Psychische Auswirkungen des Fastens

Wie der Forentitel schon sagt: bringt hier alle eure Gedanken/Ideen rund um Ramadan u.a. Feste an: Bastelideen, Rituale um die Feste zu gestalten auch juristische Fragen zum Ramadan etc.
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sadiqa
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Psychische Auswirkungen des Fastens

Beitrag von sadiqa » Di 17. Aug 2010, 22:56

Ich habe eine Frage zu einem ganz anderen Thema: wie geht ihr mit psychischen Auswirkungen des Fastens um?
Ich faste zum ersten Mal und hatte in den ersten Tagen das Gefühl: Essen - ok, kein Problem, Trinken - anstrengend, aber zu ertragen. Was mir aber vom ersten Tag an passiert ist, ist, dass ich ab irgendeinem Zeitpunkt am Tag völlig neben mir stehe und depressiv reagiere. Gestern ging dann gar nichts mehr, ich habe den Tag praktisch durchgeheult, ohne es stoppen zu können und nachmittags dann abgebrochen und getrunken (hat geholfen - natürlich habe ich mich gefragt: hauptsächlich Dehydrierung? Aber meine Reaktion verunsichert mich und ich habe noch die halbe Nacht gebraucht, um aus der Stimmung wieder rauszukommen.)
Heute habe ich nicht gefastet, möchte es aber morgen wieder versuchen (evtl. "light" - also notfalls trinken), frage mich aber im Moment schon, ob die Reaktion wiederkommt und was ich damit mache.
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Re: Wie gehts euch?

Beitrag von Hayat_Intisar » Mi 18. Aug 2010, 08:05

sadiqa hat geschrieben:Ich habe eine Frage zu einem ganz anderen Thema: wie geht ihr mit psychischen Auswirkungen des Fastens um?
Ich faste zum ersten Mal und hatte in den ersten Tagen das Gefühl: Essen - ok, kein Problem, Trinken - anstrengend, aber zu ertragen. Was mir aber vom ersten Tag an passiert ist, ist, dass ich ab irgendeinem Zeitpunkt am Tag völlig neben mir stehe und depressiv reagiere. Gestern ging dann gar nichts mehr, ich habe den Tag praktisch durchgeheult, ohne es stoppen zu können und nachmittags dann abgebrochen und getrunken (hat geholfen - natürlich habe ich mich gefragt: hauptsächlich Dehydrierung? Aber meine Reaktion verunsichert mich und ich habe noch die halbe Nacht gebraucht, um aus der Stimmung wieder rauszukommen.)
Heute habe ich nicht gefastet, möchte es aber morgen wieder versuchen (evtl. "light" - also notfalls trinken), frage mich aber im Moment schon, ob die Reaktion wiederkommt und was ich damit mache.
Kenne ich persönlich so nicht.
Was ich mir jedoch vorstellen könnte, ist, dass man durch das Fasten auch offener wird für seine Gefühle, und sein sie noch so tiefliegend.
Nicht umsonst haben nordamerikanische Indianer auch tagelang gefastet (ja, auch nichts getrunken), wenn sie auf Visionssuche gegangen sind. Da werden ungeahnte Schichten geöffnet.

Ich weiß nicht, ob das in deinem Fall zutrifft, war nur so ein Gedanke von mir.

Aber interessant ist vielleicht auch, dass ich, wenn ich depressiv war, nie gefastet habe, und das Recht nehme ich mir auch immer noch.
Schlicht und einfach, weil ich da mental nicht in der Lage zu bin, obwohl mir das Fasten, selbst an so langen Tagen normalerweise überhaupt nichts ausmacht, jedenfalls vom Körperlichen her.
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Re: Wie gehts euch?

