Assoziierst Du das "jeden Halt verlieren" mit Atheisten?Anisah hat geschrieben:Ja. Gerade in der Szene treiben sich viele Leute herum, die jeden Halt verloren haben. Ich persönlich bin mehr als froh, diesem Alptraum entronnen zu sein.chadidschaP hat geschrieben: Das ist es doch, was so viele Menschen tun - und zu Dekadenz führt - ich verweise nur als Beispiel auf den Thread «OT: Ohne Thema und Off Topic« wo es gerade um Latexgekleidete Dominas ging, die ihre Männer an der Leine spazieren führen
Interreligiöser Dialog und Interreligiöse Monologe
Re: Interreligiöser Dialog und Interreligiöse Monologe
Re: Interreligiöser Dialog und Interreligiöse Monologe
Offen gesagt, kann ich mit dem, was Du da über Nietzsche bringst, nichts anfangen. Außerdem habe ich noch nie etwas von ihm gelesen und werde das wohl auch kaum tun. Nach allem, was ich von ihm weiß, war er vor allem ein Zyniker, außerdem ab dem Alter von 45 Jahren geistig umnachtet - ich glaube nicht, dass er mir viel zu sagen hätte. Aber ich weiß, dass Atheisten von christlicher Seite gern unterstellt wird, exakt wie er zu sein, und auch Du tust das: "An Gott glauben oder Nietzsche folgen sind die wirklichen Alternativen." Statt Nietzsche zu folgen, denke ich lieber selbst.noebaum hat geschrieben:Hallo liebe Vitoria
Also, Du bist Atheistin! Denkst Du so wie Friedrich Nietzsche der die Scheinatheisten kritisiert: Sie haben die Gegenden verlassen, wo es hart war zu leben: denn man braucht Wärme. Man liebt noch den Nachbarn und reibt sich an ihm; denn man braucht Wärme. .. Ein wenig Gift ab und zu: das macht angenehme Träume. Und viel Gift zuletzt, zu einem angenehmen Sterben. Man arbeitet noch, denn Arbeit ist Unterhalt. Man ist klug und weiß Alles, was geschehen ist: so hat man kein Ende zu spotten. Wir haben das Glück erfunden - sagen die letzen Menschen und blinzeln (aus die fröhliche Wanderschaft)
Friedrich Nietzsche ist wie kaum ein anderer atheistischer Denker ernst zu nehmen, denn er bleibt nie auf halbem Weg stehen, macht keine faulen Kompromisse zur eigenen Beruhigung, sondern geht den Weg über alle Grenzen hinweg erbarmunslos - auch mit sich selbst.. bis zum letzten schwarzen Nichts. an Gott glauben oder Nietzsche folgen sind die wirklichen Alternativen. Ich denke, Du bist eine wirkliche Atheistin,
Dann fehlt Dir schlicht eine interessante Erfahrung. Übrigens theoretisiere ich in diesem Punkt nicht.Ich habe noch keinen Menschen der nahe am Tod stand, der nicht Angst vor dem Sterben und den Tod hatte.
Re: Interreligiöser Dialog und Interreligiöse Monologe
Nietzsche lesen lohnt sich schon wegen Sprache.
Bei Christen ist er außerdem beliebt, weil er an der Nichtexistenz Gottes (theatralisch?) leidet. Sowas kommt heute ehr selten vor.
Bei Christen ist er außerdem beliebt, weil er an der Nichtexistenz Gottes (theatralisch?) leidet. Sowas kommt heute ehr selten vor.
Re: Interreligiöser Dialog und Interreligiöse Monologe
Na ja, Bücher, die mir Wissen vermitteln sollen, lese ich eher wegen des Inhalts als wegen der Sprache.Lila hat geschrieben:Nietzsche lesen lohnt sich schon wegen Sprache.
Ich habe den Eindruck, dass er bei den Christen geradezu der Gottseibeiuns ist. Und wenn nicht das, dann zumindest der "Beweis" dafür, dass Atheismus zum Wahnsinn führt oder zumindest führen kann - habe ich tatsächlich mal irgendwo gelesen.Bei Christen ist er außerdem beliebt, weil er an der Nichtexistenz Gottes (theatralisch?) leidet. Sowas kommt heute ehr selten vor.
Litt er tatsächlich an der Nichtexistenz Gottes? Kannst du mir da eine Stelle nennen (oder eine, wo es erwähnt ist)?
