Lessings "Erziehung des Menschengeschlechtes"
Re: Lessings "Erziehung des Menschengeschlechtes"
Salam Vera,
wie meine Namensgenossin Marjam bin ich auch Lessing-Fan. Besonders spannend finde ich, dass Lessing ganz klar die Reihenfolge nennt: Altes Testament, Neues Testament, Ewiges Testament. Letzteres lässt sich für einen muslimischen Leser nur als Koran lesen. Ich muss den Text noch mal rausziehen...
Wa salama,
Mariam
wie meine Namensgenossin Marjam bin ich auch Lessing-Fan. Besonders spannend finde ich, dass Lessing ganz klar die Reihenfolge nennt: Altes Testament, Neues Testament, Ewiges Testament. Letzteres lässt sich für einen muslimischen Leser nur als Koran lesen. Ich muss den Text noch mal rausziehen...
Wa salama,
Mariam
Re: Lessings "Erziehung des Menschengeschlechtes"
Aua, das tat weh!Mariam77 hat geschrieben:Salam Vera,
wie meine Namensgenossin Marjam bin ich auch Lessing-Fan. Besonders spannend finde ich, dass Lessing ganz klar die Reihenfolge nennt: Altes Testament, Neues Testament, Ewiges Testament. Letzteres lässt sich für einen muslimischen Leser nur als Koran lesen. Ich muss den Text noch mal rausziehen...
Wa salama,
Mariam
Ich zwar kein Lessing, aber bekennender Aufklärungs-Fan.
Zu Lessing ein Zitat aus der Wiki, weil ich besser den Geist der Aufklärung auch nicht erklären kann:
Er glaubte, dass die menschliche Vernunft, angestoßen durch Kritik und Widerspruch, sich auch ohne die Hilfe einer göttlichen Offenbarung entwickeln werde.
Was hat das mit dem Koran gemeinsam?
Re: Lessings "Erziehung des Menschengeschlechtes"
Du musst schon den Text "Erziehung des Menschengeschlechts" selbst lesen, nicht nur Sekundärliteratur. Da geht es um drei Offenbarungsschriften: Das Alte Testament, das Neue, und eines, das er "Ewiges Evangelium" nennt, und er gibt mit dem letzten einen Ausblick auf die Menschheitsepoche nach dem Neuen Testament. Näheres unter dem Original.
Im Übrigen werden viele Aufklärungsschriften heute gern falsch gelesen - die allerallermeisten Aufklärer waren sehr religiös, viele waren Theologen, und stellten die Offenbarungsschriften nicht in Frage. Sie versuchten nur auch ihren Verstand zu verwenden, um auf zwei Wegen zu Gott zu finden, oder sogar auf drei Wegen: Verstand, das "Buch der Bücher" (die Bibel) und das "Buch der Natur".
Die Gegenüberstellung (richtig Schwarz-Weiß würde ich meinen) von Islam und Aufklärung, ist eine künstliche, wenn auch von vielen westlichen Medien und öffentlichen Gestalten geförderte. Sich religiösen Wahrheiten über die Vernunft zu nähern, sich über das Metaphysische "aufzuklären", ist zudem keine Erfindung der europäischen Aufklärung - im Islam war sie schon viel früher gang und gebe, siehe die islamischen Philosophen, während Europa noch im Mittelalter war - auch wenn der Vernunftsansatz, zugegebenermaßen, heute leider nicht mehr in allen islamischen Strömungen üblich ist.
Es gibt auch viele Hinweise, dass im 18. Jahrhundert der Islam sehr positiv rezipiert wurde in Deutschland, wie z. B. bei Rückert (seine Übersetzungen von Koranversen) und Goethe (siehe "Mahomets Gesang", "West-östlicher Divan"). Da würde ich sogar auf die Idee kommen, dass Lessing bewusst auf den Koran angespielt haben könnte. Für "Nathan der Weise" hat er sich bestimmt mit dem Islam beschäftigt für seine Figur des Saladdin.
Wa salama,
Mariam
Im Übrigen werden viele Aufklärungsschriften heute gern falsch gelesen - die allerallermeisten Aufklärer waren sehr religiös, viele waren Theologen, und stellten die Offenbarungsschriften nicht in Frage. Sie versuchten nur auch ihren Verstand zu verwenden, um auf zwei Wegen zu Gott zu finden, oder sogar auf drei Wegen: Verstand, das "Buch der Bücher" (die Bibel) und das "Buch der Natur".
Die Gegenüberstellung (richtig Schwarz-Weiß würde ich meinen) von Islam und Aufklärung, ist eine künstliche, wenn auch von vielen westlichen Medien und öffentlichen Gestalten geförderte. Sich religiösen Wahrheiten über die Vernunft zu nähern, sich über das Metaphysische "aufzuklären", ist zudem keine Erfindung der europäischen Aufklärung - im Islam war sie schon viel früher gang und gebe, siehe die islamischen Philosophen, während Europa noch im Mittelalter war - auch wenn der Vernunftsansatz, zugegebenermaßen, heute leider nicht mehr in allen islamischen Strömungen üblich ist.
