Guten Morgen, Rabia,
ich weiß nicht, ob du mich nicht verstehen kannst oder willst, aber wir reden auf jeden Fall die ganze Zeit aneinander vorbei. Ich versuche noch ein letztes Mal, klarzumachen, worum es mir geht.
Also –
Es ist keineswegs so, dass ich es "falsch" finde, wenn Frauen im Hausfrau- und Mutterdasein ihre Erfüllung finden. Ganz und gar nicht! Darüber haben wir hier doch wirklich schon oft genug diskutiert. Daher verstehe ich nicht, wieso du immer wieder darauf hinweist, dass das für viele Frauen eben genau das Richtige sei, dass du selber darin total aufgegangen bist und wie glücklich deine Kinder darüber waren etc. pp.
Es geht – wie Dilara weiter unten auch geschrieben hat – um Frauen, die sich in diese Rolle reinquetschen lassen, obwohl sie eigentlich gar nicht ihrem Naturell entspricht.
We try to follow the traditional Muslim roles: I’m foremost a housewife and mother, while he goes out to work. I used to dream of having a successful career as a psychologist, but now it’s not something I desire.
“Becoming a Muslim certainly wasn’t an easy way out. This life can sometimes feel like a prison, with so many rules and restrictions, but we believe that we will be rewarded in the afterlife.”
Wir sind alle unterschiedlich, jeder Mensch hat unterschiedliche Bedürfnisse, Talente, Gaben mitbekommen. Je mehr die tatsächliche Lebensweise mit diesen übereinstimmt, desto harmonischer ist das Leben – für die Person selber, aber auch für alle anderen drumherum, wie z.B. die Kinder. Wenn aber ein Mensch sich selber verleugnet, nicht seinem Innersten folgt, weil ihm von außen eingetrichtert wird, dass das falsch sei und Gott es anders es wolle, dann ist das durchaus ein Problem. Und darum geht es hier.
Rabia hat geschrieben:Aber vielleicht sehe ich die Ansichten anderer generell etwas gelassener?
Warum liest du Texte von Männern, wenn du von vorne herein doch weißt, dass sie dich nur furchtbar ärgern???
Ich versuche ausbalanciert zu lesen, dann ärgere ich mich auch nicht.
Es geht doch nicht um mich. Dass ich sowas nicht ernst nehme, ist doch sonnenklar. Es gibt aber viele, viele Menschen, deren Gottesbild von Angst und Autoritätsglauben geprägt ist und die sich dann völlig verbiegen, um gewissen Ansprüchen zu entsprechen, die sich selber verleugnen, weil sie glauben, Gott wolle das so.
Niemand muss sie lesen.- ich lese sie nur wohl dosiert als Gegengewicht zum Unfug der derzeitigen Politik.-
Nochmal:
Es geht nicht um dich oder mich oder die Meinung deutscher Politiker, es geht nicht um Leute, die die Gelehrten nicht ernst nehmen, wenn sie darin keine Logik oder Weisheit erkennen.
Es geht um die vielen Menschen – in diesem Falle Frauen – die sich nicht trauen, sich eigene Gedanken zu machen und sich ganz genau daran halten, was die Gelehrten sagen. Und die Mainstream-Gelehrten im Islam sagen nun mal, dass eine Frau in erster Linie für das Mutter- und Hausfrauendasein geschaffen sei und jeder andere Lebensentwurf eine Ausnahme, eine Abweichung, weniger wichtig, weniger gottgefällig sei.
Vielleicht haben sie dort genau das gefunden, was sie gesucht haben? Nämlich eine andere (altmodische?, erfüllte?, intensive?) Art des Lebens. Wir wissen es nicht, aber es ist ihr Leben und auch sie dürfen es so leben, wie es ihnen gefällt.
Es gefällt aber nicht allen, und genau das ist der Punkt. Siehe das Zitat aus dem Artikel weiter oben.
