Sura 103 (Al-Asr - einander zur Wahrheit ermahnen)

Hier werden bestimmte Verse im Qur'an diskutiert. Neben konventionellem Tafsir sind eigene Gedanken dazu sehr erwünscht. (für Gäste lesbar)
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iman07
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Sura 103 (Al-Asr - einander zur Wahrheit ermahnen)

Beitrag von iman07 »

Selam,

Sura Al-Asr (sorry, hab hier keine deutsche Koranübersetzung und mir fällt der deutsche Name nicht ein :oops: ) find ich einerseits sehr schön, andererseits verwirrt mich die Aulegung der 3. Ayat (hab die Stelle markiert) schon seit längerem...
103:1 Bei der Zeit,
103:2 Wahrlich, der Mensch ist in einem Zustande des Verlusts,
103:3 Außer denen, die glauben und gute Werke tun und einander zur Wahrheit mahnen und einander zum Ausharren mahnen.
(Quelle - Quranübersetzung von M. Asad)

Ein guter Freund von mir benutzt diesen Vers des öfteren um mir zu beweisen, dass es Pflicht für alle Muslime ist einander "zurechtzuweisen" (das ist ein zu starkes Wort, ich mein eher sowas wie - Ratschläge geben, ermahnen, an Pflichten erinnnern etc).
Auf der anderen Seite dachte ich immer dass jeder Muslim/jede Muslime Verantwortung allein für sich selbst trägt. Es gibt im Islam ja auch keinen wirklichen Missionsgedanken, und persönlich mag ich es auch gar nicht mich in die Angelegenheiten anderer einzumischen.

Wir haben ja auch einen "Gute Ratschläge" Thread, und ich muss gestehen dass ich auch eher allergisch darauf reagiere, wenn mich jemand zurechtweisen will, wie ich meine Religion leben sollte oder ähnliches (grad heute beim Gebet gab es wieder so einen blöden Konflikt von wegen welche Reihe der Frauen zuerst aufgefüllt werden müsse, die vorderste oder hinterste :roll: ). Und mir würde auch nie einfallen das bei anderen zu tun...

Auf der anderen Seite scheint die Ayat doch recht eindeutig zu sein, oder? Wie versteht ihr diesen Vers? Kommt es vielleicht auf die Art und Weise des "Ermahnens" an? Wie handhabt ihr solche Dinge?
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Re: Sura 103 (Al-Asr - einander zur Wahrheit ermahnen)

Beitrag von Maymuna »

'A. Yusuf 'Ali schreibt dazu:
If he lived only for himself, he would not fulfil his whole duty. Whatever good he has, especially in moral and spiritual life, he must spread among his brethren, so that they may see the Truth and stand by it in patient hope and unshaken constancy amidst all the storm and stress of outer life. For he and they will then have attained Peace within.
Ich selbst weiß nicht so ganz, ob man den Vers auf "Kleinigkeiten" beziehen muss. Es geht doch um die "Wahrheit", also vielleicht dass man andere dazu ermahnen sollte nicht zu lügen, zu betrügen, zu stehlen. :?:
Es muss ja nicht heißen, dass solche Dinge wie mit dem Gebet gemeint sind. :confused:
Ein anderer Gedanke wäre, dass es darum geht einander an Allah zu erinnern. Schließlich ist al-Haqq einer der 99 schönsten Namen. Das könnte man dann zwar auch wieder missionarisch auffassen, aber muss man ja nicht.
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maryamberlin
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Re: Sura 103 (Al-Asr - einander zur Wahrheit ermahnen)

Beitrag von maryamberlin »

Salam,


Ich denke wirklich nicht, dass es sich hierbei darum handeln kann, sich gegenseitig in seiner Religionsausübung zu kritisieren, bzw. die wahre Religionsausübung anzumahnen. Und zwar aus dem ganz einfachen Grund, dass es ja "die Wahrheit" in dem Zusammenhang gar nicht gibt. Wie ich inzwischen gelernt habe, gibt es ja unendliche Auslegungen die Einzelheiten, wie Gebetsstellungen, Kleiderordnungen etc. zu regeln.