Es gibt auch viele Hinweise, dass im 18. Jahrhundert der Islam sehr positiv rezipiert wurde in Deutschland, wie z. B. bei Rückert (seine Übersetzungen von Koranversen) und Goethe (siehe "Mahomets Gesang", "West-östlicher Divan"). Da würde ich sogar auf die Idee kommen, dass Lessing bewusst auf den Koran angespielt haben könnte. Für "Nathan der Weise" hat er sich bestimmt mit dem Islam beschäftigt für seine Figur des Saladdin.
Sapere aude! auch wenn es weh tut, ka1960!Aua, das tat weh!
Wa salama,
Mariam
Re: Lessings "Erziehung des Menschengeschlechtes"
Salam alaikum, Mariam77!
Das hast du alles wunderschön erklärt......
Das hast du alles wunderschön erklärt......
Sprich: "Mein Gebet und mein Opfer und mein Leben und mein Tod gehören Allah, dem Herrn der Welten." (6:162)
Re: Lessings "Erziehung des Menschengeschlechtes"
"religiösen Wahrheiten" ???
M.W. behaupten alle drei monotheistischen Religionen, im Besitz der absoluten Wahrheit zu sein (Absolutheitsanspruch) bzw. diese zu verkünden. Wie jeder weiß, widersprechen sie sich aber in wesentlichen Punkten, anders gesagt, eine objektive Wahrheit gibt es in religiösen Fragen nicht.
Was fehlt, ist die Verifizierbarkeit dieser sog. Wahrheiten, sie erschliessen sich nur denjenigen, die an sie glauben. Somit ist der Wahrheitsbegriff im Sinne der Logik hier nicht verwendbar. Das ist für mich der Geist der Aufklärung und der Wissenschaften, denen sich die kath. Kirche nicht ohne Grund jahrhundertelang entgegengestemmt hat. Auch im Koran gibt es dazu einen sehr aufschlussreichen Vers:
(5:101) "O ihr, die ihr glaubt! Fragt nicht nach Dingen, die, wenn sie euch enthüllt würden, euch unangenehm wären; und wenn ihr danach zur Zeit fragt, da der Qur`an niedergesandt wird, werden sie euch doch klar. Allah hat euch davon entbunden; und Allah ist Allverzeihend, Nachsichtig."
Aber ich wollte noch etwas zu der unterstellten Gläubigkeit (vergangener) Gelehrter sagen.
Es ist unbetreitbar so, dass Atheisten als "gottlose Gesellen" diskriminiert wurden und werden. Gebessert hat sich das mit dem Zeitalter der Aufklärung. Doch noch Erwin Huber (CSU) hat auf Wahlveranstaltungen 2008 verkündet, ihm sei jemand, der an den Islam glaubt, lieber als jemand, der an gar nichts glaubt. Mit anderen Worten, ich halte es durchaus für denkbar, dass - speziell im ausgehenden Mittelalter (die letzte Hexe wurde in Erding 1799 verbrannt) - viele Leute Angst gehabt haben, sich zum Atheismus zu bekennen.
M.W. behaupten alle drei monotheistischen Religionen, im Besitz der absoluten Wahrheit zu sein (Absolutheitsanspruch) bzw. diese zu verkünden. Wie jeder weiß, widersprechen sie sich aber in wesentlichen Punkten, anders gesagt, eine objektive Wahrheit gibt es in religiösen Fragen nicht.
Was fehlt, ist die Verifizierbarkeit dieser sog. Wahrheiten, sie erschliessen sich nur denjenigen, die an sie glauben. Somit ist der Wahrheitsbegriff im Sinne der Logik hier nicht verwendbar. Das ist für mich der Geist der Aufklärung und der Wissenschaften, denen sich die kath. Kirche nicht ohne Grund jahrhundertelang entgegengestemmt hat. Auch im Koran gibt es dazu einen sehr aufschlussreichen Vers:
(5:101) "O ihr, die ihr glaubt! Fragt nicht nach Dingen, die, wenn sie euch enthüllt würden, euch unangenehm wären; und wenn ihr danach zur Zeit fragt, da der Qur`an niedergesandt wird, werden sie euch doch klar. Allah hat euch davon entbunden; und Allah ist Allverzeihend, Nachsichtig."
Aber ich wollte noch etwas zu der unterstellten Gläubigkeit (vergangener) Gelehrter sagen.
