ach ja, weil Studierende genau durch so etwas zum eigenen Forschen und Erkennen und sich selbst ein Bild machen.
Gerade ein Wissenschaftler mit einer Minderheitenmeinung garantiert - so meine Erfahrung, und da war mein Geschichtsprof nicht der einzige - dass auch andere, neue, ungewöhnliche Gedanken von den Studierenden ernst genommen werden.
Hier hingegen höre ich raus, dass die meisten am liebsten einen so verkrusteten und dogmatischen Lehrstil pflegen würden, wie es die katholischen Universitäten haben.

Und ja: ich wäre auch dafür, dass sich irgendein toller, gebildeter, weltoffener, trotzdem mehrheitenfähiger Professor für den Lehrstuhl finden ließe. Ist aber offensichtlich nicht so, dass es den hier gibt.
Und es glaubt ja wohl niemand von Euch, irgendein Parteigenehmer Funktionär der Verbände würde die Stelle angenehmer ausfüllen...
LG
Vera