DU meinst, dass dies falsch ist und die dahinter stehende Interpretation von Qur'an und Ahadith reaktionär und zweifelhaft ist.
Der Punkt ist ja, dass sich im Qur'an überhaupt nichts dazu findet. Der Qur'an schreibt keine bestimmte Rolle für Frauen vor und sagt auch nicht, dass sie Kinder bekommen
müssen oder besser nicht arbeiten gehen sollten. Es wird sogar darauf hingewiesen, dass nichts Falsches daran sei, ein Kind von einer Amme stillen zu lassen! Du besitzt doch auch Amina Waduds Buch – sie hat zu dem Thema einen recht klugen Abschnitt geschrieben. Und wenn wir uns die islamische Geschichte anschauen, so finden wir dort keinen Hinweis darauf, dass die Frauen um den Propheten nur Hausfrauen und Mütter waren. Ganz im Gegenteil!
Die Ausführungen der Gelehrten, die behaupten, Frauen dürften nur im Ausnahmefall, wenn "es notwendig sei" arbeiten gehen und sollten in erster Linie ein Hausfrauen- und Mutterdasein anstreben, nehmen in den seltensten Fällen überhaupt Bezug auf islamische Quellen.
Stattdessen findet man immer ganz viel Blabla über die angebliche "Natur" der Frau. Sie ist sanftmütig, geduldig, "von unwillkürlichen Emotionen geleitet", weniger rational, verletztlich, viel geeigneter, Liebe zu geben etc. pp. Der Mann hingegen ist "besser in der Lage, Entscheidungen zu treffen und den täglichen Kampf in der Außenwelt durchzustehen", er ist dafür gemacht, Geld zu verdienen, die Frau zu "beschützen" und so weiter. Dazu finden sich hier im Forum auch viele Zitate in den entsprechenden Diskussionen.
Und das stimmt eben so nicht! Hier wird von Männern, die oft in patriarchalischen Gesellschaften aufgewachsen sind, wüst stereotypisiert, und diese Stereotypisierung wird dann als Religion verkauft. Analysiert man diese Aussagen mal etwas genauer, merkt man, dass sie nicht nur frauenfeindlich, sondern auch einfach falsch, unlogisch, von persönlichen Vorurteilen und Erfahrungen geprägt sind.
Das brauchst du ja auch auch nicht. Aber akzeptiere, dass andere Menschen (Frauen) das anders sehen. Auf mich persönlich hat dieser Satz zu 100% zugetroffen. (Ich habe ihn allerdings nicht gekannt)
Wir sollten alle lernen, die Verschiedenheit der Menschen als von Gott gegeben zu akzeptieren und seine Größe in unserer Unterschiedlichkeit erkennen.-
Ich weiß nicht, wie oft ich es in diesem Forum und auch in diesem Thread bereits gesagt habe –
Ich akzeptiere jedes Lebesmodell, mit dem ein Mensch individuell glücklich ist. Allmählich beschleicht mich aber das Gefühl, dass das umgekehrt nicht der Fall ist. Und ich verstehe auch nicht, warum du mir dauernd unterstellst, ich täte das nicht.
Meine kleine Schwester ist übrigens, trotz Studium und Ausbildung, Hausfrau und Mutter, und ich käme nicht im Traum auf die Idee, das zu hinterfragen oder kritisieren, weil sie einfach ein ganz anderer Typ ist als ich und es für sie das Richtige ist.
Die Verschiedenheit der Menschen, die du hier immer wieder erwähnst, das Recht auf individuelle Entscheidungsfreiheit, persönliche Entfaltung, Glück, wird den Frauen genommen, wenn religiöse Autoritäten behaupten, es gäbe nur einen einzigen gottgefälligen Lebensentwurf. Das beobachte ich mit Besorgnis, hier in Ägypten, aber eben auch bei vielen Konvertitinnen. Und darum ging es zu Beginn dieses Threads.