Für mich fängt Wahrheit eigentlich bei der Wahrhaftigkeit zu sich selbst an. Die Wahrheit würde dann vor allem erstmal darin bestehen mit sich selbst ehrlich zu sein und jegliche Art von Doppelmoral zu meiden. Und dann könnte ich mir auch wieder vorstellen, dass da auch freundliche Erinnerungen von guten Freunden, etwa in dem Ton" Bist du dir sicher, dass du das(was auch immer) wirklich mit deinem (religiösen) Gewissen vereinbaren kannst?" ab und an sehr hilfreich sein können, sich mal wieder selbst zu überprüfen.
Diese Überprüfung muss dann aber unbedingt von dem "Ermahnten" selbst kommen, denn da zählt ja nun wieder die Absicht, und wenn ich mein Verhalten nur ändere, weil mich jemand ermahnt hat, bringt es ja eigentlich nichts.

Das "Ermahnen" würde ich also als guten Dienst eines Freundes einstufen können, der einem vor allem dabei helfen möchte, wahrhaftig mit sich selbst zu bleiben.
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Re: Sura 103 (Al-Asr - einander zur Wahrheit ermahnen)

Beitrag von Hayat_Intisar »

Maryam, genau daran musste ich auch denken, an die Wahrhaftigkeit, und genau in dem Kontext, dass diese erstmal bei sich selber anfängt.
Ich habe mal nachgeschaut, natürlich kann das Verb auch anraten, ermahnen bedeuten, aber auch anvertrauen, empfehlen.
Und der verwendete Stamm des Verbes drückt auch eine Gegenseitigkeit aus.
Da gibt es also keinen der sich hinstellt und andere belehrt.

Deshalb habe ich diesen Vers, ja die ganze Sure immer so verstanden, dass man selber für sich ehrlich, wahrhaft leben soll, seine Werte vertreten soll und damit einfach für die anderen ein Beispiel sein soll.
Quasi ein Fels in der Brandung ;)

Mir fällt da ein Spruch ein, der Franz von Assisi zugesprochen wird: "Rede nicht über deinen Glauben, wenn du nicht gefragt wirst, aber lebe so, dass du gefragt wirst!"

Ich denke, wenn wir in unserer Haltung, unserem Leben überzeugend sind, dann werden andere schon von sich aus auf uns zu kommen, um unsere Meinung, unseren Rat fragen. Und dann sind sie auch empfänglich für das, was wir zu sagen haben.
Deshalb sagt diese Sure für mich persönlich, auch wenn es da nicht explizit steht, aus, dass ich auch erstmal bei mir anfangen muss, und das wir uns gegenseitig durch unsere Handlungen Halt geben sollen, einander Vorbild sein sollen.
peaceful

Re: Sura 103 (Al-Asr - einander zur Wahrheit ermahnen)

Beitrag von peaceful »

Hallo und selam ...

eher zufällig bin ich über diesen Beitrag und die Sure gestolpert, hab die noch gar nicht beachtet.
Hier mal 2 andere Übersetzungen:
103:3 außer denen, die glauben, gute Werke verrichten, einander empfehlen, bei der Wahheit zu bleiben und einander empfehlen, Geduld zu üben.

103:3 Außer denen, die glauben und gute Werke tun und einander zur Wahrheit mahnen und einander zum Ausharren mahnen.
Da man ja immer interpretieren kann und auch muss, finde ich diese Sure als Inspiration und vor allem eine Basis, das auch mal endlich aufgeklärte Muslime, vor allem Imame, doch endlich mal "aufstehen" könnten und gehen "den falschen Islam" und "Islamisten" vorgehen oder demonstrieren könnten ....
Keiner sollte sich da verstecken ... was leider immer noch der Fall ist. Zumindest stellt sich das so dar.

