Inzwischen ist sogar mein Bruder soweit daß er "mal eben" über 100 km fährt um dann mit einem Achselzucken zu sagen "Was solls, ist für die Familie"

Das stimmt, aber das haette ich jetzt nicht als "Gegenleistung" interpretiert. Sondern das ist genau das, was ich meinte als ich sagte dass die Beziehungen anders sind und das gegenseitige Aushelfen selbstverstaendlich ist. Natuerlich ist es asozial wenn dann jemand nicht mitmacht, weil er einfach zu egoistisch ist. Wenn er nicht kann, ist das was voellig anderes.Musafira hat geschrieben:
Ja, genau, ich habe mit der Zeit auch gelernt, dass sich dort eben keiner "einfach so" um einen kuemmert, sondern immer eine Gegenleistung erwartet. Natuerlich werden dann Geschenke zum Dank zuerst einmal entruestet abgelehnt, aber es ist voellig normal, dass dann jemand vielleicht Monate spaeter mit einer Bitte um Gegenleistung auf einen zukommt - und wenn man diese Bitte ablehnt ist man untendurch.
so pauschal gesagt kann ich dem schon gar nicht zustimmen. Jeder macht seine Erfahrungen, ich habe andere gemacht und zwar tausendfach in Aegypten und Palaestina (wie gesagt, z.T. Faelle in denen Gegenleistung unmoeglich war) und noch viel oefter hier bei uns.adaia hat geschrieben:
Und diese Gegenleistung wird auch nie vergessen. Mein Mann hat dieses Jahr einer Tante einen Gefallen tun können als Gegenzug zu einem Gefallen, den ihm deren Sohn vor 9 Jahren (!) gemacht hat.
Er war total erleichtert, dass er diese "Schuld" endlich los ist. Mir mutet das immer noch merkwürdig an, gerade in einer Familie, weil ich das ganz anders kenne, aber dort wird tatsächlich alles gegeneinander aufgerechnet.
Tja, wie gesagt, ich habe in Deutschland ganz andere Erfahrungen gemacht als du - Erfahrungen sind nunmal subjektiv und abhängig von Ort, Zeit und den Menschen um einen herum.saeeda hat geschrieben: Wer hier bei uns NICHT aufrechnet wird in den allermeisten Faellen ausgenutzt und macht sich zum Deppen. Im Cafe freuen sich dann z.B. die anderen, dass sie Geld sparen weil du fuer sie bezahlst. "Alte Freunde" melden sich wieder wenn sie was brauchen (und nur deshalb). Da hatte ich bei meinen bescheidenen Nahost-Aufenthalten einen anderen Eindruck.
Ja und zwar sehr oft erlebe ich das (OK, Autopanne hatte ich nie und bei Fremden auch noch nie zu essen eingeladen). Das liegt aber nicht am geografischen Umfeld (in meinem Fall) sondern dass mein Freundes- und Bekanntenkreis fast ausschließlich aus Ausländer (teilw. als Erwachsene nach Deutschland gekommen oder 1. Generation) besteht. Die sind alle KEINE Araber, aber süd- und osteuropäisches Ausland.saeeda hat geschrieben:Ja, aber machst Du in Deutschland auch diese Erfahrungen:
- Dass wenn Du zusammen mit anderen einen Kaffee trinken gehst, einer zahlt
- Dass wenn Du auf der Strasse eine Auto-Panne hast, Dir sofort 10 Leute zur Hilfe eilen
- Dass Dich jemand ewig lange durch die Stadt faehrt, nur um Dich nach Hause zu bringen
- Dass wenn Du etwas konkretes suchst, sich 1000 Leute finden werden die bereit sind viiiiel Zeit und Energie zu investieren um es fuer Dich zu finden
- Dass Du von Fremden zum Essen eingeladen wirst, nur weil Du zufaellig gerade vorbei schaust
etc. etc.
Also wenn es das bei Dir im Umfeld in der Mehrheitsgesellschaft gibt, ziehe ich dorthin.
Ja, herrlich, genauso habe ich es schon hundertfach hier erlebt. Gerade abends hängen alle schon völlig ermüdet in ihren Sesseln. Die Gastegeber denken nur: "wann gehen sie endlich?". Sobald die Gäste aufstehen, schreien alle: Nein, bleibt noch!" und eine der Frauen rennt hektisch in die Küche um Kaffee zuzubereiten.Musafira hat geschrieben:Ich habe mich einmal mit einer aegyptischen Freundin zerworfen, weil ich sie angeblich zu lange mit meiner Anwesenheit belaestigt habe, obwohl sie - wie sie spater sagte - furchtbar muede war. Tatsache war, ich hatte sie kurz besucht, um ihr etwas zu bringen. Sie bat mich, mich zu setzen. Jedes mal, wenn ich zum gehen ansetzte, sagte sie, ich solle doch noch bleiben, noch einen Tee trinken. Eigentlich wollte ich nach Hause, wollte lernen und blieb, weil ich dachte, ich tue ihr einen Gefallen. Tatsache war, ich dachte "wann kann ich endlich gehen" und sie dachte "wann geht sie endlich". Aber stattdessen sagte sie aus purer arabischer Hoeflichkeit "bleib doch noch". Das war eine Lehre fuer mich: manches ist einfach nur Hoeflichkeit, aber sie meinen es nicht so. Und die Entruestung, wenn man ein Angebot nicht gleich annimmt ist zunaechst nur gespielt. Es gehoert zum Ritual.
