Meine Fastenerfahrungen

  • von unserem Mitglied princesa

    Wie fühlt man sich beim Fasten?

    Die ersten Tage sind schlimm, besonders die Mundtrockenheit. Am liebsten will ich gar nicht reden... und ich werde insgesamt ein bischen langsamer (Energie sparen?), und habe Kopfweh. Aber all das gibt sich nach ein paar Tagen und ich kann diese Langsamkeit und Ruhe, die sich dann innerlich ausbreitet, auch genießen. Ich staune übrigens immer wieder, dass der menschliche (gesunde!) Körper tatsächlich dazu in der Lage ist, den ganzen Tag ohne Flüssigkeit auszukommen... dass sogar ICH in der Lage dazu bin! Alhamdoulilah!

    Wie entwickelt sich das Fasten? Gewöhnt man sich dran?

    Innerhalb eines Ramadans gewöhnt sich der Körper erstaunlich gut daran..., um aber trotzdem jeden Abend Gelüste zu entwickeln.

    Was würdest du Ersteinsteigern raten?

    Das, was ich Einsteigern in "jeder Disziplin" raten sollte: Langsam angehen lassen, sich nicht selbst gleich überfordern mit zu hohen Ansprüchen. Die letzten Jahre und auch der kommende Ramadan liegen zeitlich wirklich anstregend, es ist so lange hell. Man könnte doch vorab schon mal versuchen, einen Tag probezufasten, habe ich so gemacht. Die Erfahrung, dass ich es schaffen kann, hat mir dann geholfen, meinen ersten Ramadan zu überstehen. Immerhin stand ich dann auch bisschen "unter Beobachtung". Sehr süß fand ich übrigens auch meinen Mann, als ich meinen ersten Ramadan gefastet habe. Er hat sich richtig Sorgen gemacht und mich mit allem Möglichen versorgt. Am 1. Ramadan war er eigentlich in einer anderen Stadt, Bekannte besuchen. Wir hatten spät nachmittags telefoniert, und ich hatte ihm gesagt, dass es mir gut gehe und er gerne noch bleiben könne. So hatte ich nämlich auch Gelegenheit, heimlich auszuprobieren, ob ich Harira kochen kann, ich hätte ihn ja gerne damit überrascht. Überrascht wurde dann aber ich: Von meinem Mann, der sich doch ins Auto geschwungen hatte um heimzukommen. Mit jeder Menge Essen. Er wollte mich nicht alleine lassen. Blöderweise war meine Suppe nicht als Harira zu identifzieren, schon allein weil sie grün statt rot war. Geschmeckt hat sie gar nicht mal so schlecht, nur eben nicht wie Harira. Zusätzlich haben wir uns noch Baguette und Hackfleisch zu Gemüte geführt, das hatte er mitgebracht und natürlich auch Datteln. Bananenmilchshake gab es auch noch, der darf ihm im Ramadan gar nie fehlen! An das Menü kann ich mich gar nicht mehr recht erinnern, nur noch daran, dass es ein wundervoller Abend war! Er hat mir viel aus seiner Kindheit erzählt, von seinen ersten Fastenversuchen und wie er das mit seiner Mutter erlebt hat. Von ihr an mich weitergegeben hat er auch den Tipp, zu Suhur Tee zu trinken. Viel Tee! Mindestens einen halben oder besser noch einen ganzen Liter! Das habe ich dann auch artig gemacht. Vor lauter Wasserbauch konnte ich dann zwar nicht mehr weiterschlafen, aber was macht das schon. Seine Bekannten erzählen übrigens immer noch manchmal die Geschichte "als er im Ramadan doch schnell heimgefahren ist, weil er seine Frau nicht alleine lassen wollte" mit einem Augenzwinkern.

    Wie hältst du es mit dem Frühstück?

    Anfangs habe ich mir eingebildet, unbedingt was essen zu müssen und 1,5 Liter zu trinken. Der Magen hat aber nur eine bestimmte Füllmenge und ab einem bestimmten Maß habe ich Bauchschmerzen und kann mit übervollem Bauch nicht mehr schlafen. Mittlerweile lasse ich das mit dem Essen meist weg und trinke lieber. Allerdings nicht "über die Schmerzgrenze hinweg" und nur, wenn ich wirklich Hunger habe, esse ich einen Joghurt oder so was.

