männliche Reformer

Verschiedene Richtungen im Islam. Theologische Konzepte. Forschung (für Gäste lesbar)
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Jasinah
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Re: männliche Reformer

Beitrag von Jasinah »

Beate hat geschrieben:
Jasinah hat geschrieben:Salam,
Ramadan ist ein Reformer, ob euch das passt oder nicht! Wer legt denn fest, wann jemand als Reformer gilt oder nicht, ihr etwa?
Nein. Unter Reformislam versteht man die historisch-kritische Koranexegese. Das bedeutet, dass der Koran nur aus seinem historisch-gesellschaftlichen Kontext heraus verstanden werden kann und es bedeutet, dass die Regelungen des Korans nur für die die Zeit der Offenbarung Gültigkeit hatten.
Der große Unterschied zur orthodoxen Auslegung liegt darin, dass man sich mit den Inhalten der Regelungen beschäftigt, und nicht mit ihrer Form.
Ramadan hat einen historischen Ansatz, auch wenn dieser nicht mit dem historisch-kritischen Ansatz z.B. von Neuwirth vollkommen gleichzusetzen ist (zum Glück). Er versucht gerade den Grund, hinter den Geboten und Verboten zu sehen und zwischen Form und Inhalt zu unterscheiden. Dies betrifft nicht die Glaubensgrundsätze, aber alle sozialen, gesellschaftlichen Angelegenheiten.
LG Jasinah
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marion
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Re: männliche Reformer

Beitrag von marion »

@Beate

ja
aber er hat die Bibel nicht in einen historischen Kontext gestellt. Ich versteh nicht ganz wer denn festlegt wer nun als Reformer zu sehen ist und wer nicht.
Reformen können ja auch kleine Schritte bedeuten oder?
Psalm 95:6 Kommt, laßt uns anbeten und uns neigen, laßt uns niederknien vor dem HERRN, der uns gemacht hat!

Die Auslegung der Schrift ist nicht in erster Linie abhängig von der Theologie, sondern vom Charakter. (Hans Peter Royer)
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Beate
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Re: männliche Reformer

Beitrag von Beate »

Reformislam ist aber nun schon ein definierter Begriff. Als Reformer in diesem Sinne gelten alle, die im Koran einen historischen Text sehen und kein allgemeingültiges Gesetzbuch. Und Tariq Ramadan gehört nicht dazu.
Sure 18
[103] Sprich: "Sollen Wir euch die nennen, die bezüglich ihrer Werke die größten Verlierer sind?
[104] "Das sind die, deren Eifer im irdischen Leben in die Irre ging, während sie meinen, sie täten gar etwas Gutes."
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jalees
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Re: männliche Reformer

Beitrag von jalees »

marion hat geschrieben:Wer legt sowas fest?
Martin Luther, zB, hat ja auch nicht die Bibel auch nicht neu interpretiert. Er machte sie durch seine Übersetzung nur dem Volk zugänglich. Ansonsten hat er ja nur die Regeln der Kirche angeprangert....
Es geht bei einer Re-Form doch darum, dass man die "Form" oder "Gestalt" grundlegend veraendert. Luthers "Anprangern" der Regeln hat doch zu einer grundlegenden Umgestaltung der Kirche, des Klerus und auch der Ausuebung der Religion gefuehrt. Wenn Luther z.B. nur ueber einige Regeln gemeckert und einige Erneuerungen verlangt haette, wuerden wir ihn doch kaum als Reformer sehen. Wenn man den Begriff Reformer fuer den Islam und Koran verwendet, dann wird er meistens fuer DenkerInnen verwendet, die die traditionellen Herangehensweisen in Frage stellen und ganz neue Wege einschlagen wollen. Wenn jemand aber z.B. nur ein bisschen modernisieren moechte (d.h. die grundlegenden Aspekte der Tradition beibehalten) ist das keine Islam-Reform.

Ramadan ist daher wahrscheinlich kein Islam-Reformer, weil er die traditionellen Sichtweisen ueber den Koran und die Glaubensausuebung nicht aendern moechte, aber ich glaube schon, dass er ein Sozialreformer ist. Er will die moderne muslimische Gesellschaft und das Miteinanderleben zwischen Muslimen und Nichtmuslimen reformieren.
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Beate
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Re: männliche Reformer

Beitrag von Beate »

Tariq Ramadan drückt sich auch sehr gerne vor der Antwort. Er spricht auch gerne von der individuellen Freiheit. Aber klare Aussagen macht er ungern. Und wenn es gelingt, ihm doch mal ein Statement abzuringen, dann vertritt er ganz klar die traditionellen Positionen. So lehnt er es z.B. ab, dass Frauen ein Gemeinschaftsgebet leiten. Er will auch nicht am Erbrecht rütteln, sondern eine eventuell daraus resultierende finanzielle Notlage von Frauen durch Hilfszahlungen ausgleichen etc.
Sure 18
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jalees
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Re: männliche Reformer

Beitrag von jalees »

Beate hat geschrieben:Tariq Ramadan drückt sich auch sehr gerne vor der Antwort. Er spricht auch gerne von der individuellen Freiheit. Aber klare Aussagen macht er ungern. Aber wenn es gelingt, ihm doch mal ein Statement abzuringen, dann vertritt er ganz klar die traditionellen Positionen. So lehnt er es z.B. ab, dass Frauen ein Gemeinschaftsgebet leiten. Er will auch nicht am Erbrecht rütteln, sondern eine eventuell daraus resultierende finanzielle Notlage von Frauen durch Hilfszahlungen ausgleichen.
Ich habe letztes Jahr an einer "round table discussion" mit ihm teilgenommen und hatte urspruenglich vor ihn zu zwingen, klare Positionen zu beziehen. Als die Gespraechsrunde anfing, fiel es mir aber sehr schwierig, weil er immer so vage Antworten von sich gab. Er hatte auch so ein charmantes Laecheln, sprach Englisch mit einem netten franzoesischen Akzent und war ueberaus freundlich, so dass ich gar nicht so bissig sein konnte, wie ich es vorgehabt hatte. Er hat aber in seinen Antworten das Konzept "adapt" und nicht "reform" benutzt. Ich glaube, dass er sich selber auch gar nicht als Reformer sieht.
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Re: männliche Reformer