Danke ....
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maryamberlin
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Re: Sura 103 (Al-Asr - einander zur Wahrheit ermahnen)

Beitrag von maryamberlin »

Hayat_Intisar hat geschrieben:Maryam,

Ich denke, wenn wir in unserer Haltung, unserem Leben überzeugend sind, dann werden andere schon von sich aus auf uns zu kommen, um unsere Meinung, unseren Rat fragen. Und dann sind sie auch empfänglich für das, was wir zu sagen haben.
Deshalb sagt diese Sure für mich persönlich, auch wenn es da nicht explizit steht, aus, dass ich auch erstmal bei mir anfangen muss, und das wir uns gegenseitig durch unsere Handlungen Halt geben sollen, einander Vorbild sein sollen.
Salam Hayat,

so, wie du das ausdrückst, finde ich fast noch schöner. Wenn man alleine schon durch seine eigene Haltung vorbildhaft ist, und sich andere gerne nach einem richten, bedarf es sozusagen keiner expliziten Mahnung mehr...Bei mir persönlich wirkt sowas eh meist viel besser...
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Re: Sura 103 (Al-Asr - einander zur Wahrheit ermahnen)

Beitrag von iman07 »

Selam,
Hayat_Intisar hat geschrieben:Und der verwendete Stamm des Verbes drückt auch eine Gegenseitigkeit aus.
Da gibt es also keinen der sich hinstellt und andere belehrt.
Danke für diesen Beitrag Hayat! :flower: Das mit der Gegenseitigkeit ist ein wichtiger Punkt denke ich, und das war mir nicht bewusst (kann ja leider auch das nötige Arabisch dafür nicht...)
Hayat_Intisar hat geschrieben:Ich denke, wenn wir in unserer Haltung, unserem Leben überzeugend sind, dann werden andere schon von sich aus auf uns zu kommen, um unsere Meinung, unseren Rat fragen. Und dann sind sie auch empfänglich für das, was wir zu sagen haben.
Deshalb sagt diese Sure für mich persönlich, auch wenn es da nicht explizit steht, aus, dass ich auch erstmal bei mir anfangen muss, und das wir uns gegenseitig durch unsere Handlungen Halt geben sollen, einander Vorbild sein sollen.
Das ist auch sehr schön gesagt, danke! Und das macht auch total Sinn so wie du das erklärst. Und so kann ich das auch leben (zumindest versuchen 8) )
Ich hatte vorher in mir immer so einen negativen Gedanken dass ich als Muslima irgendwie verpflichtet wäre andere Muslime auf irgendwelche Dinge hinzuweisen. Und das ist so gar nicht mein Ding und ich mach das auch nie. Aber ihr habt mir ja jetzt eine neue Sichtweise aufgezeigt, die ich total mit mir selbst vereinbaren kann, juhuuu :dancing: Vielen Dank :clapp:
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Re: Sura 103 (Al-Asr - einander zur Wahrheit ermahnen)

Beitrag von Judy »

Dieser Vers ist für mich einer, der von den Salafiten am meisten missbrauchteste Verse überhaupt :(
Der Vers, der einem wirklich dauernd um die Ohren gehauen wird, wenn man wehemend auf sein religiöses Fehlverhalten hingewiesen wird :|
Wa aleikom salam, Judy :cheer:

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iman07
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Re: Sura 103 (Al-Asr - einander zur Wahrheit ermahnen)

Beitrag von iman07 »

Selam,
Judy hat geschrieben:Der Vers, der einem wirklich dauernd um die Ohren gehauen wird, wenn man wehemend auf sein religiöses Fehlverhalten hingewiesen wird :|
Ja genau. Und genau das ist mir schon öfter passiert (allerdings nicht nur von salafitischer Seite)...und ich fand es dann irgendwie immer schwierig Gegenargumente zu finden...bzw irgendwann war ich dann selbst total verwirrt was der Vers denn nun genau bedeuten soll bzw ob die anderen evtl recht haben könnten in ihrer Auslegung.
Ich denke der Vers ist wirklich schwierig eindeutig zu interpretieren....
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Evelyn

Re: Sura 103 (Al-Asr - einander zur Wahrheit ermahnen)

Beitrag von Evelyn »

Lassen wir Al-Ghasali zu Wort kommen, dessen Ratschläge zum Miteinanderleben heute genau so gültig sind wie zu seinen Lebzeiten um das Jahr 1100. Obwohl er einer der größten Gelehrten in der Geschichte des Islam war, ist es die Schlichtheit in dem, was er zu sagen hat, die ihn zum beispielhaften Spiegelbild islamischer Größe macht:

Aus Al-Ghasali DAS ELIXIER DER GLÜCKSELIGKEIT übers, v: H. Ritter, Diederichs- Verlag, Düsseldorf- Köln, 1959:

Die Pflicht der Zunge ist bald eine Pflicht zum Schweigen, bald eine Pflicht zum Reden.