Es ist unbetreitbar so, dass Atheisten als "gottlose Gesellen" diskriminiert wurden und werden. Gebessert hat sich das mit dem Zeitalter der Aufklärung. Doch noch Erwin Huber (CSU) hat auf Wahlveranstaltungen 2008 verkündet, ihm sei jemand, der an den Islam glaubt, lieber als jemand, der an gar nichts glaubt. Mit anderen Worten, ich halte es durchaus für denkbar, dass - speziell im ausgehenden Mittelalter (die letzte Hexe wurde in Erding 1799 verbrannt) - viele Leute Angst gehabt haben, sich zum Atheismus zu bekennen.
Re: Lessings "Erziehung des Menschengeschlechtes"
Salam alaikum, ka1960!
Die Existenz eines allmächtigen, ewigen Schöpfergottes. In diesem Punkt widersprechen sie sich nämlich nicht. -
Wasalam
Das ist falsch. Alle drei monotheistischen Religionen glauben an eine gemeinsame grundlegende Wahrheit:M.W. behaupten alle drei monotheistischen Religionen, im Besitz der absoluten Wahrheit zu sein (Absolutheitsanspruch) bzw. diese zu verkünden. Wie jeder weiß, widersprechen sie sich aber in wesentlichen Punkten, anders gesagt, eine objektive Wahrheit gibt es in religiösen Fragen nicht.
Die Existenz eines allmächtigen, ewigen Schöpfergottes. In diesem Punkt widersprechen sie sich nämlich nicht. -
Ich würde das zwar niemals so ausdrücken, muss aber sagen, dass ich seinen ungeschickten Versuch zu beschreiben, dass Menschen, die an Gott glauben aus religiöser Sicht mehr Gemeinsamkeiten miteinander haben als mit Atheisten, für richtig halte.Doch noch Erwin Huber (CSU) hat auf Wahlveranstaltungen 2008 verkündet, ihm sei jemand, der an den Islam glaubt, lieber als jemand, der an gar nichts glaubt.
Wasalam
Sprich: "Mein Gebet und mein Opfer und mein Leben und mein Tod gehören Allah, dem Herrn der Welten." (6:162)
Re: Lessings "Erziehung des Menschengeschlechtes"
Salam,
Da wird mir Erwin Huber im nachhinein noch richtig sympathisch.
@ka1960: Letztlich entzieht sich Glauben einer verstandesmäßig-wissenschaftlichen Analyse. Du kannst die Fakten prüfen und für wahr oder falsch halten. Aber zu glauben (oder eben nicht) ist eine Sache des Herzens, da muss jedes Argument versagen.
Der Qu'ran lässt übrigens Judentum und Christentum am Platz, sieht sich als Fortführung und Vervollkommnung dieser Religionen, "Christ 2.0" wenn ich es mal gewohnt flapsig ausdrücken darf. Und aufgeklärte Christen, die sich nicht von ihrer Angst leiten lassen, wissen, dass die grundlegenden Unterschiede zum Islam deutlich weniger ausgeprägt sind als die grundlegenden Gemeinsamkeiten.
Wasalam,
Anisah
Da wird mir Erwin Huber im nachhinein noch richtig sympathisch.
@ka1960: Letztlich entzieht sich Glauben einer verstandesmäßig-wissenschaftlichen Analyse. Du kannst die Fakten prüfen und für wahr oder falsch halten. Aber zu glauben (oder eben nicht) ist eine Sache des Herzens, da muss jedes Argument versagen.
Der Qu'ran lässt übrigens Judentum und Christentum am Platz, sieht sich als Fortführung und Vervollkommnung dieser Religionen, "Christ 2.0" wenn ich es mal gewohnt flapsig ausdrücken darf. Und aufgeklärte Christen, die sich nicht von ihrer Angst leiten lassen, wissen, dass die grundlegenden Unterschiede zum Islam deutlich weniger ausgeprägt sind als die grundlegenden Gemeinsamkeiten.
Wasalam,
Anisah
Re: Lessings "Erziehung des Menschengeschlechtes"
"Christ 2.0" wenn ich es mal gewohnt flapsig ausdrücken darf.
Damit begibst du dich aber auch aus muslimischer Sicht auf dünnes Eis.
Wer ist denn dann diener Meinung nach der "Gesalbte"?
Re: Lessings "Erziehung des Menschengeschlechtes"
Salam alaikum, Mechthild!
Der Prophet seiner Zeit. Jemand, den Allah (swt)/Gott auserwählt hat, Seine Botschaft zu verkünden.Wer ist denn dann diener Meinung nach der "Gesalbte"?
Sprich: "Mein Gebet und mein Opfer und mein Leben und mein Tod gehören Allah, dem Herrn der Welten." (6:162)
Re: Lessings "Erziehung des Menschengeschlechtes"
Also ist Mohammed der Messias?
(Ich geh jetzt mal von Anisahs Update-Theorie aus.)
(Ich geh jetzt mal von Anisahs Update-Theorie aus.)
