Musafira hat geschrieben:Eine Freundin, die 6 Monate lang in Kairo einen Sprachkurs machte, erzaehlte mir, dass sie anfangs immer darauf achtete, nicht zu aufreizend gekleidet zu sein (trug nur langaermelige und lange, weite Blusen etc.) und insgesamt auch ziemlich unsicher war. Das Resultat war, dass sie auf Schritt und Tritt angemacht wurde. Irgendwann hatte sie so die Nase voll davon, dass sie trotz dezenter Kleidung noch immer staendig angemacht wurde und erwarb im Ausverkauf bei Benetton eine enge, kurze Jeansjacke nach dem Motto "jetzt erst recht" (spaeter nannte sie die "meine Panzerjacke)und ging dann auch voller Selbstbewusstsein zur Uni - und siehe da, die Anmache wurde ganz deutlich weniger. Wohl ganz einfach, weil sie viel Selbstsicherheit und so etwas wie "macht mich bloss nicht an" aussstrahlte. Und vorher strahlte sie eher aus "ich bin doch ganz brav".
Das ging mir ganz ähnlich.
Zu Anfang bin ich nur in sackähnlichen Klamotten herumgelaufen und war super-unsicher. Was mich zusätzlich verunsichert hat, waren nicht nur die ständige Anmache, sondern auch die vernichtenden Blicke vieler Frauen. Mir war ständig klar, dass ich aufgrund meines unbedeckten Haares und meines eindeutig europäischen Aussehens von vielen automatisch in die Kategorie "Schlampe" eingeordnet wurde.
Ich habe irgenwann auch gedacht "Wenn ich eh auf Schritt und Tritt angemacht werde, kann ich auch Klamotten anziehen, in denen ich mich wohler fühle als in den Säcken." Und siehe da -- es wurde überhaupt nicht schlimmer, im Gegenteil. Ich hatte auch das Gefühl, dass mein selbstbewussteres Auftreten und das Verschwinden des ständigen "Schamgefühls" da eine Rolle spielte.
Mittlerweile bekomme ich auch seltener von den Frauen diese abwertenden Blicke zugeworfen. Und wenn doch, so reagiere ich nicht mit Schüchternheit, sondern mit Wut, einem vernichtenden Blick oder einem flapsigen Kommentar. Ich fühle mich nämlich nicht mehr "moralisch unterlegen", sondern im Gegenteil, ärgere mich über Leute, die ohne mich zu kennen, glauben, sie seien mir moralisch überlegen.
Pax hat geschrieben:
genau, das sehe ich auch so. Denn es gibt Frauen die die mit KT viel hübscher aussehen als ohne und sich mega aufstylen, dann bringt das KT auch nix mehr...
Auf die habe ich mich gar nicht mal bezogen. Auch wenn Frauen sich in weite Kleider und sehr dezente Kopftücher hüllen, trägt das nicht zu einer Entsexualisierung bei. Denn die Theorie an sich, dass frau sich verhüllen muss, gibt vielen Männern leider eine Art Freifahrtschein, sich nicht zu benehmen. Das Thema hatten wir hier schon oft ... ich glaube, dass, gesamtgesellschaftlich gesprochen, das Kopftuch genau den gegenteiligen Effekt hat als oft beabsichtigt.