Hallo noebaum,
Du hast in Deinem letzten Beitrag drei verschiedene Themen angesprochen, die ich peu à peu und der besseren Übersichtlichkeit wegen in drei einzelnen Beiträgen versuchen werde zu beantworten. Ich fange mit dem letzten an:
noebaum hat geschrieben:
Thomas von Aquin hat Gottesbeweise gesucht und gefunden. Dawkins hat diese zu widerlegen versucht was ihm aber nicht gelungen ist.
Sieht so aus; allerdings hat Thomas auch nicht nach Gottes"beweisen" gesucht und sie noch weniger gefunden.
Thomas von Aquin spricht nicht von „Beweisen“, sondern von Erkenntnis, und er wird gewusst haben, warum. Es geht nämlich bei seinen fünf „Beweisen“ um auf philosophischem Weg gewonnene Erkenntnisse, nicht um zwingende (naturwissenschaftliche) Beweise.
noebaum hat geschrieben:
Jede Bewegung (oder Gegenstand) hat als Ursache eine Bewegung. Man kann die Ursache immer weiter in die Vergangenheit verfolgen. Irgendwann muss es eine Ursache geben die bewegt, aber selbst nicht bewegt wird.
Dieser Gedankengang samt Resultat war schon zur Zeit Thomas’ nichts Neues, er stammt von Aristoteles und endet beim „unbewegten Beweger“. Womit ich zu einer wesentlichen Feststellung komme: Thomas’ „Beweis“ ist, wie gesagt – und sein Rückgriff auf Aristoteles bezeugt es – eine rein philosophische Übung mit altbekanntem Ergebnis (wobei Aristoteles übrigens nicht an eine zeitliche Abfolge dachte, wenn ich mich recht entsinne). Zu diesem ersten wie den vier weiteren der „Gottesbeweise“ des Thomas von Aquin schreibt Jörg Disse (Kleine Geschichte der abendländischen Metaphysik, 2001, S. 161):
„Insgesamt gesehen stehen Thomas’ Gottesbeweise vor allem deshalb in einem Spannungsverhältnis zu unserem heutigen Denken, weil sie nur dann schlüssig sind, wenn man gewisse Prinzipien als unmittelbar einleuchtend, gewisse Axiome als unmittelbar wahr annimmt, etwa dass die Reihe der Ursachen nicht ins Unendliche gehen kann, oder dass jede Zielgerichtetheit notwendig eine vernünftige Absicht voraussetzt. Die heutige Naturwissenschaft aber arbeitet im Prinzip völlig ohne derartige Grundprinzipien. Sie entschließt sich einfach für dasjenige theoretische Modell, das die meisten Fakten zu erklären vermag. (…) Die Tatsache, dass die gegenwärtige Naturwissenschaft nicht mehr mit unmittelbar einsichtigen Axiomen als der notwendigen Grundlage aller Erkenntnis arbeitet und trotzdem sehr erfolgreich ist, bereitet vielleicht die größte Schwierigkeit in Bezug auf eine positive Rezeption von Thomas’ Gottesbeweisen heute.“
Womit wir bei Dawkins sind:
noebaum hat geschrieben:
Dawkins meint, dass es keinen Grund gibt dass ein Gott gegen Regression immun ist.
Dawkins ist Biologe, also Naturwissenschaftler, und hat mit Philosophie anscheinend nicht allzu viel am Hut. Er hat sich also vom modernen naturwissenschaftlichen Standpunkt aus gegen ein antikes bzw. mittelalterliches philosophisches Argument gewandt.
noebaum hat geschrieben:
Und dann schweift Dawkins vom Thema ab und meint dass die Allmacht und Allwissenheit Gottes ein Widerspruch sind.
Ja, das kommt etwas überraschend. Aber er schweift damit nicht vom Thema ab, sondern lässt lediglich einen verbindenden Gedanken aus, der ungefähr so lautet: 'Mit dem Nachweis der Existenz einer außerirdischen höheren Macht, wenn es denn einer ist, ist noch gar nichts über die Eigenschaften dieser Macht (worüber Thomas sich schließlich auch auslässt) ausgesagt, und es besteht kein Anlass, sie mit jenen des Christengottes auszustatten.'
Ich hoffe, dass ich bald Zeit für die Themen „Multiversum“ und „Materie“ finde.