Beitrag von Hayat_Intisar » Mi 18. Aug 2010, 08:06

Ach ja, und wenn sich die "Nieren melden" oder man depressive Schübe bekommt, dann ist ja wohl klar, dass man dann jedes Recht und sogar die Pflicht hat, das Fasten zu unterbrechen.
Wir dürfen und sollen uns ja nicht durch das Fasten schädigen.
ummmohammed

Re: Psychische Auswirkungen des Fastens

Beitrag von ummmohammed » Mi 18. Aug 2010, 11:47

ich kann nur sagen, das beim fasten viel im kopf passiert, ständig auf die uhr gucken, die , naja , ich nenn es spannung, ob man es scafft, ob vielleicht doch irgendwas im körper"spinnt" macht es total schwer,...vielleicht ist sowas in deinem unterbeswusstsein passiert, so oder ähnlich, oh man,...glaub mein gehirn ist schon vertrocknet, versteht ihr was ich meine??? :oops:
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Re: Psychische Auswirkungen des Fastens

Beitrag von Leila2003 » Mi 18. Aug 2010, 12:50

sadiqa hat geschrieben:Ich habe eine Frage zu einem ganz anderen Thema: wie geht ihr mit psychischen Auswirkungen des Fastens um?
Ich faste zum ersten Mal und hatte in den ersten Tagen das Gefühl: Essen - ok, kein Problem, Trinken - anstrengend, aber zu ertragen. Was mir aber vom ersten Tag an passiert ist, ist, dass ich ab irgendeinem Zeitpunkt am Tag völlig neben mir stehe und depressiv reagiere. Gestern ging dann gar nichts mehr, ich habe den Tag praktisch durchgeheult, ohne es stoppen zu können und nachmittags dann abgebrochen und getrunken (hat geholfen - natürlich habe ich mich gefragt: hauptsächlich Dehydrierung? Aber meine Reaktion verunsichert mich und ich habe noch die halbe Nacht gebraucht, um aus der Stimmung wieder rauszukommen.)
Heute habe ich nicht gefastet, möchte es aber morgen wieder versuchen (evtl. "light" - also notfalls trinken), frage mich aber im Moment schon, ob die Reaktion wiederkommt und was ich damit mache.
Irgendwie kann ich das gut verstehen. Ich faste nicht wegen bestimmter Medikamente,
die ich nehme. Aber diese depressiven Zustände würde ich beim Fasten auch bekommen.
Ich würde dann auch unterbrechen. Es darf nicht an die Gesundheit gehen.

Salam Leila
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Re: Wie gehts euch?

Beitrag von sadiqa » Mi 18. Aug 2010, 22:45

Danke für eure Antworten.
Heute ging es mir auch besser, der Tag Pause hat wahrscheinlich positiv gewirkt.
Hayat_Intisar hat geschrieben:
Was ich mir jedoch vorstellen könnte, ist, dass man durch das Fasten auch offener wird für seine Gefühle, und sein sie noch so tiefliegend.
Diesen Gedanken hatte ich auch relativ bald am Anfang - meine Formulierung war (gegenüber meinem Mann), dass das Fasten einen irgendwie ungeschützt lässt und an der Seele arbeitet. Und das zulassen zu wollen bzw. zu können ist schon eine Aufgabe.
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Re: Psychische Auswirkungen des Fastens

Beitrag von nouar » Mi 18. Aug 2010, 22:57

Ich glaube, das schlimmste ist der Schlafmangel. Danach kommt der Durst. Den Hunger finde ich erträglich.
Der Schlafmangel bewirkt (zumindest bei mir), dass ich den ganzen Tag nichts schaffe und nur rumhänge und auf die Uhr schaue. Dadurch werde ich dann unzufrieden und richtig sauer auf mich selbst. Ich habe diese Woche Urlaub, und alles, was ich während dieser Zeit dringend hätte erledigen müssen, bleibt liegen. Dann nehme ich mir vor "morgen reißt du dich zusammen!!!" Und am nächsten Tag wieder das gleiche. Ist doch eigentlich logisch, dass man irgendwann durchdreht. Wochenlanger Schlafmangel macht depressiv, so einfach.
Will gar nicht dran denken, dass ich bald in dem Zustand arbeiten muss.
Wa Alaykum Assalam أمل
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Re: Psychische Auswirkungen des Fastens