Und ja, es stimmt, der heutige Atheist leidet nicht an seinen Erkenntnissen, sondern empfindet sie als Befreiung - das habe ich schon häufig gelesen.
Re: Interreligiöser Dialog und Interreligiöse Monologe
Sicher haben wir alle unterschiedliche Erfahrungen, ich habe mich jedenfalls nicht sonderlich für "Geld, Macht, Erfolg und Sex" interessiert, auch als Atheistin nicht. Ich habe mich auch nicht um 180° gedreht.
Was meine Einstellung zum Tod betrifft, hat sich tatsächlich etwas geändert: ich würde mich zwar weiterhin freuen, lange zu leben und das Leben auch zu genießen (auf eine Weise, die weder anderen noch mir selbst schadet), aber ich bin bereit, zu sterben, wenn mein Schöpfer das so beschließt (und hoffe, daß das auch im "Ernstfall" so sein wird). Überhaupt kann ich jetzt besser die Sachen akzeptieren, die ich eh nicht ändern kann.
Ich finde gerade das Gebot des Monotheismus, nämlich sich niemand anderem als dem einen unteilbaren Gott zu beugen, unglaublich befreiend. Daß das meistens verzerrt wird und alle möglichen Leute sich anmaßen, in Gottes Namen zu sprechen und zu verurteilen, ist eine ganz andere Sache.
Was meine Einstellung zum Tod betrifft, hat sich tatsächlich etwas geändert: ich würde mich zwar weiterhin freuen, lange zu leben und das Leben auch zu genießen (auf eine Weise, die weder anderen noch mir selbst schadet), aber ich bin bereit, zu sterben, wenn mein Schöpfer das so beschließt (und hoffe, daß das auch im "Ernstfall" so sein wird). Überhaupt kann ich jetzt besser die Sachen akzeptieren, die ich eh nicht ändern kann.
Ich finde gerade das Gebot des Monotheismus, nämlich sich niemand anderem als dem einen unteilbaren Gott zu beugen, unglaublich befreiend. Daß das meistens verzerrt wird und alle möglichen Leute sich anmaßen, in Gottes Namen zu sprechen und zu verurteilen, ist eine ganz andere Sache.
Qur'an . Fitra . Wikipedia
Re: Interreligiöser Dialog und Interreligiöse Monologe
Vitoria hat geschrieben:
Anisah, ich denke, da unterschätzt Du Dich. Auch Du bist ein soziales Wesen, eingebettet in eine Gemeinschaft. Und die würde Dir die Rücksichtslosigkeit schon austreiben, da sie asozial ist. Aber wahrscheinlich kämst Du gar nicht auf die Idee "gierig den letzten Tropfen aus diesem Leben herauszupressen", wenn Du erst einmal darüber nachgedacht hast, was ein gutes Leben - ein gut gelebtes Leben - ausmacht. Und da man nur dieses eine Leben hat, kommt es darauf an, es so gut wie möglich zu gestalten, denn eine zweite Chance gibt es ja in der Tat nicht.
In meinen Augen ist das kompletter Schwachsinn, dass man ohne an die Existenz eines Gottes zu glauben sofort "den Halt verliert", und in ein Leben voller "Konsumrausch, Dekadenz und Machtspiele" abrutscht.
Ein gesunder Mensch ist biologisch darauf vor-programmiert ein soziales Leben zu fuehren (altruistisches Verhalten hat man zB auch bei Schimpansen beobachtet), und dieses Leben auch zu schuetzen und weiterzugeben. Dass das nicht immer 100%ig gelingt hat meiner Meinung nach wenig damit zu tun dass "Gott fehlt", sondern damit dass wir ein hoch-entwickeltes Gehirn haben dass als Konsequenz auch sehr empfindlich ist (Traumas in Kindheit oder spaeter, psychologische Erkrankungen usw).
Ich war "vor" und "nach Gott" stets derselbe Mensch, mit denselben Moralvorstellungen. Mit Gott bin ich gluecklicher, und irgendwie vollkommener (teils weil ich so meine Moralvorstellungen bestaetigt sehe), aber sicher kein anderer Typ Mensch.
"Woran du aber dein Herz hängst, das ist dein Gott"
Martin Luther
"Der erste Schluck aus dem Becher der Naturwissenschaften macht atheistisch, aber auf dem Boden des Bechers wartet Gott."
