Das Fasten

  • von unserem Mitglied Rajaa

    Ich darf aus Gesundheitsgründen nicht mehr fasten - jedenfalls nicht jetzt, wenn so viele Stunden auf Flüssigkeit verzichtet werden muss, wegen meiner Nieren und der Blutdruckmedikamente. Ich verzichte auf Essen, trinke aber die geringe mir ärztlich vorgeschriebene Menge.

    Wie fühlst du dich beim Fasten?

    Als ich mit Fasten anfing, waren die Tage kurz ... und es war einfach eine schöne, beflügelte Stimmung. Wobei ich aber anfangs manchmal am Kühlschrank stand, um mir ein Getränk zu holen und dann zurückschreckte - halt! Anfangs ist der Mund etwas ausgetrocknet, ein merkwürdiges Gefühl - aber insgesamt waren die ersten beiden Jahre besonders schön, denn ich hatte eine Kollegin, die da auch mit dem Fasten begonnen hat, und wir konnten dann im Büro immer gemeinsam Fastenbrechen. Eine hat Kaffee gekocht, die andere das Essen vorbereitet ... und die nicht-muslimischen Kollegen kamen dann gerne mit dazu.

    Wie entwickelt sich das Fasten? Gewöhnt man sich dran?

    An das Fasten kann man sich gewöhnen - wobei es wichtig sein wird, beim Fasten im Sommer wirklich das Leben darauf einzustellen. Das Verhalten muss dann schon an die Zeitvorgaben angepasst werden, und man wird in den kurzen Nächten vermutlich besser vorher und nachher schlafen, und nachts essen und vor allem trinken so viel reinpasst ... Da kommt dann der Schlafmangel ins Spiel, und das hat mich teilweise auch beeinflusst, als die Fastentage länger wurden. Ich "schwebe" die ersten Tage immer ein wenig vor Müdigkeit ...

    Was würdest du Ersteinsteigern raten?

    Eventuell im ersten Jahr tags aufs Essen verzichten, aber eine gewisse (geringe) Trinkmenge mit einplanen, und wenn es eine dieser kleinen abgepackten Trinkflaschen ist. Der Notfall-Snack ist auch wichtig. Wer nicht alle Tage fasten konnte, darf später nachfasten. Das sollte man dann nicht als "Versagen" ansehen, sondern als ein Geschenk - eine erlaubte Erleichterung, die man nicht zurückweisen sollte! Wir dürfen dabei nicht übersehen, die ersten Muslime (und überhaupt Muslime in südlichen Ländern) haben niemals so lange Fastentage wie wir hier im Norden! Es gibt teilweise auch Meinungen, dass man sich nach dem nächst gelegenen muslimischen Land oder den Zeiten von Mekka halten könnte. Auch das könnte eine gute Einsteiger-Option sein. Bei den kurzen Nächten ist es wichtig zu wissen, dass der Körper pro Stunde nur einen guten halben Liter Flüssigkeit speichern kann, alles andere läuft durch. Wer also den "Speicher" nachfüllen möchte, sollte das mit einplanen. Für 2 Liter braucht man dann also an die 4 Stunden ... wobei eine größere Menge zum Durchspülen der Nieren direkt nach dem Fastenbrechen und am Morgen trotzdem nützlich ist.

    Wie hältst du es mit dem Frühstück?

    Ohne Frühstück geht gar nichts - aber das muss man austesten, was es sein kann. Wo der eine richtig üppig mit Wurst und Brot und dicker Suppe isst, werden andere vielleicht ein Schälchen Müsli oder Brei bevorzugen. Nichts sehr Salziges essen, denn das ist durstfördernd. Aber auch nicht salzfrei essen - eine Prise Salz muss immer dabei sein, damit die Flüssigkeit im Körper erhalten bleibt. Gerade im Sommer wenn man viel schwitzt, sollte auch immer ein wenig Brühe getrunken werden. Ich esse morgens immer eher leichte Sachen, eine Scheibe Toast, ein wenig Haferflocken, einen Joghurt ...

    Bekommst du Gäste oder wirst du eingeladen?

    Gelegentlich.

    Gehst du manchmal in eine Moschee zum Iftar? Wie ist es dort?

    Ich war bisher nur sehr selten. Ich habe keine so engen Kontakte in eine bestimmte Moschee.

    Wie hältst du es mit dem Tarawihgebet?

    Wenn ich es bete, dann zu Hause.

    Gibt es Dinge, die du speziell im Ramadan machst, wie Koran lesen etc.?

    Ich lese täglich Koran, und beschäftige mich auch insgesamt mehr mit religiösen Inhalten. Insgesamt ist es eine intensive Zeit, die mich ein wenig mehr nach innen führt ...

    Hast du bestimmte Rituale?

    Ich versuche die Zeiten der Pflichtgebete trotz meiner diversen Krankheiten einzuhalten. Wir essen gemeinsam zur Iftar-Zeit, ich habe überall Lichterketten, und ich liebe es, zum Iftar einen schönen Gebetsruf durch die Wohnung klingen zu lassen.

    Wo siehst du den Sinn des Fastens?

    Das Gefühl von Freiheit auch von eigenen Bedürfnissen kennenzulernen - als spirituelle Komponente, und zugleich offener werden für die Sorgen Notleidender als sozialen Anteil. Es geht hier also um das Individuum und zugleich um das Leben des Individuums in der Gemeinschaft.