Die Pflicht zum Schweigen besteht darin, dass du von den Fehlern des Bruders schweigst, sei es in seiner Gegenwart, sei es, wenn er fern ist, sondern tust, als ob du nichts davon wüsstest; ferner darin, dass du nicht widerredest dem, was er sagt und nicht mit ihm streitest noch richtest, und dass du ihn nicht aushorchst noch ausfragst nach dem, was er gern geheim halten will. Wenn du ihn auf der Straße triffst oder mit etwas beschäftigt siehst und er nicht von selbst mit dir zu reden anfängt über das, was er vorhat, woher er kommt und wohin er geht, so solltest du nicht danach fragen. Denn vielleicht wäre es ihm lästig, davon zu reden, oder er müsste dir eine Lüge sagen. Du sollst Stillschweigen bewahren über das, was der Bruder dir anvertraut und keinem jemals etwas davon sagen, auch nicht deinem nächsten Freunde,auch nicht nach einem Bruch oder Zerwürfnis mit dem Bruder, denn das ist niedrig und gemein. Und du sollst seine Freunde und sein Weib und Kind nicht tadeln oder schmähen, auch den Tadel anderer nicht hinterbringen; denn der Zuträger der Schmähung ist selbst ein Schmäher.

Auch der Prophet pflegte, wie Anas berichtet, niemandem das ins Gesicht hinein zu sagen, was ihm zuwider sein musste...

Du sollst aber dem Bruder auch das Lob nicht verhehlen, das du über ihn hörst, denn auch die Freude am Lob kommt zuerst vom Überbringer, dann erst von dem Urheber des Lobes...

Du sollst also jegliches Reden, das dem Bruder zuwider ist, unterlassen, sei es lang oder kurz, es sei denn, dass du ihn in einer Sache zum Rechten ermahnen und vom Unrecht abhalten musst und dir das Gesetz nicht zu schweigen erlaubt. Dann gilt es gleich, ob es ihm angenehm oder zuwider ist, denn dann erweist du ihm in Wirklichkeit eine Wohltat, wenn es ihm auch als Übeltat erscheinen mag...

Auch bedenke: Wenn du einen Menschen suchst, der von allen Fehlern frei ist, so bedeutet das den Verzicht auf jede Gesellschaft mit Menschen, denn dann wirst du nie einen Menschen finden, mit dem du umgehen kannst. Jeder Mensch hat Tugenden und Fehler, und wenn die Vorzüge die Fehler überwiegen, so ist dies das Äußerste, was du verlangen kannst...

Dein Bruder hat vielmehr ein Recht darauf, dass du sein Tun nie zum Schlechten auslegst, solange es dir möglich ist, es zum Guten auszulegen... Denn Schlechtdenken von anderen ist üble Nachrede mit dem Herzen, und auch dies ist uns untersagt... Der Gesandte Gottes sagt: Wer die Blöße seines Bruders bedeckt, den bedeckt Gott in dieser und in jener Welt. ... Der Fehltritt deines Freundes kann entweder in einer Sünde gegen Gott oder in einem Vergehen gegen dich durch Verletzung der Bruderpflicht bestehen. Sündigt er gegen Gott und beharrt bei dieser Sünde, so sollst du ihn freundlich ermahnen und versuchen, das Krumme gerade zu richten und ihm wieder zurecht zu helfen.