Werner Heisenberg
Martin Luther
"Der erste Schluck aus dem Becher der Naturwissenschaften macht atheistisch, aber auf dem Boden des Bechers wartet Gott."
Werner Heisenberg
Re: Interreligiöser Dialog und Interreligiöse Monologe
Darin, dass es keine zweite Chance gibt, sind wir uns einigVitoria hat geschrieben:Auch Du bist ein soziales Wesen, eingebettet in eine Gemeinschaft. Und die würde Dir die Rücksichtslosigkeit schon austreiben, da sie asozial ist. Aber wahrscheinlich kämst Du gar nicht auf die Idee "gierig den letzten Tropfen aus diesem Leben herauszupressen", wenn Du erst einmal darüber nachgedacht hast, was ein gutes Leben - ein gut gelebtes Leben - ausmacht. Und da man nur dieses eine Leben hat, kommt es darauf an, es so gut wie möglich zu gestalten, denn eine zweite Chance gibt es ja in der Tat nicht.
Ich habe lange, dunkle Jahre hinter mir, in denen ich mich ausschließlich für mich interessiert habe. Ich weiß genau, wovon ich da rede - und ich kannte eine Menge Menschen, die mich darin bestärkt und das selbe getan haben. Heute, wo ich selbst davon weg bin, kann ich diese früheren "Freunde" kaum noch ertragen, damals fand ich es normal, sich nur für sich selbst zu interessieren. Warum sich um andere kümmern? Hauptsache mir geht's gut. So oder so ähnlich war meine Richtschnur und heute noch habe ich genug damit zu tun, das wieder abzulegen, was ich 20 Jahre gelebt hatte.
Re: Interreligiöser Dialog und Interreligiöse Monologe
Offen gesagt, kann ich mit dem, was Du da über Nietzsche bringst, nichts anfangen. Außerdem habe ich noch nie etwas von ihm gelesen und werde das wohl auch kaum tun. Nach allem, was ich von ihm weiß, war er vor allem ein Zyniker, außerdem ab dem Alter von 45 Jahren geistig umnachtet - ich glaube nicht, dass er mir viel zu sagen hätte. Aber ich weiß, dass Atheisten von christlicher Seite gern unterstellt wird, exakt wie er zu sein, und auch Du tust das: "An Gott glauben oder Nietzsche folgen sind die wirklichen Alternativen." Statt Nietzsche zu folgen, denke ich lieber selbst.Vitoria hat geschrieben:noebaum hat geschrieben:Hallo liebe Vitoria
Also, Du bist Atheistin! Denkst Du so wie Friedrich Nietzsche der die Scheinatheisten kritisiert: Sie haben die Gegenden verlassen, wo es hart war zu leben: denn man braucht Wärme. Man liebt noch den Nachbarn und reibt sich an ihm; denn man braucht Wärme. .. Ein wenig Gift ab und zu: das macht angenehme Träume. Und viel Gift zuletzt, zu einem angenehmen Sterben. Man arbeitet noch, denn Arbeit ist Unterhalt. Man ist klug und weiß Alles, was geschehen ist: so hat man kein Ende zu spotten. Wir haben das Glück erfunden - sagen die letzen Menschen und blinzeln (aus die fröhliche Wanderschaft)
Friedrich Nietzsche ist wie kaum ein anderer atheistischer Denker ernst zu nehmen, denn er bleibt nie auf halbem Weg stehen, macht keine faulen Kompromisse zur eigenen Beruhigung, sondern geht den Weg über alle Grenzen hinweg erbarmunslos - auch mit sich selbst.. bis zum letzten schwarzen Nichts. an Gott glauben oder Nietzsche folgen sind die wirklichen Alternativen. Ich denke, Du bist eine wirkliche Atheistin,
Er war ein Zyniker . siehe oben "
Geistig umnachtet war er nicht. Das wurde von religösen Kreisen behauptet, die nicht glauben wollten dass man einen solchen Atheismus leben kann.
Ich unterstelle dir gar nichts. Ist dein Atheismus so wie in Nitzsche in zynisch kommentierte? Braucht der Mensch nicht doch irgendwie Wärme?
Kann man das wirklich, selber denken, ohne Bücher wie Nietzsche gelesen zu haben? Heute bietet sich Dawkins "Der Gotteswahn" an.
Nietzsche erfand auch den Übermenschen. Hitler ahmte diesen nach.
Wie Nietzsche den Atheismus lebte und empfand hat er in folgendem Gedicht verfasst:
Die Krähen schrein und ziehen schwirrend Flugs zur Stadt.