Beitrag von mona43 » Mi 18. Aug 2010, 23:04

Salam sadiqa,
als ich dein Posting gelesen habe, war ich so erleichtert. Ich bin nicht alleine :verysad: Mir ging es die letzten Tage auch so. Meine Nerven lagen blank, ich habe mich psychisch so elend gefühlt, krank einfach nur krank. Dann sagte ich mir es ist eine Depression, ich war auch nur unendlich traurig und müde und wollte einfach nicht mehr. Heute hatten wir Handwerker, die den Boden vom Wohnzimmer aufgerissen haben. Ich dachte ich drehe durch. Ehrlich ich habe mich so auf Ramadan gefreut, extra Urlaub genommen und es ist seelisch nur eine Qual. Ich war sogar so weit, mich von meinem Mann zu trennen, einfach so, weil ich ja keine gute Frau bin. Ich habe mir jetzt Johanniskraut gekauft und hoffe, daß es damit besser wird. Aber dieses Mal ist es echt schwer.
Fazit ich bin dankbar, daß ich nicht die Einzige bin, der es so geht. Danke sadiqa :lol:
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Re: Psychische Auswirkungen des Fastens

Beitrag von sadiqa » Mi 18. Aug 2010, 23:22

Salam, Mona,
du beschreibst genau das gleiche, was mir die ganze Zeit über passiert :verysad:
Und ich hatte mich auch gefreut - der erste Ramadan, in dem ich faste - ich habe am Tag vorher hier noch das ganze Haus auf den Kopf gestellt, weil alles irgendwie schön sein sollte - und dann kam der Einbruch. Ich hoffe, dass es dir bald besser geht :knuddel:

Salam, Nouar,
mit dem Schlafmangel und seinen Auswirkungen hast du auch sehr recht. Auch dir liebe Grüsse und hoffentlich leichte Tage :D
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Re: Psychische Auswirkungen des Fastens

Beitrag von marion » Do 19. Aug 2010, 04:52

Griaß enk Leidln!

:lol: Auch ich finde dieses Thema sehr interessant.......

Ich habe den Eindruck, dass man beim Fasten "face to face" zu sich selber steht und da es keine Ablenkung in Form von Nahrungsaufnahme oder Trinken gibt, muss man durch. Meiner Meinung nach ist es viel besser wenn man sich gar nicht ablenkt und auf Fernsehen wie auch auf Radiohören verzichtet. Sicher hat alles seinen Sinn und sich so richtig pur zu erleben, hat schon was erschreckendes an sich. Eines ist jedoch sicher. Der Glaube, dass das Fasten durch Gottes Hilfe getragen wird, hilft einem viel weiter. Also solange keine körperlichen Schwierigkeiten entstehen, scheint mir, dass alles seine Berechtigung hat.

Manchmal darf man auch nichts tun und sich einfach auf sich selbst besinnen :tuedeltue:

Masalama und danke für dieses interessante Thema :top:
LG
Marion
Psalm 95:6 Kommt, laßt uns anbeten und uns neigen, laßt uns niederknien vor dem HERRN, der uns gemacht hat!

Die Auslegung der Schrift ist nicht in erster Linie abhängig von der Theologie, sondern vom Charakter. (Hans Peter Royer)
ummmohammed

Re: Psychische Auswirkungen des Fastens

Beitrag von ummmohammed » Do 19. Aug 2010, 07:07

reinigung für körper und seele meinst du, marion,...ich denke auch.manche haben halt was zu verarbeiten manche nicht einige haben die veranlagung manche nicht, aber ich denke das ist natürlich. mütter werden ja auch nur krank wenn sie zur ruhe kommen...
man denkt schon über andere sachen nach und oft auch anders, wenn man fastet,...
Imzadiline