Re: Lessings "Erziehung des Menschengeschlechtes"
Na, dann bin ich ja froh, das ich auf diese Weise dem alten "Wadlbeisser" noch zu Sympathien verhelfen konnte.Anisah hat geschrieben:Salam,
Da wird mir Erwin Huber im nachhinein noch richtig sympathisch.
Meiner Ansicht nach symbolisiert dieses Zitat aber genau den Ungeist der Einteilung von Menschen in Güteklassen auf Grund ihres Bekenntnisses:
A) Christen (gut)
B) Muslime (geht noch)
C) Atheisten (schlecht)
Gerade in Bayern konnte man in den vergangene Jahrzehnten beobachten, dass von dieser Denkweise hin zur tatsächlichen Diskriminierung nur ein kleiner Schritt ist.
http://www.abendblatt.de/vermischtes/ar ... r-Ehe.html
Re: Lessings "Erziehung des Menschengeschlechtes"
Hallo, ka,
das Vincent ist in Düsseldorf und nicht in Bayern
Gruß, Silvia
das Vincent ist in Düsseldorf und nicht in Bayern
Gruß, Silvia
Re: Lessings "Erziehung des Menschengeschlechtes"
Ich fürchte ich bin nicht theoriefest genug, um hier bestehen zu können. In meinen Augen ist der Quran die Bestätigung und teilweise Richtigstellung des bereits offenbarten (Tora und Bibel), daher der "Spruch". 2.0 ist auch kein Update sondern das selbe auf einer neuen Plattform, sonst wärs ja "Christ 1.1" Aber jetzt lass ich das mal, ich begebe mich auf zu dünnes EisMechthild hat geschrieben:Also ist Mohammed der Messias?
(Ich geh jetzt mal von Anisahs Update-Theorie aus.)
Re: Lessings "Erziehung des Menschengeschlechtes"
Richtigstellung?Anisah hat geschrieben:Ich fürchte ich bin nicht theoriefest genug, um hier bestehen zu können. In meinen Augen ist der Quran die Bestätigung und teilweise Richtigstellung des bereits offenbarten (Tora und Bibel), daher der "Spruch". 2.0 ist auch kein Update sondern das selbe auf einer neuen Plattform, sonst wärs ja "Christ 1.1" Aber jetzt lass ich das mal, ich begebe mich auf zu dünnes EisMechthild hat geschrieben:Also ist Mohammed der Messias?
(Ich geh jetzt mal von Anisahs Update-Theorie aus.)
Das Kreuz ist bekanntlich das Symbol der Christenheit, weil Jesus daran gestorben ist. Das streiten Muslime aber ab. Anders gesagt, sie negieren den zentralen Punkt des christlichen Glaubens. Mein Schlußwort zum Thema "religiöse Wahrheiten".
Re: Lessings "Erziehung des Menschengeschlechtes"
Salam ka1960,
Als Begründung gibt er in der Parabel, dass ein Mensch nicht entscheiden könne, welche Religion "die beste" sei, und demnach auch nicht darüber streiten kann. Dass müsse er einem "anderen Richter", Gott, überlassen. Kriterium für dessen Entscheidung seien dann - die besten Taten.
Für dich ist es eher ein Anliegen, dass man die Grundlage der Religion nicht beweisen könne, wie ich dich verstehe?
Wa salama,
Mariam
du sagst also, dass die Aufklärer sich zum Atheismus bekannt hätten, wenn sie sich getraut hätten? Das finde ich eine gewagte Behauptung. Um wieder auf Lessing zu verweisen, die Ringparabel in "Nathan der Weise" (wunderschön zu lesen, mascha'allah!) zeigt ganz klar, dass er nicht gegen Religion selbst argumentiert, sondern für die Toleranz der Religionen untereinander.viele Leute Angst gehabt haben, sich zum Atheismus zu bekennen.
Als Begründung gibt er in der Parabel, dass ein Mensch nicht entscheiden könne, welche Religion "die beste" sei, und demnach auch nicht darüber streiten kann. Dass müsse er einem "anderen Richter", Gott, überlassen. Kriterium für dessen Entscheidung seien dann - die besten Taten.
Für dich ist es eher ein Anliegen, dass man die Grundlage der Religion nicht beweisen könne, wie ich dich verstehe?
Das hat meiner Meinung nach nichts mit der Epoche der Aufklärung zu tun, aber das ist ja nicht wichtig. Dies ist eine sehr interessantes Thema: Ist Gott beweisbar? Ich weiß nicht, ob das bereits in anderen Threads angesprochen wurde?Was fehlt, ist die Verifizierbarkeit dieser sog. Wahrheiten, sie erschliessen sich nur denjenigen, die an sie glauben. Somit ist der Wahrheitsbegriff im Sinne der Logik hier nicht verwendbar.
Wa salama,
Mariam