Bald wird es schnein - Wophl dem, der jetzt noch Heimat hat
Nun stehst du starr, schaust Rückwärts ach! Wie lange schon!
Was bist du Narr vor Winters in die Welt entflohn?
Die Welt - ein Tor zu tausend Wüsten stumm und kalt!
Wer das verlor, was du verlorst, macht nirgends halt
Nun stehst du bleich, zur Winter-Wanderschaft verflucht,
dem Rauche gleich, der stets nach kältern Himmeln sucht
Flieg, Vogel, schnarr dein Lied im Wüstenfogen-Ton!
Versteck du Narr, dein blutend Herz in Eis und Hohn!
Die Krähen schrein und ziehen schwirrend Flugs zur Stadt
Bald wird es schnein - weh dem, der keine Heimat hat.
In diesen Zeilen erkennt man dass Nietzsche die Heimatlosigkeit des Atheisten voll und ganz erlebt. Er sucht sich keinen Ersatzhalt im Angriff wie Dawkins.
Freundliche Grüße Noebaum
Re: Interreligiöser Dialog und Interreligiöse Monologe
Es freut mich für Dich, dass Du aus diesem Leben herausgefunden hast. (Ich selbst habe übrigens nie so gelebt - trotz Atheismus. ) Aber dazu bedarf es - jetzt ganz generell gesprochen - keines Gottesglaubens. Das kann man auch erreichen, indem man sich auf sich selbst besinnt und sich ehrlich fragt, wie befriedigend ein solches Leben letztlich ist. Als Atheistin sehe ich die Hinwendung zu einer Gottheit, oder - wie Du es formuliert hast - "eine(r) Perspektive, was 'danach' kommt" - als einen Rückzug aus der Selbstverantwortung für das Hier und Heute, denn das eigene Handeln wird von etwas anderem, dem "Jenseitigen", abhängig gemacht.Anisah hat geschrieben:Darin, dass es keine zweite Chance gibt, sind wir uns einigVitoria hat geschrieben:Auch Du bist ein soziales Wesen, eingebettet in eine Gemeinschaft. Und die würde Dir die Rücksichtslosigkeit schon austreiben, da sie asozial ist. Aber wahrscheinlich kämst Du gar nicht auf die Idee "gierig den letzten Tropfen aus diesem Leben herauszupressen", wenn Du erst einmal darüber nachgedacht hast, was ein gutes Leben - ein gut gelebtes Leben - ausmacht. Und da man nur dieses eine Leben hat, kommt es darauf an, es so gut wie möglich zu gestalten, denn eine zweite Chance gibt es ja in der Tat nicht.
Ich habe lange, dunkle Jahre hinter mir, in denen ich mich ausschließlich für mich interessiert habe. Ich weiß genau, wovon ich da rede - und ich kannte eine Menge Menschen, die mich darin bestärkt und das selbe getan haben. Heute, wo ich selbst davon weg bin, kann ich diese früheren "Freunde" kaum noch ertragen, damals fand ich es normal, sich nur für sich selbst zu interessieren. Warum sich um andere kümmern? Hauptsache mir geht's gut. So oder so ähnlich war meine Richtschnur und heute noch habe ich genug damit zu tun, das wieder abzulegen, was ich 20 Jahre gelebt hatte.
Meine eigene Betrachtungsweise ist die vom Ende her (was mit meinem Alter zusammenhängen mag): Kann ich mir auf dem Sterbebett sagen, dass mein Leben jenes anderer langfristig positiv beeinflusst hat? Aber natürlich auch: Habe ich mein Leben auch für mich selbst positiv gestaltet, das Beste daraus gemacht, habe ich meine Chancen - im guten Sinne, d.h. ohne Schaden für andere - genutzt? Mit anderen Worten: Habe ich meinem Leben einen Sinn gegeben, es nicht nutzlos vergeudet?
Re: Interreligiöser Dialog und Interreligiöse Monologe
Nein, aber "Halt finden" mit ReligionVitoria hat geschrieben:Assoziierst Du das "jeden Halt verlieren" mit Atheisten?