Beitrag von Beate »

ja, seine zwei großen Thesen sind, dass man sich ans Gesetz halten soll (wow, das haut mich jetzt vom Stuhl :roll: ) und dass der Muslim selbst entscheiden soll, welche Kompromisse er eingehen will. Das sollen jetzt Reformgedanken sein? Also unter einer Reform stelle ich mir etwas anderes vor.
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Re: männliche Reformer

Beitrag von Vitoria »

Kann denn ein Nicht-Theologe von vornherein überhaupt als Reformer einer Religion betrachtet werden? (Oder hat Ramadan doch islamische Theologie studiert, und mir ist das entgangen?)
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Re: männliche Reformer

Beitrag von Beate »

man muss kein diplomierter Theologe sein, um bei der Interpretation des Korans neue Wege zu gehen.

Noch eins zu Tariq Ramadan: er macht auch gerne den Westen verantwortlich.
Ich schaue gerade ein Interview mit ihm an (auf Französisch) und da kommt er so richtig ins Straucheln. Es wird nach dem Burka-Verbot gefragt und schwenkt dann ziemlich schnell auf die Schiene Europa diskriminiert die Frauen um, dann konfrontiert ihn die Moderation damit, dass der Gesichtsschleier bei der Pilgerfahrt verboten ist und da weiß er dann gar nicht so richtig, was er sagen soll.
Er windet sich immer sehr geschickt und weicht permanent aus.
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Re: männliche Reformer

Beitrag von jalees »

Vitoria hat geschrieben:Kann denn ein Nicht-Theologe von vornherein überhaupt als Reformer einer Religion betrachtet werden? (Oder hat Ramadan doch islamische Theologie studiert, und mir ist das entgangen?)
Ich glaube, dass er Literatur und Philosophie studiert hat, aber im Bereich Islamwissenschaft / Arabistik promoviert hat. Er haette eigentlich schon ausreichende Kenntnisse der Islamwissenschaft und Theologie, wenn er "reformieren" wollte. Arkoun hat ja auch Literatur und Philosophie studiert, ist aber meiner Ansicht nach ein bedeutender Islam-Reformer gewesen (obwohl er kein Theologe war).
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Re: männliche Reformer

Beitrag von Jasinah »

na dann seid ihr euch ja wieder mal einig und ich kann schlafen gehen... ;)
Im übrigen ist der Koran kein Gesetzbuch liebe Beate, sondern er enthält ledigilich diverse Verse aus denen die Scharia abgeleitet wird. Welche im übrigen nur einen sehr kleinen Teil des Korans ausmachen.
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Re: männliche Reformer

Beitrag von Beate »

das sagst du mir?
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Re: männliche Reformer

Beitrag von Jasinah »

wundert mich auch, dass ich dir das sagen muß... ;)
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Re: männliche Reformer

Beitrag von Beate »

da musst du irgendetwas falsch verstanden haben. Die Konservativen sehen in dem Koran ein Gesetzbuch, nicht die Reformer, zu denen ich mich zähle.
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Re: männliche Reformer

Beitrag von malaika »

jalees hat geschrieben: Wenn man den Begriff Reformer fuer den Islam und Koran verwendet, dann wird er meistens fuer DenkerInnen verwendet, die die traditionellen Herangehensweisen in Frage stellen und ganz neue Wege einschlagen wollen.

Wenn jemand aber z.B. nur ein bisschen modernisieren moechte (d.h. die grundlegenden Aspekte der Tradition beibehalten) ist das keine Islam-Reform.

Ramadan ist daher wahrscheinlich kein Islam-Reformer, weil er die traditionellen Sichtweisen ueber den Koran und die Glaubensausuebung nicht aendern moechte, aber ich glaube schon, dass er ein Sozialreformer ist. Er will die moderne muslimische Gesellschaft und das Miteinanderleben zwischen Muslimen und Nichtmuslimen reformieren.
Das finde ich eine gute Definition. :)

Vielleicht wirkt Ramadan im Vergleich zu ultra-orthodoxen Gelehrten, die ja immer mehr die Szene dominieren, "reformerisch". Aber Tatsache ist doch, dass er in den meisten Fragen an den traditionellen Interpretationen festhält; und das ist nun mal keine Reform.
:confused:

Das scheint mir etwas zu schwarz-weiß-gemalt. ich denke, man kann durchaus differenzieren; immerhin heißt dieser Bereich IslamWISSENSCHAFT...
Was genau findest du an meiner Aussage zu schwarz-weiß?

Reform – egal in welchem Bereich – bedeutet nun mal in den meisten Fällen, dass man die Positionen von Vertretern konservativer und traditioneller Sichtweisen öffentlich in Frage stellt und auch den Konflikt nicht scheut. Wie soll sich denn sonst etwas ändern?

Wenn jemand Reformer ist, heißt das ja noch lange nicht, daß alles toll ist, was er macht - wie eben auch, wenn jemand konservativ ist, nicht ALLES blöd sein muß was er (oder sie) macht.
Das habe ich auch nirgendwo behauptet. :|
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