    Bekommt ihr Gäste oder werdet ihr eingeladen?

    Ja, ab und an gibt es Gäste und manchmal sind wir irgendwo eingeladen. Und irgendwie bringt jeder Gast so viel Essen mit, dass man allein damit die ganze Truppe versorgen könnte... wie gesagt: JEDER Gast!

    Gehst du manchmal in eine Moschee zum Iftar? Wie ist es dort?

    Nein, bislang nicht... mal sehen vielleicht dieses Jahr. Ich bin umgezogen und muss mal schauen, welche Moscheegemeinden es hier so gibt. Eigentlich ist mir das wichtig dazuzugehören, es gibt aber auch Moscheegemeinden, die einen sehr vereinnahmen und darauf hab ich weniger Lust. InshaAllah finde ich hier, was ich suche.

    Wie hältst du es mit dem Tarawihgebet?

    auch hier muss ich leider passen...

    Gibt es Dinge, die du speziell im Ramadan machst, wie Koran lesen etc.?

    Ja, ich lerne eine Sure auswendig. Und ich lese im Koran, im Asad-Tafsir, komplett durchkommen schaffe ich aber nicht. Viel lieber rede ich abends nach dem Essen mit meinem Mann über das, was ich gelesen habe.

    Hast du bestimmte Rituale?

    Gilt Bananenmilchshake als Ritual? Oder zum Fenster rausgucken, um zu beurteilen, ob es jetzt dunkel genug zum Essen ist?

    Wo siehst du den Sinn des Fastens?

    Nun ja, das ist schwierig zu erklären. Zunächst ist Islam die Hingabe an Allah, das bedeutet für mich die Akzeptanz und das Wissen, dass er mein Schöpfer ist, und dass er mir näher ist als alles sonst (näher als die Halsschlagader! 50:16). Und weil er der Barmherzige ist, der Allerbarmer, hat er uns den Koran als Offenbarung für die Menschheit gesandt (die ersten Verse ja im Monat Ramadan). Man könnte auch sagen: eine Bedienungsanleitung für menschliches Leben. Eine Anleitung für mich, um ein gutes Leben zu führen. Von meinem Schöpfer, der es besser weiß als ich, denn er hat mich geschaffen. Das ist meine Grundhaltung und so faste ich zunächst einmal, weil die "Betriebsanleitung" es deutlich empfielt. Vielleicht eine Art "Boxenstopp" oder "Generalüberholung". Ich habe tatsächlich Zeit, mich mit elementaren und existentiellen Fragen auseinanderzusetzen. Das Essen und die sonstige Profanität des Lebens fallen rein zeitlich weg, diese Zeit fülle ich mit Beten oder Koran lesen oder um in Ruhe mit mir allein zu sein. Gleichzeitig erfahre ich, wie gütig Allah doch ist, dass ich essen kann und darf. Zumindest für mich ist der Hunger nur aufgeschoben, was Millionen andere Erdenbürger so nicht sagen können. Das bringt mich zurück zu dem Gedanken, dass er alleine der Versorger ist, er allein gibt und nimmt. Und ich empfinde große Dankbarkeit, dass es Freunde gibt, die uns besuchen. Freunde, die uns einladen. Freunde, mit denen ich gerade in dieser Zeit Gelegenheit habe, mich über unseren Glauben zu unterhalten. Das Fasten im Ramadan ist für mich eine körperliche Erfahrung, die dann aber verschiedene spirituelle Dimensionen hat und verschiedene Erfahrungen zulässt. Ich habe schon das Gefühl, nach Ramadan im Glauben gefestigter oder auch "geerdeter" und um neue Erkenntnisse reicher zu sein. Das Fasten ist damit nicht bloße Pflichterfüllung, sondern "besser für euch, wenn ihr es nur wüsstet" (2:184).