Re: Psychische Auswirkungen des Fastens

Beitrag von Imzadiline » Do 19. Aug 2010, 10:29

Salam ihr Lieben,

aber wenn depressive Stimmungen am ersten Tag gekommen sind, würde ich mal tippen, das das eigentlich gar ncihts mit dem Fasten zu tun hat. Denn der Körper hat sich da noch gar nich umgestellt :-) Vielleicht eher euine hormonsache. mal ehrlich: Haben wir nicht manchmal einfach tage, an denen wir völlig irrational und komisch sind? Ihc habe manchmal das Gefühkl, ich kann mich dabei beobachten,w ie cih völlig unlogisch und emotional reagiere, obwohl ich mich innerjhlcih ga rnicht mal bewußt so fühle oder ohne das ich etwas ändern könnte. Ich glaub, Frauen verstehen sich manchmal selbst nicht. :diva:
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Claudia
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Re: Wie gehts euch?

Beitrag von Claudia » Do 19. Aug 2010, 11:10

Hayat_Intisar hat geschrieben:Ach ja, und wenn sich die "Nieren melden" oder man depressive Schübe bekommt, dann ist ja wohl klar, dass man dann jedes Recht und sogar die Pflicht hat, das Fasten zu unterbrechen.
Wir dürfen und sollen uns ja nicht durch das Fasten schädigen.
Leila2003 hat geschrieben: Irgendwie kann ich das gut verstehen. Ich faste nicht wegen bestimmter Medikamente,
die ich nehme. Aber diese depressiven Zustände würde ich beim Fasten auch bekommen.
Ich würde dann auch unterbrechen. Es darf nicht an die Gesundheit gehen.
Salam Leila
Salam aleikum,

Depressionen (ich meine nicht gelegentliche Verstimmungen, die jeder mal hat) sind in Europa eine anerkannte Krankheit. Von den wenigen Muslimen, die ich kenne, höre ich nur, dass sie von Satan kommen. Auch Psychotherapie scheint recht verpönt zu sein. Zwar sagt mir mein Verstand (auf den wir ja hören sollen), dass es richtig wäre, bei dieser chronischen Krankheit nur bedingt zu fasten, aber einen muslimischen Arzt zu finden, der das auch so sieht, dürfte schwierig sein. Hat da jemand Erfahrung?
Wir haben ja den Menschen erschaffen und wissen, was (alles ihm) seine
Seele einflüstert, und Wir sind ihm doch näher als seine Halsschlagader.
50:16
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Re: Psychische Auswirkungen des Fastens

Beitrag von Judy » Do 19. Aug 2010, 11:14

Salam,

ein muslimischer Arzt wird Dir auch raten dann nicht zu fasten. Ich spreche aus Erfahrung mit meinem Exmann. Jeder muslimische Psychiater hat ihm abgeraten. Gefastet hat er natürlich trotzdem :roll:

Und nein, nein, nein, psychische Erkrankungen kommen nicht vom Schaitan :boese:
Wa aleikom salam, Judy :cheer:

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"Wir sind alle bestimmt zu leuchten, wie es die Kinder tun." Nelson Mandela
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Re: Wie gehts euch?

Beitrag von Hayat_Intisar » Do 19. Aug 2010, 11:28

Claudia hat geschrieben: Zwar sagt mir mein Verstand (auf den wir ja hören sollen), dass es richtig wäre, bei dieser chronischen Krankheit nur bedingt zu fasten, aber einen muslimischen Arzt zu finden, der das auch so sieht, dürfte schwierig sein. Hat da jemand Erfahrung?
Ähm, aber niemand braucht doch in dem Fall einen "Freifahrtschein" durch einen Arzt.
Wenn ich z.B. Depressionen habe, dann habe ich sie. Wenn ich selber bemerke, dass es mir in dem Fall durch Fasten psychisch schlechter geht, dann lasse ich es einfach.
Egal, ob mir jemand das bestätigt, dass ich das darf oder nicht.
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