Ich weiss jetzt nicht, wie alt du bist, liebe Vitoria - ich bin jedenfalls schon ziemlich alt. Vieles, was du sagst, könnte ich vor gut eineinhalb Jahren gesagt haben - ich war zwar keine Atheistin, ich glaubte gar nichts (Atheisten glauben, dass es keinen Gott gibt). Deshalb verstehe ich auch - muss verstehen, da mein agnostisches Umfeld nicht mitgezogen ist und mich für durchgeknallt oder einem religiösen Wahn verfallen hält - dass Leute mit dieser Überzeugung den Glauben ebensowenig nachvollziehen können wie Leute, die immer gläubig waren, sich vorstellen können, dass man an nichts glaubt.Vitoria hat geschrieben:Meine eigene Betrachtungsweise ist die vom Ende her (was mit meinem Alter zusammenhängen mag): Kann ich mir auf dem Sterbebett sagen, dass mein Leben jenes anderer langfristig positiv beeinflusst hat? Aber natürlich auch: Habe ich mein Leben auch für mich selbst positiv gestaltet, das Beste daraus gemacht, habe ich meine Chancen - im guten Sinne, d.h. ohne Schaden für andere - genutzt? Mit anderen Worten: Habe ich meinem Leben einen Sinn gegeben, es nicht nutzlos vergeudet?
Ich persönlich habe auf jeden Fall - alhamdulillah - noch einen weiteren Sinn für mein Leben gefunden, ausser dem, den ich ihm selber gebe (wer bin ich denn schon ...)
Re: Interreligiöser Dialog und Interreligiöse Monologe
Ich habe mich inzwischen im Internet ein wenig mit Nietzsche befasst, natürlich nur aus zweiter Hand, alles andere wäre mir zu aufwendig. Aus allen Seiten, die ich aufrief, ging hervor, dass er zumindest psychisch schwer krank war. Aber letztlich ist das ja vielleicht auch nicht so wichtig.noebaum hat geschrieben:Vitoria hat geschrieben:Offen gesagt, kann ich mit dem, was Du da über Nietzsche bringst, nichts anfangen. Außerdem habe ich noch nie etwas von ihm gelesen und werde das wohl auch kaum tun. Nach allem, was ich von ihm weiß, war er vor allem ein Zyniker, außerdem ab dem Alter von 45 Jahren geistig umnachtet - ich glaube nicht, dass er mir viel zu sagen hätte. Aber ich weiß, dass Atheisten von christlicher Seite gern unterstellt wird, exakt wie er zu sein, und auch Du tust das: "An Gott glauben oder Nietzsche folgen sind die wirklichen Alternativen." Statt Nietzsche zu folgen, denke ich lieber selbst.
Er war ein Zyniker . siehe oben "
Geistig umnachtet war er nicht. Das wurde von religösen Kreisen behauptet, die nicht glauben wollten dass man einen solchen Atheismus leben kann.
Mein Atheismus besteht ganz schlicht in der Auffassung, dass es so etwas wie Götter - egal ob einer oder ganze Hundertschaften - nicht gibt.Ich unterstelle dir gar nichts. Ist dein Atheismus so wie in Nitzsche in zynisch kommentierte?
Sicher, aber gewiss nicht bei einem nichtexistenten Wesen, sondern bei den real existierenden Mitmenschen.Braucht der Mensch nicht doch irgendwie Wärme?
Das kann man ganz hervorragend, denn Atheismus ist ja nichts anderes als, wie eben gesagt, lediglich die Auffassung, dass es keinen Gott gibt.Kann man das wirklich, selber denken, ohne Bücher wie Nietzsche gelesen zu haben?
Es gibt aber auch noch eine "mildere" Auffassung, nämlich dass man an einen Gott nicht glaubt. Da eine solche Haltung aber die Existenz eines Gottes (oder mehrerer) nicht ausschließt, bezeichne ich persönlich eine solche Auffassung als Agnostizismus.
Jedenfalls ist Atheismus nicht (notwendigerweise) ein Gedankengebäude wie eine Religion oder sonstige Ideologie. Für mich ist er das auf keinen Fall, schon allein weil das wieder zu Einschränkungen und Dogmenbildung führen würde.
Stimmt, der ist viel zeitgemäßer. Habe mir das Buch heute endlich bestellt.Heute bietet sich Dawkins "Der Gotteswahn" an.
Die Katholische Kirche praktizierte die Verfolgung von Juden und "Häretikern" sowie Bücher- und Menschenverbrennung. Hitler ahmte diese nach.Nietzsche erfand auch den Übermenschen. Hitler ahmte diesen nach.