Ob man aber, wenn das nicht gelingt, und er doch bei seinem Tun beharrt, die Pflicht der Liebe weiter erfüllen oder abbrechen solle, darin sind die Gefährten des Propheten und ihre Nachfolger verschiedener Meinung gewesen... Man erzählt von zwei Freunden aus der alten Zeit, von denen der eine den rechten Weg verließ. Da fragte man den anderen, ob er nicht mit ihm brechen und ihn verlassen wolle. Er aber antwortete: Das, was er am meisten von mir nötig hat in dieser Zeit, da er gestrauchelt ist, ist dass ich seine Hand fasse und ihm freundlich zurede und für ihn bitte, damit er auf den rechten Weg zurückkehrt. ... Der Grund für das Schließen eines Bruderbundes ist doch der, dass man einander weiterhelfen will auf dem Weg zu Gott.

http://home.arcor.de/muslimeindeutschla ... kraft.html

Eine, wie ich denke, sehr schöne und für mich auch schlüssige Interpretation. Diesen Verhaltenskodex sehe ich als grundsätzlichen Bestandteil meines Glaubens. Und in diesem Kontext verstehe ich inzwischen auch das doch sehr verbreitet als "Predigergehabe" empfundene Ermahnen. Ich betrachte es inzwischen aus einem anderen Blickwinkel. Zumindest bin ich darum bemüht.
adaia

Re: Sura 103 (Al-Asr - einander zur Wahrheit ermahnen)

Beitrag von adaia »

Das hört sich ganz nett an, aber wenn das der Al-Ghazali ist, der auch "Das Buch der Ehe" verfasst hat, dann kann ich ihn nicht mit gutem Gewissen "beispielhaftes Spiegelbild islamischer Größe" nennen. :verysad:
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killyfisch
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Re: Sura 103 (Al-Asr - einander zur Wahrheit ermahnen)

Beitrag von killyfisch »

adaia hat geschrieben:Das hört sich ganz nett an, aber wenn das der Al-Ghazali ist, der auch "Das Buch der Ehe" verfasst hat, dann kann ich ihn nicht mit gutem Gewissen "beispielhaftes Spiegelbild islamischer Größe" nennen. :verysad:
naja, er war halt auch ein Kind seiner Zeit ;)
"Von deinen Kindern lernst du mehr als sie von dir:
Sie lernen eine Welt von dir, die nicht mehr ist.
Du lernst von ihnen eine, die nun gilt."
(Friedrich Rückert)
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Re: Sura 103 (Al-Asr - einander zur Wahrheit ermahnen)

Beitrag von Beate »

Salam,

der 6. Verbstamm تواصوا drückt ja insbesondere die Gegenseitigkeit aus. Gemeint ist also vor allem, dass die Leute sich gegenseitig etwas ans Herz legen.
Und ich verstehe darunter weniger, dass man anderen ein gewisses Tun empfiehlt, sondern dass man sich gegenseitig im Glauben bestärkt und darin, dass man am Guten festhält, auch dann, wenn das Schlechte vielleicht kurzfristig gewinnbringender wäre und dass man in schlechten Zeiten nicht seine Prinzipien verlässt.

Ich sehe den Vers eher als Gegenüberstellung zu den Leugnern, die sich gegenseitig im Schlechten unterstützen.

Meiner Meinung nach stellt der Vers keine Aufforderung dar, andere ständig an die rechte Lebensweise zu ermahnen, sondern vielmehr eine Beschreibung der Gläubigen, die sich von den Leugnern eben dadurch unterscheiden, dass sie sich gegenseitig darin bestärken, Gutes zu tun, und nicht Schlechtes.

Das Wort taucht noch einmal an anderer Stelle auf, nämlich hier:
Sure 90
[12] Und was lehrt dich wissen, was das Hindernis ist?

[13] (Es sind:) das Befreien eines Nackens;

[14] oder an einem Tage während der Hungersnot das Speisen

[15] einer nahverwandten Waise

[16] oder eines Armen, der sich im Staube wälzt. ;

[17] Dann wird er unter denen sein, die glauben und einander ermahnen zur Geduld und einander ermahnen zur Barmherzigkeit.

[18] Dies sind diejenigen, die von der rechten (Seite) sind.

Salam
Sure 18
[103] Sprich: "Sollen Wir euch die nennen, die bezüglich ihrer Werke die größten Verlierer sind?
[104] "Das sind die, deren Eifer im irdischen Leben in die Irre ging, während sie meinen, sie täten gar etwas Gutes."
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