So in der Form ist es natuerlich nur eine nicht ernst gemeinte Hoeflichkeitsformel (die nicht missverstanden werden soll), aber das andere gibt es eben auch.Subrosa hat geschrieben:Ja, herrlich, genauso habe ich es schon hundertfach hier erlebt. Gerade abends hängen alle schon völlig ermüdet in ihren Sesseln. Die Gastegeber denken nur: "wann gehen sie endlich?". Sobald die Gäste aufstehen, schreien alle: Nein, bleibt noch!" und eine der Frauen rennt hektisch in die Küche um Kaffee zuzubereiten.Musafira hat geschrieben:Ich habe mich einmal mit einer aegyptischen Freundin zerworfen, weil ich sie angeblich zu lange mit meiner Anwesenheit belaestigt habe, obwohl sie - wie sie spater sagte - furchtbar muede war. Tatsache war, ich hatte sie kurz besucht, um ihr etwas zu bringen. Sie bat mich, mich zu setzen. Jedes mal, wenn ich zum gehen ansetzte, sagte sie, ich solle doch noch bleiben, noch einen Tee trinken. Eigentlich wollte ich nach Hause, wollte lernen und blieb, weil ich dachte, ich tue ihr einen Gefallen. Tatsache war, ich dachte "wann kann ich endlich gehen" und sie dachte "wann geht sie endlich". Aber stattdessen sagte sie aus purer arabischer Hoeflichkeit "bleib doch noch". Das war eine Lehre fuer mich: manches ist einfach nur Hoeflichkeit, aber sie meinen es nicht so. Und die Entruestung, wenn man ein Angebot nicht gleich annimmt ist zunaechst nur gespielt. Es gehoert zum Ritual.
Auch bei Essenseinladung wird genau abgewägt, ob man den anderen dann auch einladen möchte, denn das ist obligatorisch.
Schoen dass es bei euch so ist! Ja, ich kenne das von meinen auslaendischen Freunden auch so. Von Deutschen auch aber nur von Freunden. und meinem Nachbarn, der vom Mond kommtHiyam hat geschrieben:Ja und zwar sehr oft erlebe ich das (OK, Autopanne hatte ich nie und bei Fremden auch noch nie zu essen eingeladen). Das liegt aber nicht am geografischen Umfeld (in meinem Fall) sondern dass mein Freundes- und Bekanntenkreis fast ausschließlich aus Ausländer (teilw. als Erwachsene nach Deutschland gekommen oder 1. Generation) besteht. Die sind alle KEINE Araber, aber süd- und osteuropäisches Ausland.saeeda hat geschrieben:Ja, aber machst Du in Deutschland auch diese Erfahrungen:
- Dass wenn Du zusammen mit anderen einen Kaffee trinken gehst, einer zahlt
- Dass wenn Du auf der Strasse eine Auto-Panne hast, Dir sofort 10 Leute zur Hilfe eilen
- Dass Dich jemand ewig lange durch die Stadt faehrt, nur um Dich nach Hause zu bringen
- Dass wenn Du etwas konkretes suchst, sich 1000 Leute finden werden die bereit sind viiiiel Zeit und Energie zu investieren um es fuer Dich zu finden
- Dass Du von Fremden zum Essen eingeladen wirst, nur weil Du zufaellig gerade vorbei schaust
etc. etc.
Also wenn es das bei Dir im Umfeld in der Mehrheitsgesellschaft gibt, ziehe ich dorthin.
Das soll nicht heißen, daß alle Osteuropäer so sind wie die Ägypter o.ä. Ich halte es für möglich dass das "wir Ausländer" Gefühl in manchen Situationen einfach überwiegt. "Wir" wollen ja nicht so sein wie die Deutschen, die im Kaffee die Getränke auseinanderrechnen.
Durch Verhalten abgrenzen?
LG
Hiyam
und wie kriegt ihr raus was das Richtige ist? Gibts so landestypische "Geheimsignale"?Subrosa hat geschrieben:
Ja, herrlich, genauso habe ich es schon hundertfach hier erlebt. Gerade abends hängen alle schon völlig ermüdet in ihren Sesseln. Die Gastegeber denken nur: "wann gehen sie endlich?". Sobald die Gäste aufstehen, schreien alle: Nein, bleibt noch!" und eine der Frauen rennt hektisch in die Küche um Kaffee zuzubereiten.
Auch bei Essenseinladung wird genau abgewägt, ob man den anderen dann auch einladen möchte, denn das ist obligatorisch.
Danke das ist ein sehr interessanter Artikel. Das kenn ich auch Frau Hiyam Sie sehen heute so schlecht aus, sind Sie krank?Musafira hat geschrieben: http://www.spiegel.de/international/0,1 ... 20,00.html
Echt?kanste hat geschrieben:- Dass wenn Du zusammen mit anderen einen Kaffee trinken gehst, einer zahlt und nicht jeder fuer sich - ja
- Dass wenn Du auf der Strasse eine Auto-Panne hast, Dir sofort 10 Leute zur Hilfe eilen ja
- Dass Dich jemand ewig lange durch die Stadt faehrt, nur um Dich nach Hause zu bringen ja
- Dass wenn Du etwas konkretes suchst, sich 1000 Leute finden werden die bereit sind viiiiel Zeit und Energie zu investieren um es fuer Dich zu finden ja
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Ist mir vor einigen Tagen erst passiert. Ich erzählte einer Freundin von einem Kompliment, dass mir jemand gemacht hat, und als Antwort kam "Du hast aber doch zugenommen, oder?" Nicht dass mich das nun groß gestört hätte, ich bin ja wahrlich dünn genug. Aber in dem Zusammenhang fand ich das irgendwie nicht so besonders freundlich.Hiyam hat geschrieben: Danke das ist ein sehr interessanter Artikel. Das kenn ich auch Frau Hiyam Sie sehen heute so schlecht aus, sind Sie krank?