Mir scheint, in diesen Zeilen erkennt man die Heimatlosigkeit des F. Nietzsche, mehr aber nicht. Nietzsche hat sich ja sehr intensiv am Christentum abgearbeitet, was man ihm nach meinem Eindruck christlicherseits bis heute übel nimmt oder auch schlicht nicht versteht. Ich habe in einer meiner Internetquellen (http://www.ursulahomann.de/NietzscheUnd ... ap016.html) gelesen, dass er sich im Grunde nie richtig vom Christentum habe lösen können. Wenn das stimmt, erklärt das auch seine Verzweiflung.Wie Nietzsche den Atheismus lebte und empfand hat er in folgendem Gedicht verfasst:
Die Krähen schrein und ziehen schwirrend Flugs zur Stadt.
Bald wird es schnein - Wophl dem, der jetzt noch Heimat hat
Nun stehst du starr, schaust Rückwärts ach! Wie lange schon!
Was bist du Narr vor Winters in die Welt entflohn?
Die Welt - ein Tor zu tausend Wüsten stumm und kalt!
Wer das verlor, was du verlorst, macht nirgends halt
Nun stehst du bleich, zur Winter-Wanderschaft verflucht,
dem Rauche gleich, der stets nach kältern Himmeln sucht
Flieg, Vogel, schnarr dein Lied im Wüstenfogen-Ton!
Versteck du Narr, dein blutend Herz in Eis und Hohn!
Die Krähen schrein und ziehen schwirrend Flugs zur Stadt
Bald wird es schnein - weh dem, der keine Heimat hat.
In diesen Zeilen erkennt man dass Nietzsche die Heimatlosigkeit des Atheisten voll und ganz erlebt.
Was mich angeht, so habe ich mit dem Christentum und damit mit dem Gottglauben nicht lange gehadert. Ich habe beide einfach mit fünfzehn oder sechzehn Jahren als unglaubwürdig und damit untauglich fürs Leben entsorgt.
Das werde ich mir näher ansehen. Was mich angeht, so brauche ich selbst zur Bestätigung der Richtigkeit meiner Anschauung auch keinen Angriff auf andere.Er sucht sich keinen Ersatzhalt im Angriff wie Dawkins.
Re: Interreligiöser Dialog und Interreligiöse Monologe
Wie gesagt, ich meine, dass man den auch ohne Religion finden kann.chadidschaP hat geschrieben:Nein, aber "Halt finden" mit ReligionVitoria hat geschrieben:Assoziierst Du das "jeden Halt verlieren" mit Atheisten?
Chadidscha, wir dürften - wie ich aus Deinem Metamorphose-Bericht, den ich zunächst nur wegen der Suche nach einer biographischen Angabe von Dir angesehen habe (den Rest werde ich noch lesen), schließe, ungefähr gleichen Alters sein: Ich bin Jahrgang 1947, Du anscheinend ca. 1950.Ich weiss jetzt nicht, wie alt du bist, liebe Vitoria - ich bin jedenfalls schon ziemlich alt. Vieles, was du sagst, könnte ich vor gut eineinhalb Jahren gesagt haben - ich war zwar keine Atheistin, ich glaubte gar nichts (Atheisten glauben, dass es keinen Gott gibt).Vitoria hat geschrieben:Meine eigene Betrachtungsweise ist die vom Ende her (was mit meinem Alter zusammenhängen mag): Kann ich mir auf dem Sterbebett sagen, dass mein Leben jenes anderer langfristig positiv beeinflusst hat? Aber natürlich auch: Habe ich mein Leben auch für mich selbst positiv gestaltet, das Beste daraus gemacht, habe ich meine Chancen - im guten Sinne, d.h. ohne Schaden für andere - genutzt? Mit anderen Worten: Habe ich mein em Leben einen Sinn gegeben, es nicht nutzlos vergeudet?
Du schreibst: "Atheisten glauben, dass es keinen Gott gibt." Ich sehe mich offen gesagt nicht gern eingereiht unter "Gläubigen". Ich glaube schließlich auch nicht an Horoskope, Erdstrahlen und Gespenster und würde mich auch in diesem Fall sehr dagegen verwahren, wegen dieses Nichtglaubens als "gläubig" klassifiziert zu werden. Verstehst Du, wie ich das meine?
Faszinierend, nicht wahr? Deshalb schaue ich auch gern in Religionsforen hinein: um zu erkennen, wie Religiöse "ticken" - sie denken so ganz anders als ich.Deshalb verstehe ich auch - muss verstehen, da mein agnostisches Umfeld nicht mitgezogen ist und mich für durchgeknallt oder einem religiösen Wahn verfallen hält - dass Leute mit dieser Überzeugung den Glauben ebensowenig nachvollziehen können wie Leute, die immer gläubig waren, sich vorstellen können, dass man an nichts glaubt.
Re: Interreligiöser Dialog und Interreligiöse Monologe
"Der tolle Mensch" gibt das wohl bekannteste Beispiel von Nietzsches aphoris-tischer Art zu schreiben und zu seinem Gottes- und Freiheitsverständnis der frühen Jahre.
http://www.dober.de/religionskritik/nietzsche1.html
Heutiger Atheismus kommt meistens mit viel weniger Drama und Pathos aus.
Trotzdem bin ich Euch dankbar, es mal wieder gelesen zu haben.
http://www.dober.de/religionskritik/nietzsche1.html
Heutiger Atheismus kommt meistens mit viel weniger Drama und Pathos aus.
Trotzdem bin ich Euch dankbar, es mal wieder gelesen zu haben.
Re: Interreligiöser Dialog und Interreligiöse Monologe
Meinst du - weil wissen kannst du es erst, wenn dir Glaube passiertVitoria hat geschrieben:Wie gesagt, ich meine, dass man den auch ohne Religion finden kann.chadidschaP hat geschrieben:Nein, aber "Halt finden" mit ReligionVitoria hat geschrieben:Assoziierst Du das "jeden Halt verlieren" mit Atheisten?
Vitoria hat geschrieben:Faszinierend, nicht wahr? Deshalb schaue ich auch gern in Religionsforen hinein: um zu erkennen, wie Religiöse "ticken" - sie denken so ganz anders als ich.
Ja, nicht wahr? Ich kenne ja nun beide "Tickweisen" aus eigener Erfahrung. Was allerdings auch Nachteile hat: Die, die nicht oder nur so ein wenig glauben (könnte ja sein, dass es einen Gott gibt), und das sind eigentlich fast alle um mich herum, die können meine neue Lebenseinstellung und -weise überhaupt nicht verstehen und die anderen - ja die verstehen meine Einstellung zu "Gott und der Welt" während meiner anderen 40 Lebensjahre nicht (ich habe die Kindheit abgezogen ) Hier in der Mitte ist es ziemlich einsam, das kann ich dir sagen.
Re: Interreligiöser Dialog und Interreligiöse Monologe
[quote="Vitoria"]
Du schreibst: "Atheisten glauben, dass es keinen Gott gibt." Ich sehe mich offen gesagt nicht gern eingereiht unter "Gläubigen". Ich glaube schließlich auch nicht an Horoskope, Erdstrahlen und Gespenster und würde mich auch in diesem Fall sehr dagegen verwahren, wegen dieses Nichtglaubens als "gläubig" klassifiziert zu werden. Verstehst Du, wie ich das meine?
[quote]
Ja ja, ich verstehe, wie du das meinst. Ich beharre aber darauf, dass es ein Unterschied ist, zu sagen "ich bin Agnostiker, ich glaube NICHTS - ich glaube also weder an die Existenz Gottes noch an seine Nicht-Existenz" und einem Atheisten, der von sich sagt, dass er sich sicher ist (also - sorry - "glaubt") dass Gott nicht existiert. "Nichtglaube" ist nur das erstere... Da nützt es nichts, sich zu verwahren.
Du schreibst: "Atheisten glauben, dass es keinen Gott gibt." Ich sehe mich offen gesagt nicht gern eingereiht unter "Gläubigen". Ich glaube schließlich auch nicht an Horoskope, Erdstrahlen und Gespenster und würde mich auch in diesem Fall sehr dagegen verwahren, wegen dieses Nichtglaubens als "gläubig" klassifiziert zu werden. Verstehst Du, wie ich das meine?
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Ja ja, ich verstehe, wie du das meinst. Ich beharre aber darauf, dass es ein Unterschied ist, zu sagen "ich bin Agnostiker, ich glaube NICHTS - ich glaube also weder an die Existenz Gottes noch an seine Nicht-Existenz" und einem Atheisten, der von sich sagt, dass er sich sicher ist (also - sorry - "glaubt") dass Gott nicht existiert. "Nichtglaube" ist nur das erstere... Da nützt es nichts, sich zu verwahren.